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na dann... 35/2021
Nahschuss
(mex) Franz Walter (Lars Ei- dinger) scheint sich selbst ein wenig zu wundern,
wie schnell er sich von der Staatssicherheit zur Mitar- beit überreden lässt. Aller- dings sind die in Aussicht gestellte Professorenstel- le, die schicke Wohnung in bester Lage sowie finanziel- le Sicherheit auch wirklich gute Gründe für den jun- gen Wissenschaftler, etwai- ge Zweifel erst gar nicht auf- kommen zu lassen. Zumal die Hochzeit mit Freun-
din Corina (Luise Heyer)
vor der Tür steht. Dirk (De- vid Striesow) nimmt Franz unter seine Fittiche und dann geht es auch schon zum Auslandseinsatz in die BRD. Doch was mit schein- bar harmlosen Spitzelauf- trägen beginnt, überschrei- tet bald alle Grenzen der Menschlichkeit. Und da Franz kein schlechter Kerl ist, melden sich schnell die Skrupel. Aber wie befreien, aus dem System der Angst und Gewalt? Filmemache- rin Franziska Stünkel trans- formiert die Realitäten der deutsch-deutschen Vergan- genheit zu einem eindring- lichen Psychodrama im Th- rillergewand.
117´ Cinema
Fabian oder der
Gang vor die Hunde
(mex) Schon in der ersten Szene holt Regisseur Do- minik Graf mit einem sim- plen aber wirkungsvollen cineastischen Trick Erich Kästners „Fabian“ vom Ber- lin der frühen 1930er Jah- re in die Gegenwart. Und umgekehrt. Die „Geschich- te eines Moralisten“ spielt zur Zeit der untergehenden Weimarer Republik. Gras- sierende Arbeitslosigkeit prägen das Stadtbild eben- so wie das Getrampel mar- schierender Nazitruppen. In dieser Welt ist Jakob Fa- bian (Tom Schilling), Autor und Werbetexter, fast ein Leuchtturm der Anständig- keit. Während er Solidari- tät und Mitmenschlichkeit lebt, geht um ihn herum die Welt, die private wie die politische, vor die Hunde... Drei Stunden lang hält uns Graf mit Kästners autobi- ographisch geprägtem Ro- man in Atem – und das ist keine Minute zu lang. He- rausragendes Kino.
186´ Schloßtheater
New Order - Die
neue Weltordnung
(mex) Marianne (Naian Gonzáles Norvind), Toch- ter aus reichem Hause will heiraten. Während wir das verliebte Paar im Luxu- sambiente turteln sehen, spielen sich außerhalb ih- res Anwesens chaotische Szenen ab. Die arme Be- völkerung Mexikos stürmt Straßen und Villen, die Krankenhäuser sind über- füllt und Leichen stapeln sich. All das scheint bei Marianne und ihrer Hoch- zeitsgesellschaft nicht an- zukommen. Bis dann der Volkszorn auch an ihrer Tü- re anklopft. Ein drastisches Gemetzel beginnt... Kom- promisslos, dystopisch und schockierend ist dieser Ge- sellschaftsthriller des me- xikanischen Regisseurs Mi- chel Franco. Auf den letzt- jährigen Filmfestspielen in Venedig wurde er mit dem Silbernen Löwen, dem Gro- ßen Preis der Jury, ausge- zeichnet.
87´ Cinema
Free Guy
(jonny) Guy ist ein ent- spannter Typ der sein Le- ben in der Großstadt na- mens Free City genießt. Seinen Job als Bankange- stellter lässt er sich auch von täglichen Raubüber- fällen nicht vermiesen und hat stets ein Lächeln auf den Lippen. Was Guy aller- dings nicht weiß, ist das er lediglich ein Nebendarstel- ler in einem riesigen On- line-Spiel ist. Was die Ma- cher dieses Online-Spiels wiederum nicht wissen, ist das Guy eine ziemlich weit entwickelte künstliche In- telligenz besitzt, die kurz davor steht ihr volles Po- tential zu entfalten. Tief im inneren ist Guy nämlich schon immer auf der Su- che nach der großen Liebe, und als er dieser eines Ta- ges mitten in Free City be- gegnet stellt das alles auf den Kopf... Ryan Reynolds als Gefangener in einem Computerspiel ist nicht nur optisch großartig um- gesetzt. Mit durchdachten Charakteren, viel Humor und etwas Tragik ist das Ganze wie eine moderne Neuinterpretation der Tru- man-Show. Auf keinen Fall verpassen!
115´ Cineplex