Von , 08.04.2020

Corona Corner KW 15

Ein großes NEIN zu
kultureller Einheitskost

Münster ist eine offene und bunte Stadt, die es zu entdecken gilt, und sie lebt nicht zuletzt von ihrer facettenreichen Kunst- und Kulturlandschaft. Die Bedeutung der sogenannten »Freien Szene« für die Stadt ist unbestritten. Dabei geht es nicht um eine Unterscheidung in große und weniger große Kunst, sondern um unterschiedliche Arbeits- und Produktionsweisen, um Beweglichkeit und Erfindungsgeist, um vieles, was den freien Raum jenseits der Institutionen braucht. Aber was genau ist das Wesen dieser Buntheit? Was bedeutet das Pro-duzieren in freien Strukturen heute?

Stetig wachsende Zahl von freien Künstler* innen, Ver anstalter*innen, Ensembles und unabhängi gen Kulturbetriebe unter dem Namen moNOkultur

Unter dem Namen moNOkultur organisiert sich seit Anfang 2013 eine stetig wach-sende Zahl von freien Künstler*innen, Veranstalter*innen, Ensembles und unabhängigen Kulturbetrieben. Der Name ist dabei Programm, denn ein großes NEIN zu kultureller Einheitskost verbindet die Akteure. Sie arbeiten jenseits »etablierter« Strukturen, aber gleichwohl professionell und erfolgreich.


Die Projekte sind ungewöhnlich, oft experimentell, bisweilen visionär, sie vertreten eine Vielzahl von ästhetischen Konzepten, künstlerischen Handschriften, Organisations- und Arbeitsformen und zeichnen sich auch durch ihre innovative Wahl künstlerischer Mittel und ihrer Nähe zu aktuellen gesellschaftlichen Problemstellungen aus. Zeit-gemäße urbane Kultur bedeutet für sie: Vielfalt, Abwechslung, auch Widerspruch. Mit geringen Budgets, schlanken Arbeitsstrukturen und minimalem Verwaltungsaufwand organisieren sie einen maximalen künstlerischen Output.

Die Initiative »moNOkultur – Bündnis der Freien Kulturszene« macht sich für bessere Förder- und Arbeitsbedingungen der unabhängigen Kunst- und Kulturschaffenden stark. Sie setzt sich ein für einen öffentlichen Diskurs, um gemeinsam mit Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit die Möglichkeiten budgetärer und struktureller Weiterentwicklung auszuloten und aktiv mitzugestalten.

Neben der kulturpolitischen Ebene versteht sich moNOkultur als Austausch- und Inspirationsplattform von und für Kultur-schaffende verschiedener Sparten, darunter sowohl etabliertere als auch jüngere Nachwuchskünstler*innen. Die Initiative freut sich über jeden, der sich beteiligen möchte.

Wie aber wird sich die Kulturlandschaft dieser Stadt zukünftig entwickeln? Eine Herausforderung wird sein, diese vielgestaltige Szene nicht als Kostenfaktor, sondern als Standortfaktor im kommunalen Wettbewerb und vor allem als wertvolle Ressource für eine lebendige und zukunftsorientierte Bürgerschaft zu begreifen.

Die Initiative wird in den kommenden Wochen einzelne sparten- und/ oder labelübergreifende Projekte der Freien Kulturszene vorstellen, die einen wertvollen Beitrag zur zukünftigen Gestaltung der Kulturstadt Münster darstellen.

Kontakt und aktuelle Infos: sprecherteam@monokultur.eu
www.facebook.com/monokultur.eu

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Quartierszentrum in
Kollektivbesitz

Die B-Side startete 2015 als Bottom-Up-Projekt, um den Hill-Speicher am Hafen vor der Privatisierung zu bewahren und in ein soziokulturelles Quartierszentrum in Kollektivbesitz zu verwandeln.

In Partnerschaft mit der Stadt und dem Ruderverein Münster, der Teile des Erdgeschosses beziehen wird, hat das Kollektiv über die letzten vier Jahre hinweg ein vielschichtiges Nutzungskonzept für das historische Hafengebäude entwickelt. Auf über 3.000 qm werden soziokulturelle Freiräume und Werkräume für Kreatives und Soziales entstehen. Ein lebendiger Begegnungsort, an dem sich Kunst und Kultur, bürgerschaftliches Engagement und neue Formen des gemeinschaftlichen und gemeinwohlorientierten Arbeitens verbinden und gegenseitig verstärken sollen. Ende 2019 erfuhr das Projekt eine scharfe Kehrtwende als die Stadt entschied, die Immobilie plötzlich doch in städtischem Eigentum zu behalten. Die Finanzierung des Umbaus wird damit durch die Kommune abgesichert. Doch seit-dem verhandeln B-Side und Verwaltung über eine faire Regelung zur Nutzungsüberlassung. Dabei geht es dem Kollektiv in erster Linie um programmatische Unabhängigkeit und den langfristig abgesicherten Gebäudezugriff. Ansprüche, die die B-Side nach der erfolgreichen Beschaffung von 4,5 Millionen Euro an Landesmitteln für ihr Projekt auch nicht aufgeben will.

B-Side: 3.000 qm soziokulturelle Freiräume und Werkräume für Kreatives und Soziales

Der Bauantrag ist mittlerweile eingereicht; alle halten die Daumen gedrückt, dass trotz Corona im Herbst die Bauarbeiten losgehen! Denn Umbau und Sanierung des Hill-Speichers stehen eigentlich kurz bevor. Die dafür beantragten Mittel aus der Städtebauförderung sind im NRW-Haushalt eingestellt und 2021 sollten nach der Instandsetzung endlich die Türen für die Öffentlichkeit aufgehen.


Derzeit sind die Türen der B-Side jedoch für alle geschlossen. Vor der Pandemie gaben sich hier noch täglich Menschen aus ver-schiedensten Arbeitskreisen die Klinke in die Hand. Neben der Projektentwicklung des Bauvorhabens wurden auch diverse Events des B-Side Kultur e. V., wie das jährlich im Hansaviertel stattfindende B-Side Festival oder das vom Bund geförderte Pilotprojekt Hansaforum« der B-Side GmbH, von hier aus organisiert. Alle Veranstaltungen sind vorerst in die unbestimmte Zukunft verschoben; sämtliche Arbeitskreise haben ihre Kommunikation in die digitalen Resonanzräume verlegt und arbeiten fleißig von zu Hause aus. Das Hansaforum freut sich weiter hin über Projektanträge aus der Bürgerschaft! Besonders, wenn sie dabei helfen, die Corona-Krise zu bewältigen: hansaforum-muenster.de

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wirfuerms.de

In Zeiten von COVID-19 und Social Distancing sind wir alle in unserem täglichen Leben eingeschränkt. Für uns als Studierende bedeutet das Ausfall oder Verschiebung der universitären Veranstaltungen und Pläne. Für unsere Kneipen in der Altstadt, die unserem Studierendenleben erst den biergetrübten Glanz verleihen, bedeutet dies jedoch ausbleibende Einnahmen und existenzielle Sorgen.

www.wirfuerms.de

Damit wir gemeinsam die Krise möglichst schnell und gesund überstehen, haben die Kneipen haben zu unser aller Schutz geschlos-sen, während sie weiter für ihre laufenden Kosten aufkommen. Wir möchten mit un-serer Wir für Münster-Initiative einen Beitrag leisten, sodass unsere Altstadt die Zeit ohne die üblichen Einnahmen übersteht.


Wir, das sind Marvin, Lara, Charlotte und Pia. Wir sind alle Studierende, die nicht nur gerne in der Altstadt feiern gehen, sondern auch gemeinsam mitten im Herzen der Altstadt wohnen.

Marvin arbeitet in der Barzillus Bar und ist somit direkt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Gleichzeitig studiert er im Master Wirtschaftsinformatik, sodass er uns quasi über Nacht die Website www.wirfuerms.de bauen konnte.

Lara studiert Soziale Arbeit und arbeitet nebenbei auch in der Gastronomie. Das hat uns bei der Herstellung von Kontakten sehr geholfen.

Durch das BWL-Studium von Charlotte war es uns möglich ein Marketing-Konzept zu entwickeln. Zudem war sie es, die die Idee eines Freundes aus Köln (»Espresso für Köl-le«) nach Münster gebracht hat.

Pia ist als angehende Juristin mit an Bord gekommen und für unsere rechtlichen und organisatorischen Bereiche zuständig.

Ziel unserer Initiative ist es eine Plattform zu bieten, auf der Studierende den Kneipen durch ein virtuelles Bier eine Spende zukommen lassen können. Auf unserer Website können sich die Studierenden ihre Lieblingskneipe aussuchen und sodann über PayPal eine freiwillige Spende hinterlassen. Das Geld kommt dabei unmittelbar und zu 100 % den Kneipen zugute, damit wir nach der Krise wieder die Möglichkeit haben wie gewohnt das Studierendenleben in der Altstadt zu genießen. Als kleinen Benefit für die Spender haben wir einen Zugang über Google Hang-out in eine »virtuellen Kneipe« eingefügt, in welcher die Spender gemeinsam mit ihren Freunden den Abend genießen können.

Wir sind froh um jeden Mithelfer, damit wir so viele Spender wie möglich finden und so auch mehr Kneipen helfen können!

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kuess-den-fruehling

Liebe Herzmenschen, wir sind hier und ihr seid dort und trotzdem sind wir alle miteinander. Wir freuen uns über die vielen herzlichen Gedanken und Ideen, die ihr uns sendet. Hier draußen passiert nicht mehr viel. Wir vermissen Euch! Wir wünschen Euch zu jeder Tages- und Nachtzeit Menschen, die für Euch da sind, euch in den Arm nehmen und euch über all die schwierigen Situationen und die wilden und stillen Gefühle lieben und halten.

Ihr könnt Euch auf eine große Herausforderung gefasst machen, wenn wir das Tor wieder aufmachen dürfen …«

Wir haben eine wunderschöne kleine neue Plattform geschaffen. Die neue Webseite www.kuess-den-fruehling.de lädt euch ein zu verweilen und einen Moment in dieser ungewohnten Stille die Schönheit und die Gemeinschaft zu spüren. Hier findet ihr Künstler, die ihre Kunst für den Betrachter schaffen. Wer Lust und die Möglichkeit hat, kann auch gern über diese liebevoll gestaltete Seite etwas kaufen oder für den Nobis Krug spenden. Diese Seite hat Kunsztudio für uns erstellt. Auf dieser Seite ist auch noch Platz für einige Künstler oder kleine Läden, die zur Zeit Unterstützung brauchen können. Meldet Euch sehr gern bei uns.


Wir hier im Nobis haben diese Zeit genutzt, um ein wenig in die Welt der virtuellen Möglichkeiten zu schlüpfen. Kein Vergleich zu den vielen wundervollen Jahren, die wir glücklich mit Euch im Biergarten verweilt haben, jedoch ein Stück Glück, welches unsere Verbundenheit spürbar macht.

Viele sind in ihrem zu Hause und fühlen sich vielleicht eingesperrt. Wir haben unseren wunderschönen Platz immer sehr gern mit Euch geteilt. Es gibt viele Menschen die Angst haben und nicht wissen, wie es weitergeht. Wir fühlen mit Euch und senden Euch hier in der na dann … unser Glück und unseren großen Haufen Liebe.

Wir danken dem großartigen Team der na dann … für diese zauberhafte Idee, die Menschen miteinander zu verbinden. Trotz all der Schwierigkeiten bleiben wir Wir. Ihr könnt Euch auf eine große Herausforderung gefasst machen, wenn wir das Tor wieder aufmachen dürfen. So viele neue köstliche Kuchen, die wir in dieser Zeit für Euch kreieren, werden sogar den größten Liebhaber unseres Glücks überraschen. Außerdem stellen wir im Moment eine neue herzhafte kleine Karte für Euch zusammen. Lasst uns das gemeinsam meistern! Passt auf Euch auf und bleibt GESUND! Euer Café Nobis Team. LOVE

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Na, wie ist die Lage?
Mas o menos …

Gerade noch Engtanz und jetzt Distanz, zweifelsohne das erste Gebot der Stunde, der Wochen, der Monate? Und leider bei man­chen noch nicht in Fleisch und Blut über­ge­gangen. Die Trainingsphase war schon, die Übung müsste längst gelingen. Wenn Entschleunigung heißt, dass sich verschiedene Alltagsprozesse verlangsamen, mag das sein, aber auf der anderen Seite gerät man in die digitale Dauerbeschallung. Eben nach dem rechten hören, in der Familie, bei Freunden und Kollegen. Zwischendurch die Corona-Ticker aus aller Welt und vor allen Dingen der Arbeit nachgehen. Meetings sind nun Video-Konferenz, in denen zu 40 Prozent der festgelegten Zeit Sätze fallen wie: »achso, da bist du ja auch, ich seh dich, aber du bist gar nicht im Bild, ich muss mal kurz was holen, Mensch sitzen wir alle in unseren Küchen? Nee, ich bin alleine im Büro, ist für mich konzentrierter als home-office über der Baustelle im Haus … ups der Z… sagt mir gerade Zeitüberschreitung, aber klasse, wegen Corona schenkt er uns noch weitere Redezeit … also, dann lass uns mal einen Termin machen, wann wir wieder sprechen, aber einer muss einladen, sonst sind wir vier hosts, willst du das machen, ok. Bis dann.«

Klar bis zum Hals drin in dieser Katastrophe, die kanadischen Ureinwohner ziehen nun in kleinen Gruppen in ihre Jagd-und Fischhütten in die Arktis. Und wir tummeln uns – können uns (wie überall auf der Welt)  noch kein Bild machen von den wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Kollate­ralschäden und Langzeitfolgen. Es drückt. Es zerrt. Aber die Vorstellungskraft unterliegt doch keiner Beschränkung.

 Die Politiker und Experten in den Krisenstäben tun ja wahrhaftig alles, was in diesem Ausnahmezustand ohne Vorbereitung drin ist. Trotzdem ergehen wir uns in umfänglichen Forderungen, statt uns verdammt nochmal zu bescheiden und den Blick zu weiten, uns in Langmut zu üben. Für Demut scheinen wir in der Masse noch nicht bereit zu sein. Ich persönlich möchte nicht, dass erfasst wird, wo ich mich aufhalte und wen ich getroffen habe. Der Preis unsere Demokratie zu unterwandern und Europa in Tortenstückchen zu schneiden, die vom Tisch fallen, ist mir definitiv zu hoch. 

Gesundheit (physisch wie psychisch) muss Priorität haben und das für ALLE. Das dauert.

Die Künstler*innen sollen in diesen bizarren Zeiten alle ihre Werke streamen und gefälligst im Dauerlauf, Live-Acts on screen und für umsonst? Das kann und darf kein Zustand bleiben.

Stagnation, Empörung in analogen Telefonaten. Der gerechtfertigte Ruf nach mehr Experten aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen: Philosophie, Soziologie, Risikoforscher, Ethiker usw., alle müssen in den Krisenstab, kann in dieser Extremlage noch kein Echo bekommen. Aber warten wir ernsthaft darauf, dass die »Krisenmanager« unsere Leben neu entwerfen? 


Das haben wir doch bisher auch nicht gewollt. Wir sitzen ja nicht im Vakuum in unseren Wohnungen und Häusern. Was ist denn eigeninitiativ, mündig  zu machen? Strategien für Vertrauen in ein neues Miteinander für danach zu entwickeln, zu entwerfen, zu visionieren … müssen wir nicht jetzt schon die dringende Bereitschaft und Zeit aufbringen, um in den Diskurs gehen? Design-Thinking, Szenarien zumindest erdenken, wie unter Einbeziehung des 2mtr. Abstandes z. B. das soziale und kulturelle Leben danach stattfinden kann? Welche neuen Kulturtechniken- und Vermittlungen wären möglich und sinnhaft? Die Künstler*innen sollen in diesen bizarren Zeiten alle ihre Werke streamen und gefälligst im Dauerlauf, Live-Acts on screen und für umsonst? Das kann und darf kein Zustand bleiben. 

Aber vielleicht wirkt das zu offensiv, den Begriff der wertschöpfenden Arbeit zu benutzen und Kunst für und mit Publikum als Gemeinschaftserlebnis nicht aufgeben zu wollen? Neue Formen zu finden, liegt in unserer Verantwortung. Da sind einfach mal Wendigkeit, Überraschung, Fantasie, Gestal­tungswille, aus der Beschränkung schöpfen und Experimentelles gefragt. Wieder erfinden und wundern. Und das zu zusammen.

Never mind the bollocks! Ostern mit Knie­strümpfen wird in diesem Jahr gehen, der Himmel ist blauer.

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We care for you,Münster(land)!

Als Kulturinstitution leben wir von Burg Hüls­hoff – Center for Literature davon und dafür Künstler*innen verschiedenster Sparten mit­einander und mit dem Publikum in den Dialog zu bringen. Performances, Lesungen, Konzerte, Installationen und Begegnungen zu ermöglichen, die Gänsehaut oder Aha-Erleb­nisse hervorrufen oder sich anfühlen wie eine warme Umarmung. 

Und jetzt?! Die Droste-Museen auf Burg Hülshoff und im Rüschhaus sind leer, das Team im Homeoffice und unser Publikum hoffentlich sicher und gesund zuhause. 

Stillstand ist aber nicht so unser Ding und daher versorgen wir euch ab dem 31. 3. auf unserer Website www.burg-huelshoff.de mit künstlerischen Carepaketen aus Text, Audio, Video and more – auf jedem Fall in dem Medium, das uns allen gehört: in der Sprache.

Statt Stillstand: künstlerische Care- pakete aus Text, Audio, Video and more auf www.burg-huelshoff.de

Die Carepakete greifen natürlich unser Jahresthema »Fürsorge« auf, das uns nun unvermittelt und mit voller Wucht auf einmal alle betrifft, aber auch Inhalte all der Veranstaltungen, die gerade ausfallen, verschoben oder virenfrei ins Digitale umgelegt werden.


So könnt ihr beispielsweise auch unsere Denkfabrik Politik & Gefühl vom 23. bis 25. April garantiert virenfrei im Live-Stream auf unserer Website verfolgen und euch einbrin­gen – Lectures, Performances, Konzert und Film, alle zur Fragestellung, warum Gefühle die Politik auf einmal wieder vermehrt zu be­stimmen scheinen.

Also, schaut vorbei für eine virtuelle Umarmung!

Euer Center for Literature

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Eine andere Wertschätzung

Die Stadt Bocholt ist eine sehr schöne und lebenswerte Stadt mit einem historischen Rathaus aus dem 17. Jahrhundert. Ebenso wie in Münster gibt es einen Aasee. Wälder und Parks laden zu ausgedehnten Spaziergängen oder Pättkestouren ein. Ca 73.000 Menschen leben hier, wie ich und meine Familie. Als die Corona-Krise begann, starte­ten auch hier die Hamsterkäufe. Toilettenpapier, Hefe, Mehl, Nudeln – die Regale waren und sind überall leer, ich werde es wohl nie verstehen können. Ich bin sehr froh, dass ich aufgrund der momentanen Lage nicht oft zum Einkaufen muss, da ich sehr viel selber herstelle.

Meine Mutter backt seit ich denken kann Brot. Diese Leidenschaft hat sie an mich weitergegeben. Ich habe somit stets einen 25 kg Sack Mehl in einer verschließbaren Tonne und immer Hefe eingefroren. Diese Woche habe ich mit meinen Töchtern zusammen neue Rezepte ausprobiert und zwei Brote gebacken. Zwei Mädchen essen ausschließlich Weißbrot, eines ausschließlich Körnerbrot. So wird der Ofen richtig genutzt und ich habe Rezepte rausgesucht, die dieselbe Backzeit haben. Ich finde es wichtig, den Kindern beizubringen, woher die Lebensmittel stammen und wie man gutes Essen einfach selber zubereiten kann. Fertigprodukte aus der Dose oder Tiefkühle gibt es in meinem Haus nicht. Gemüsepas­te, Gewürzmischungen für Tomatensauce und Nussmischungen, Marmelade … mache ich selber und beziehe die Kinder gerne dabei ein. Die Engpässe bei manchen Lebensmitteln derzeit lassen vermuten, dass sich viele andere Menschen auch mit der Brotherstellung befassen. Das freut mich sehr, schmeckt selbst gebackenes Brot doch immer besonders  und der Backduft im Haus ist einfach herrlich. Die Herstellung beansprucht zwar Zeit, auf der anderen Seite gewinnt man allerdings eine andere Wertschätzung von Essen und Nahrungsmittel und die Gewissheit, nicht zu viel Künstliches im Essen zu haben.

Einfach und schnell selbstgemacht: Waschmittel (links), Dusch-Smoothie (rechts) und Deo

Neben Nahrungsmitteln stelle ich auch Hygieneartikel und Waschmittel her. Ich mag es sehr, neue Dinge auszuprobieren und wenn die dann funktionieren, umso besser. Im Moment härten zwei Schüsseln mit den Inhalten für einen Dusch-Smoothie und Waschmittel im Kühlschrank aus. Für den Dusch-Smoothie benötige ich Seife, Wasser, Glycerin, Mandelöl und ein paar Tropfen ätherisches Öl. Die Herstellung mei­nes Deos ist noch einfacher: Ich benutze es seit zwei Jahren – ohne dass mein Umfeld die Nase rümpft sobald ich den Raum betrete : )  Für das Deo brauche ich nur Speisestärke, Wasser, Natron und ein paar Tropfen ätherisches Öl. Speisestärke wird mit Wasser verrührt, aufgekocht und beim Abkühlen wird Natron hinzugefügt. Fertig ist das Deo. Meine Große hat es diese Woche eigen­ständig hergestellt und sich einen Deoroller abgefüllt mit dem Duft ihrer Wahl. 


Ein guter Nebeneffekt der eigenen Herstellung von Sachen ist, dass ich Müll vermeide. Die Zutaten, die ich benötige, habe ich in großen Gebinden im Haus bzw. kaufe sie im lokalen Unverpacktladen. 

Seit Neuestem nenne ich einen Dampfreiniger mein Eigen und spare mir auch beim Putzen die Chemie und den Müll. Ich habe am heutigen Freitag das Erdgeschoss blitzblank geputzt. Das Ergebnis mit reinem Wasserdampf ist schier erstaunlich und ich freue mich auf die nächste Woche. Ich werde das restliche Haus in Angriff nehmen. Wenn meine Familie und Freunde mein bis dahin hoffentlich noch glänzendes Zuhause wieder betreten können, wird es ein tolles Gefühl sein. In der kommenden Woche habe ich Urlaub und somit viel Zeit für mein Vorhaben, da meine Kinder bei ihrem Vater sind. Eigentlich wäre ich Samstag in den Urlaub geflogen. Eine Woche Lanzarote mit Freunden stand auf dem Plan. Ich wollte mein einjähriges »Überleben« als Alleinerziehende feiern. Wie bei so vielen anderen wurde auch mein Urlaub storniert und ich bin nun Zuhause alleine, ohne einen Menschen in meinem direkten Umfeld. Um der Einsamkeit aus dem Wege zu gehen, kommt mir mein momentaner Putzwahn sehr entgegen. Der Fokus liegt derzeit auf unser aller Gesundheit, so dass wir irgendwann wieder in den Urlaub fahren können und generell eine entspannte und gesellige Zeit genießen können. 

Britt
langjähriges Mitglied des na dann Teams

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