Von Kathryn Voigt, 26.08.2020

Der frühe Vogel...

Nach einer zweiwöchigen Pause melde ich mich nun zurück. Warum diese spontane Unterbrechung? Ich musste mich sortieren, die Änderungen, die Corona insbesondere im beruflichen mitgebracht hat, überdenken und Entscheidungen treffen. Dazu brauchte ich ein wenig Ruhe.
Wie in einigen Artikeln vorab schon beschrieben, bin ich Reiseverkehrskauffrau und arbeite auch in dieser von der Pandemie gebeutelten Branche. Die letzten Monate waren dramatisch: so gut wie kein Umsatz, nur enttäuschte und / oder erboste Kunden, unser Team, welches in besten Zeiten aus über 50 Weltenbummlern bestand, schrumpft Woche für Woche und der Arbeitsplatz, den seit ungefähr 17 Jahren habe und mag, wackelt.

... fängt den Wurm?

Das Ergebnis ist nicht wirklich überraschend: Ich habe mich für einen Jobwechsel entschieden und das hurtig, bevor der ohnehin schon ziemlich trostlose Arbeitsmarkt von Mitbewerbern überschwemmt wird. Bis März, wenn das erste Jahr Kurzarbeit ausläuft und viele Firmen aufgeben oder die Mitarbeiter aus der Kurzarbeit heraus direkt entlassen werden, wird es ganz sicher immer schwieriger, eine neue Stelle zu finden. An die Zeit danach mag ich gar nicht denken…


Ich begab mich also auf die Suche und bemerkte schnell, dass der Arbeitsmarkt heutzutage ganz anders funktioniert als noch vor knapp zwei Jahrzehnten. Das fängt schon damit an, dass es mittlerweile ziemlich viele Kanäle gibt, über die man Jobangebote einsehen kann. Ich entschied mich für drei Websites und nahm mir die Zeit, alle Teilzeitjobs der letzten Monate im Umkreis von 15km rund um Münster zu durchforsten. Es dauerte ein paar Stündchen und war, abgesehen von einer sehr interessanten Stelle, ziemlich ernüchternd. In den folgenden Tagen ging die Suche dann deutlich schneller, da ich nur noch die Anzeigen der letzten 24 Stunden checken musste. Weil nichts Passendes dazukam, habe ich einfach mit der einen Stelle, die mir ins Auge gefallen war, angefangen.
Ich begann also damit, meine Bewerbungsunterlagen zusammenzustellen. Auch in diesem Bereich, es ist nun wirklich keine große Überraschung, gab es in den letzten Jahren ziemlich viele Veränderungen insbesondere, was das Layout und den Inhalt betrifft. Zum Glück bin ich gut vernetzt und habe liebe Bekannte, die sich beruflich mit Bewerbungsunterlagen beschäftigen oder ganz innovative, kreative Köpfe sind, um Rat gebeten. Die Kritik an meinen „Old-School“- Unterlagen war vernichtend.
Zuerst musste ein neues Bewerbungsfoto her. Auf dem alten Bild bin ich zwar deutlich weniger verknittert um die Augen, aber in 2020 ist eine rosa weiß gestreifte Bluse mit braunem Pullunder eher ein modischer Fauxpas. Ich ließ mich also in einem weißen T-Shirt ablichten und bat den Fotograf, die Augenringe zu mildern und die Lachfalten ein wenig zu glätten.
Aus dem Lebenslauf strich ich alle möglichen Details, von denen mir Herr Leißner, mein Deutschlehrer in der Mittelstufe, noch eingebläut hatte, dass sie unverzichtbar seien. Details, wie welche Grundschule ich besucht habe oder auch die Unterschrift ließ ich weg. Dafür fügte ich ein paar persönliche Interessen hinzu. Das ich gerne jogge (am liebsten drehe ich vor dem Frühstück schon eine Runde), koche (je mehr Freunde am Tisch sitzen, desto besser) und reise (so oft es geht! Ich entdecke gerne Neues, aber es zieht mich auch immer wieder nach Italien oder Südafrika).
Am schwierigsten fand ich das Anschreiben. Kurz und überzeugend aufzuzählen, warum ich super perfekt bin und dann den Switch zu schaffen, warum genau ich diesen Job bekommen sollte. So etwas fällt mir schwer. Es hat ein wenig gedauert, aber mit dem Ergebnis war ich dann wirklich zufrieden.
Gott sei Dank hatte ich mir vor ein paar Wochen bereits ein Zwischenzeugnis meines aktuellen Arbeitgebers ausstellen lassen. Mein knapp 20 Jahre altes IHK-Abschlusszeugnis, noch ältere Arbeitszeugnisse und mein Abiturzeugnis ließ ich einfach weg und erwähnte im Anschreiben nur, dass ich die Unterlagen auf Wunsch nachreichen würde. Auch das war ein guter Tipp einer Bekannten aus dem Personalbereich, die täglich bergeweise Bewerbungen auf dem Tisch hat. Aufs Wesentliche und Aktuelle beschränken!
Statt die Unterlagen, wie in den 90igern, auf blütenweißem Papier auszudrucken, mit Samthandschuhen in eine maßlos überteuerte Bewerbungsmappe zu heften und dann mit der Post an den hoffentlich neuen Arbeitgeber zu schicken, fügte ich die drei Dokumente am Laptop zusammen, wandelte sie in ein pdf um und - schwupp - waren sie abgesendet. Wow - geschafft! So schwer war das gar nicht und trotzdem Puls auf 180!
Wie es dann weiterging, verrate euch in der nächsten Woche.

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Kathryn Voigt
45 Jahre alt, verheiratet, zwei Töchter, vier Hühner, Reiseverkehrskauffrau und ziemlich neu bei der na dann…
kathryn@nadann.de

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