Von Tobi, 20.05.2020

Garten – Teil 2

Letzte Woche hat mein Bericht damit geendet, dass wir im Rahmen der Familienplanung auf Nestsuche waren und ein interessantes Haus in der Nähe gefunden hatten, genauer gesagt: In Angelmodde. Angelmodde? Immer, wenn ich, damals, als Neu-Münsteraner, diesen Ortsteilnamen auf einem Richtungswegweiser las, erschienen vor meinem geistigen Auge ein paar rotgesichtige Hinterwäldler, die am Ufer eines Tümpels hocken und ebenso bräsig wie sinnlos im Schlamm fischen. Erst viel später lernte ich, dass der Name die Stelle bezeichnet, wo die Angel in die Werse moddet, bzw. mündet. Da sollte es jetzt also hingehen!

Gerümpelgarten

Mit Hilfe von Google Maps wurde das Objekt schnell ausfindig gemacht und ein unauffälliger Spaziergang dran vorbei unternommen. Von außen schon mal sehr schön! Einfach zu klingeln trauten wir uns nicht, also gingen wir den üblichen Weg über den Makler. Beim ersten Besichtigungstermin im Juli 2010 dachte wir nach ein paar Minuten: Das ist unser Haus! Da passt alles!


Also los! Und nun gings im Zeitraffer weiter: Kaufpreis aushandeln, Sanierungskonzept erstellen, Finanzierung klären, Notartermin machen, und dann hat es plötzlich uns gehört. Im September Sanierung beginnen, sieben Mulden Schrott und Vertäfelung aus der Bude hämmern, die Handwerker durchjagen, im Dezember Sanierung beenden, Tochter zur Welt bringen. Krassen Winter durchstehen. Puh!

Gar kein Garten

Und der Garten? Den haben wir entrümpelt und ansonsten so gelassen, wie er war. Keine Zeit. Erst mal drinnen klarkommen. Das änderte sich im nächsten Jahr auch nicht. Noch ein Jahr später war es dann soweit: Die alte Terrasse wurde abgerissen und der ganze Garten mit dem Bagger auf Null gedreht. Bäume, Sträucher und Wurzeln ausreißen, umgraben, grob planieren. Dann: Erde geradeziehen, Büsche umsetzen, Rasenkante setzen, Sandkasten anlegen, Rasen einsäen, Terrassensockel betonieren, Terrassenhügel anböschen, wieder Rasen säen,Terrasse pflastern, Gartenmöbel besorgen.
Im Laufe der Jahre, hauptsächlich passend zum Kinderwachstum, hat sich die Möblierung der Rasenfläche immer wieder geändert. Schaukel rein und wieder raus. Planschbecken in verschieden Größen. Feuerschale, Trampolin, Holzpferde, Spielhaus, Weinstöcke rein. Sandkasten wieder raus, Trampolin von Friederike über den Zaun geweht, nächstes Trampolin, Hühnerstall und -gehege. Als nächstes soll ein größerer Pool her, weil wir wegen der Pandemie unseren Sommerurlaub in selbigen Garten verlegen werden.


Neuer Garten

Damit sind wir in der Gegenwart und bei der Frage angekommen, was das alles mit Corona zu tun hat. Sehr viel! Unsere damalige Entscheidung, nicht den Weg nach Südafrika, sondern den anderen, mit Kindern nach Angelmodde, zu gehen, war, auch im Licht der Corona-Krise betrachtet, absolut richtig. Ich bin heilfroh und dankbar, dass es genau so gekommen ist.


Statt entweder als Ausländer in Quarantäne in Kapstadt festzusitzen oder in Gremmendorf zu zweit in einer Wohnung ohne Kontakt zu Freunden die Zeit abzuhocken, sind wir hier als Familie zu viert, haben uns und einen wundervollen kleinen Lebensraum als Rückzugsgebiet, der uns mit Licht, Luft, Grün, Spielangebot, erholsamer Gartenarbeit, viel Vogelgezwitscher und ein wenig Hühnergegacker durch diese seltsamen Zeiten hilft.

----------------------------------------------------------------------

Tobias Voigt
ist 49 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Töchter. Er wohnt in Münster, arbeitet seit 25 Jahren bei der na dann und ist Weinhändler (divino.de)
tobi@nadann.de

Archivtexte

Tobi Tobi

Beiträge 2020