Page 6 - pixelbook KW10/2024
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6 kinokritiken (mehr unter www.nadann.de/rubriken/kino/filmsuche/)
na dann... 10/2024
     Madame Web
(sirk) "Verrückte Dinge pas- sieren und ich habe kei-
ne Ahnung warum" heißt es irgendwann im Film. Ei- ne perfekte Zusammenfas- sung für das, was in zwei Stunden auf der Leinwand zu sehen ist. Zunächst geht es in den südamerikani- schen Urwald der 1970er Jahre, um zu erfahren, wo- her die Superkräfte der ti- telgebenden Hauptfigur kommen. Diese ist dann – nicht wie in der Comic-Vor- lage eine Madame, eine äl- tere Dame – sondern die wenig empathische An- fang 30jährige Rettungssa- nitäterin Casssandra Webb (sic!) aus New York. Als Cas- sy nach einer Nahtod-Erfah- rung ihre Superkräfte (kann die Zukunft vorhersehen) entdeckt, wird sie einen An- schlag eines südamerikani- schen Super-Bösewichtes verhindern, um anschlie- ßend die vermeintlichen Opfer, drei nervige "Schütz- linge", an ihren Hacken zu haben. Wer nach "Morbi- us", "Aquaman 2" oder "The Marvels" dachte, es geht nicht langweiliger – doch; da kann selbst Dakota John- son nichts mehr retten.
117' Cineplex
Green Border
(sirk) Ein Appell an die Menschlichkeit. "Mein Ki- no oszilliert zwischen pol- nischem Pathos und tsche- chischer Höflichkeit" steht in der Biographie über Ag- nieszka Holland ("Mr. Jo- nes", "Hitlerjunge Salo- mon"). Aber von beidem ist erst einmal herzlich wenig zu sehen, wenn Frau Hol- land (Jahrgang 1948) mit der Kamera zunächst über einen Wald fliegt, um dann eine syrische Familie, eine afghanische Intellektuel- le sowie einen polnischen Grenzbeamten über die
so genannte Balkan-Rou- te zu begleiten. Das Wet- ter, Verletzungen und ei- ne Schwangerschaft, vor allem aber Grenzschützer machen den Geflüchteten das Leben zur Hölle. Und auch wenn Aktivisten an die Menschlichkeit appel- lieren, das grausame Hin- und-Her werden zwischen polnischer und weißrus- sischer Grenze nicht alle überleben. Bedrückend au- thentisch.
147' Cinema
Bob Marley: One
Love
(mex) Bob Marley, geboren 1945 als Sohn einer 18jäh- rigen jamaikanischen Sän- gerin und eines deutlich äl- teren britischen Haupt- manns, gestorben 1981
als einer der größten Su- perstars der internationa- len Popmusik. In den da- zwischenliegenden 36 Jah- re spielte sich ein auf vie- len Ebenen höchst intensi- ves Leben ab, das der ame- rikanische Regisseur Reinal- do Marcus Green in dieses knapp zweistündige Bio- pic zu übersetzen versucht. Gar nicht so einfach. Und doch gelingt es ihm, durch einige clevere Zeitsprün-
ge und einer überzeugen- den Leistung seines Haupt- darstellers Kingsley Ben- Adir, ein schlüssiges Bild
zu zeichnen, in dem ange- nehm zurückhaltend die private Geschichte erzählt wird - die Ehe mit Rita Mar- ley, Affären, Drogen, Reli- gion - aber hauptsächlich Marleys politische und hu- manistische Botschaft zum Vorschein kommt. Und na- türlich, in den stärksten Szenen des Films, die Musik des Künstlers Bob Marley.
108' Cineplex
All of Us Strangers
(mex) Adam (Andrew Scott), ein etwa 40jähriger Drehbuchautor, lebt allein in einem Londoner Hoch- haus. In einer dunkel-me- lancholischen Situation aus Zurückgezogenheit und Einsamkeit versucht er sei- ne eigene Kindheit und die Beziehung zu seinen früh verstorbenen Eltern in ei- nen neuen Text zu trans- portieren. Eines nachts steht plötzlich der schwer angetrunkene Harry (Paul Mescal), ein ihm unbekann- ter Nachbar, vor seiner Tür und verwickelt ihn in ein sympathisches Gespräch in- klusive knisterndem Flirt. Adam widersteht den Avan- cen und versinkt wieder in seiner Vergangenheit. In ei- ner wilden Mischung aus Traum und Vorstellungs- kraft begegnet er seinen El- tern in realen Gesprächen und auch Harry findet all- mählich immer mehr Platz in Adams Leben... Regisseur Andrew Haigh gelingt es auf höchst intensive Wei- se, das Publikum in die Ge- fühlswelt seiner komplexen und rätselhaften Hauptfi- gur zu verwickeln. Strange und stark.
105' Cinema















































































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