Page 4 - pixelbook KW31/2024
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na dann... 31/2024
Verbrannte Erde
(sirk) Ein ruhig, kühl und schnörkellos inszenierter Krimi mit einem wortkar- gen Hauptdarsteller, das war und ist "Im Schatten" (2010) von Thomas Arslan. Ein Überraschungs-Coup mit und vielleicht auch wegen seines Hauptdar- stellers Misel Maticevic. Im Rahmen einer "Trojan-Tri- logie" darf Misel Matice- vic vierzehn Jahre spä-
ter noch einmal den Ver- brecher ohne Eigenschaf- ten und Privatleben ge- ben. Nach seinem letzten Coup aus Berlin geflüchtet, treiben Geldsorgen den Auftragskriminellen er- neut in die Hauptstadt, die nach "Im Schatten" einmal mehr von Reinhild Blasch- ke als Production Designe- rin als karge, meist dunkle und verlorene Stadt vorge- stellt wird. Arslans Vorbil- der Robert Bresson, Micha- el Mann oder Jean-Pier-
re Melville grüßen lei-
se hinter jeder Einstellun- gen in diesem fantasti- schen Genre-Film, der Lust und Hoffnung macht auf den nächsten Teil der Tro- jan-Trilogie.
101' Cinema
Deadpool &
Wolverine
(sirk) Fast 20 Jahre war Wol- verine in diversen Filmen unterwegs. Und mit dem Film "Logan" wurde 2017 das Ende der Figur besie- gelt. Aber sein Freund und "best buddy" Ryan Reynolds mochte sich damit nicht abfinden und entwarf (als Produzent und Hauptdar- steller) zusammen mit vier (!) weiteren Drehbuchauto- ren ein gemeinsames Aben- teuer um seine ungemein erfolgreiche Figur Dead- pool, inszeniert vom ge- meinsamen Freund Shawn Levy (Free Guy, Real Steel). Ein Freundschafts-Projekt also. Und das spürt man. Im Kern geht es um eine Ret- tungsmission. Aber die Sto- ry ist letztendlich egal, denn wenn das Beste, unzerstör- bares Plappermaul trifft auf unzerstörbaren Klingen- mann mit großem Herzen, gemixt und mit zahlreichen One-Linern angerührt wird, kommt unter der Regie ei- nes erfahrenen Regisseurs ein äußerst unterhaltsames Action-Spektakel heraus, der zweifellos lustigste Film des Jahres. Ein Buddy-Mo- vie-Nerdorgasm.
127' Cineplex
Zwei zu eins
(mex) Wo sind eigentlich damals die ganzen Ost-Mark geblieben? Filmemacherin Natja Brunckhorst hat da so ihre Ideen und kombiniert einige reale Begebenheiten aus den letzten Tagen DDR mit einer ausgedachten „Wie-es-hätte-sein-können Geschichte“ zu einer mär- chenhaften Ost-West-Ko- mödie. Tatsächlich wurden abertausende Scheine der ausrangierten Währung auf einem abgelegenen Mi- litärgelände bei Halberstadt gebunkert und dort dem Verrottungsprozess über- lassen. Das blieb allerdings nicht so unbeobachtet wie geplant, und so gelangte eine nicht unerhebliche Menge des zukünftigen Ex-Geldes in unbefugte Hände. In Brunckhorsts Ver- sion gehören diese den alten Freunden Maren (Hüller), Robert (Riemelt) und Volker (Zehrfeld), die seit ihrer Kindheit schon ganz andere Dinge gemeinsam gedreht haben... Leider wird das Potential der fantastischen Geschichte nur ansatzweise ausgeschöpft und so bleibt es bei schmerzfreiem Wohl- fühlkino.
116' Cineplex
Die Ermittlung
(sirk) "Wir haben doch
nur unsere Arbeit getan" oder "jedes dritte Wort in unserer Schulzeit handelte doch von denen, die an allem Schuld waren und die ausgemerzt werden mussten." Was und vor allem wieviel Worte an- richten können, das hat nicht nur jüngst Joachim Lang mit seinem Porträt "Führer und Verführer" über Joseph Goebbels ver- sucht zu veranschaulichen, das zeigt sich noch einmal deutlich in dem wesentlich intensiveren Wortgefecht zwischen Ankläger (Cle- mens Schick), Verteidiger (Bernhard Schütz) und
den 18 Angeklagten in der Verfilmung des gleich- namigen Theaterstücks von Peter Weiss. "Es ist zu beschreiben, denn es hat stattgefunden" stellt Re- gisseur RP Kahl seiner über 3-stündigen Inszenierung voran. Der erste Frankf- urter Auschwitz-Prozeß auf großer, karger Bühne. Ein wichtiger Kommentar auf den wieder erstarkten Faschismus im Osten. Und ein intensives filmisches Meisterwerk noch dazu.
187' Cineplex