Page 6 - Galerie KW 10 – Die Tropfen der Welle, 5 Jahre "Wir schaffen das!"
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na dann... 10/2021
 SALEM
Als Junge war es sein Wunsch, Polizist zu werden, so wie bei vielen anderen Jungs auf der ganzen Welt. Er stellte sich vor, einmal in die Uniform oder sogar in den Einsatzwagen dieser res- pekteinflößenden, stolzen Männer zu steigen. Er war nicht nur von der auf- regenden und spannenden Seite die- ses Berufes begeistert, sondern auch davon, dass er so Freund und Helfer für andere sein könnte - und vielleicht wollte er auch etwas bewundert wer- den.
Wenige Jahre später wurde ihm klar, dass es nicht Respekt und Stolz waren, die diesen Männern anhafteten, son- dern dass sie in Wahrheit nur angstein- flößend und obrigkeitshörig waren. Spätestens nachdem ihm ein Polizist während des Krieges in Syrien den Kol- ben seines Gewehres ins Gesicht ge- schlagen hatte, wusste er, was er nicht mehr werden wollte. Diese sichere Er- kenntnis steht ihm noch heute ins Ge- sicht geschrieben; in Form einer Narbe. Polizist:innen waren auch die ersten klar erkennbaren Deutschen, die Sa- lem an der Grenze zur BRD sah. Und an der Grenze zu einem Land, in das man hinein wollte, waren die Beamt:innen tatsächlich sehr respekteinflößend. Doch ihm wurde „schlagartig” klar, dass diese Polizist:innen einen Prozess mit organisierten, der ihn und seine Landsleute in eine sichere Zukunft lei- ten würden.
Es war ein gutes Jahr vergangen, als der damals 22-Jährige erfuhr, dass es auch Nicht-Europäern möglich sei, sich für die Landespolizei zu bewerben. Am Rande eines Fußballspiel zwischen deutschen Polizeibeamt:innen und ihren Kolleg:innen mit Migrationshin- tergrund lernte er den damaligen Po- lizeipräsidenten von Münster kennen. Dieser war so wohl von Salems hohem Sprachniveau als auch von seiner Mo- tivation beeindruckt. Bald saß Salem für ein Praktikum von zwei Wochen im Einsatzwagen der Münsteraner Polizei. Anschließend erhielt er die Möglichkeit für ein zweites Praktikum in der JVA. Inzwischen ist er dort ehrenamtlich beschäftigt. Da jedoch sein syrisches Fachabitur nicht anerkannt wurde, holt er dieses erst einmal nach. Seine Devi- se dabei ist:
„Mein Wunsch ist es, dem Land und den Menschen in diesem Land, das mir eine neue Heimat angeboten hat, et- was zurückzugeben und ihnen Freund und Helfer zu sein.”
     



























































































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