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Presseausweis
Das Paul-Gerhardt-Haus – aufgegeben.
In den Jahren 2010 bis 2018 gab eine
rege gemeindliche Familienarbeit an
der Erlöserkirche und am Paul-Ger-
hardt-Haus (PG). Bei großen Kinder-
tagen, aber auch bei vielen Festen-
und Basaren haben wir uns zusam-
mengetan: Das Jugendzentrum, die Familienbildungsstätte (Fabi) und
die Kirchengemeinde. Wir alle ha-
ben uns hineingefühlt in das Mitei-
nander an diesem besonderen - vom Verkehr um- gebenen Ort – im Zentrum der Stadt. Es war das Duo, dass den Ort zu dem machte, der er war. Das Haus mit den blauen Fenstern und unsere Kirche.
Viele Münsteraner haben ihre Geschichte mit dem PG: Die Jugendlichen des HOT (Haus der of- fenen Tür) aus Coerde und Co; die Theaterarbeit und die Hausaufgabenhilfe; die Kinder des Vier- tels; der Westfalenfleiß-Chor, der Heinrich-Schütz- Chor; Junge Familien, die die Fabi besuchten; Kon- zertbesucher; Jugendliche Gehörlose, die sich hier trafen und Selbsthilfegruppen, um nur eini- ge zu nennen.
Parallel fand in den letzten 20 Jahren ein Tau- ziehen zwischen Politik, Stadt, Kirchenamt und überfordertem ehrenamtlichen Gemeindevor- stand zum Fall „Paul-Gerhardt-Haus“ statt. Pla- ner und Pastoren gingen, neue kamen. Umgestal- tungspläne wurden verworfen.
Das Kirchenamt selbst gönnte sich unterdes- sen einen Neubau, abseits des Zentrums [1]. Die Evangelische Kirche in Deutschland, mit ihr der Kirchenkreis Münster, verwaltet aktuell so hohe Steuereinnahmen wie noch nie [2]. Die Entschei- dung der Kirchenämter zur Verteilung des anver- trauten Geldes der Mitglieder sind fragwürdig. Ein Rückzug der Kirche an Orten wie dem des PG ist tragisch. Ich bin mir nicht sicher, wie viele Ent- scheider in der Verwaltung der evangelischen Kirche in Münster auch nur im mindestens füh- len können, wie wichtig echte – eigene – Räume
sind, die Vertrautheit und ein Gefühl von zu Hause bieten. Dass viele Ge- meindepastorinnen und Gemeinde- pastoren diesen Weg der stetigen Fu- sionierung und Aufgabe von Orten so laut- und klaglos mitgehen, beschleu- nigt meiner Meinung nach den gravie- renden Bedeutungsverlust der evan- gelischen Kirche in Münster und an vielen anderen Orten.
An der Erlöserkirche Münster gibt es seit 2018 keine Kinder- und Familienarbeit mehr. Der Got- tesdienstbesuch ist stark eingebrochen in den letzten 5 Jahren und liegt bei etwa 15-20 Personen (bei über 4000 Mitgliedern des Bezirks). An Ostern 2024 waren 18 Menschen im Gottesdienst in der Erlöserkirche an der Friedrichstraße.
Die Frage: „Quo vadis“ - Wohin gehst du, Ge- meinde, im Viertel und in der Stadt?“ ist seit eini- gen Jahren unbeantwortet. Dennoch: Das Leben isteinWeg,begleitetvonAufgabeundZerstörung aber auch von Aufbrüchen und Neuanfängen. [3]
17.06.2024 | marit Schnackenberg
1 https://www.das-kreiskirchenamt.de/wer-wir-sind
2 https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/Steuerstatistik_ Bericht_2023.pdf
3 https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ECC.3/Prediger-3