Page 13 - pixelbook KW 25 / 2022
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 na dann... 25/2022
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Ich begann mich dann genauer um- zusehen und war verblüfft von dem, was ich sah: Autos aus Mönchenglad- bach, Bremen, Köln und Hamburg standen auf dem Parkplatz des Obi- nas. Als ich Lioba davon berichtete, lächelte sie und sagte, dass Michael genau das erwartet hätte. Kein Club in Münster zuvor oder danach würde jemals wieder diese Bandbreite an Popularität und Originalität erreichen können. Der Club war der erste in die- sem Genre und er dominierte die Sze- ne wie kein anderer.
Es gab allerdings eine richtungswei- sende Fehlentscheidung: Prince machte 1993 seine „Rock Over Germany“-Tournee und seine Promo- ter suchten nach einem Ort, an dem er nach all den gewaltigen Stadion- Gigs in Clubatmosphäre auftreten konnte. Michael wurde angesprochen und ihm wurde ein Angebot gemacht, aber er war leider nicht davon über- zeugt. Ich habe ihm gesagt, dass ich sogar als Mitarbeiter bereit sei, 500 DM zu zahlen, um Prince live aus der Nähe zu sehen, aber Michael konnte sich zu keiner Zusage durchringen. Dieser eine Gig hätte die Popularität des Obinas sicherlich in ungeahnte Höhen katapultiert.
Es gab Zeiten zwischen Michael und mir, in denen wir so unterschied- licher Meinung waren, dass es Wo- chen dauerte, bis wir überhaupt wie- der miteinander sprachen. Niemand ist perfekt und wir hatten beide zu dieser Zeit unsere eigenen persön- lichen Probleme, bestimmte Dämo- nen hatten einen starken Einfluss auf unser Privat- und Berufsleben, denn das Nachtleben hat seine besonderen Herausforderungen und Versu- chungen, die am Ende sicherlich auch zum Niedergang des Obinas führten.
Irgendwann im Mai dieses Jahres wählte Michael den Freitod. Ich weiß nicht, warum er freiwillig aus dem Leben schied. Die Nachricht von sei- nem Tod brachte mich dazu, über ihn, unsere gemeinsame Geschichte und vor allem über das Obina Shock zu schreiben.
Der Selbstmord beendet nicht den Schmerz. Er gibt ihn an jemand an- deren weiter. Was ging ihm wohl durch den Kopf, nachdem er im ver- gangenen Jahr auf Facebook über die Suche nach dem Ort seiner Träume in Portugal schrieb. Es steht mir nicht zu, seinen Entschluss zu kritisieren, weil er offensichtlich seine Gründe hatte und beschloss, mit niemandem darüber zu reden.
Alle Musiker und Künstler, welche die Gelegenheit hatten, mit ihm zu- sammenzuarbeiten, sollten einfach dankbar sein, dass sie am richtigen Ort zur richtigen Zeit waren, um die- sem außergewöhnlichen Menschen zu helfen, seine verrückten Visionen zu verwirklichen. Er half uns, die Künstler zu werden, die wir heute sind und allein aus diesem Grund sollten wir für seine Begabung dankbar sein. Michael veränderte die Musikszene in Münster. Er war nicht nur ein Teil davon. Er kämpfte für den Wandel und erreichte sein Ziel mit viel Schweiß und Entschlossenheit.
Und dafür möchte ich dir, Michael Teich, danken.
Danke, dass du an mich geglaubt hast.
Ruhe in Frieden, Michael (Honest John, Juni 2022)
    























































































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