Von Günter, 01.06.2016

FEI SCHO/ LENA WILLEMARK/ KETIL BJORNSTAD/ EAGULLS/ KING SIZE DUB SPECIAL/ BEADY BELLE/ THE TIBBS/ LITTLE ANNIE

Mit denen fang ich an. Die waren mindestens schon einmal hier. FEI SCHO die süddeutsche World Music Combo malt auch auf „Aussegrasn“ weiter an ihrem Bild der Welt, das aus ungewöhnlichsten Farben besteht. Heimat, Balkan, Humor, gemischt aus und mit lokalen Instrumenten und Klangerzeugern aus aller Welt. Ist für Hiesige (Menschen aus dem Norden der BRD) nicht leicht zu wechseln, aber es lohnt sich.

Weiter mit Weltmusik, auch wenn es die Sektion seit dem Tod der alten Kubaner nicht mehr gibt. LENA WILLEMARK hat für „Blaferdi“ 9 Titel für ein Folk-Streich-Quartett mit Gesang komponiert und getextet. Sehr emotionale Einsichten in den Texten, musikalisch aus der Tradition heraus jedoch sehr modern bis avantgardistisch ausgelegt. Schwankt zwischen komplex und leicht zugänglich. Braucht Konzentration aufs Hören.

Diese hier auch: KETIL BJORNSTAD legt schon wieder (das 4. im letzten halben Jahr) ein neues, anderes Werk vor. Das selbstkomponierte und getextete Oratorium „Sanger om Tilhorighet“. In kleiner, akustischer Besetzung, dafür mit grossem Chor. Und dabei nicht so dramatisch, wie das Wort Oratorium befürchten lässt. Mit Anja Lechner und Hakon Kornstadt hat er Mitstreiter an Bord, die dafür sorgen, dass der Jazz nicht zu kurz kommt.

Übrigens liegen diesen beiden CDs Übersetzungen der Texte ins Englische bei. Hilft ungemein!

Als ich die ersten Takte von „Ullages“, dem 2. Album der EAGULLS hörte, dachte ich THE CURE hätten nach Verjüngungskur ein neues Album ‚wie früher‘ gemacht. Aber der 5er aus Leeds schwimmt sich zügig frei, bedient sich im Sound der frühen, rauen 80er (als Indie noch eine Vertriebsform und kein Musik-Genre war) mit mindestens so viel Hall auf dem Gesang wie MORRISSEY und dem Druck und der Aufbruchsstimmung der GANG OF FOUR. Genug Namen fallen lassen, wer damals schon dabei war, müsste jetzt mindestens neugierig sein, wer zu jung dafür ist, kann sich ein Bild machen, wie solche Musik abgehen kann, wenn sie nicht schon Vergangenheit ist.

Apropos Vergangenheit. In der wurde für das neue „KING SIZE DUB SPECIAL“ kräftig nachgeschlagen. Klassiker aus Reggae, Funk und Hip Hop haben TACKHEAD, ROBO BASS HIFI und andere abgefahren Bastler durch den digitalen Wolf gedreht und kräftig gepimpt. Mit fetten Bässen und dem Groove von GEORGE CLINTON und BOOTY COLLINS geht es ‚Exodus‘, Slippin‘ into Darkness‘ und anderen wohlbekannten Melodien an die Substanz. Zitat: ‚Wer da nicht mindestens mit dem Fuss wippt, ist wohl schon tot‘.

Mit versierten Helfern

„On my own“, den Titel der neuen CD von BEADY BELLE übersetze ich mal mit ‚dieses Mal lasse ich mir nicht vom Marketing-Plan die Musikrichtung vorschreiben‘. Entsprechend klingt sie aktuell viel mehr bei sich selbst, hat für ihre individuelle Art Vokal Jazz erstklassige Unterstützer (u.a. Wesseltoft, J.Redman, Eick) und mit ihnen 10 inspirierte und inspirierende Titel auf den Träger gebannt. Deutlich ihre beste Platte seit der ersten.


Retro Soul für Bewegliche

Erstklassige Sängerin, gepfefferte Bläser und eine stramme Rhythmusgruppe ist die Kurzbeschreibung der niederländischen Retro Soul Senkrechtstarter THE TIBBS. „Takin‘ over“ bringt 11 weitere knackige Titel für lange Freitag-Nächte im Gasolin.


Little Annie aber grosse Musik

LITTLE ANNIE kennen ältere Semester vielleicht noch als ANNIE ANXIETY aus dem Umfeld von CRASS oder ADRIAN SHERWOOD. „Trace“ ist ihr erstes Album seit 2007. Solche Künstler mag ich, die melden sich nur zu Wort, wenn sie was zu sagen haben. Texte / Geschichten kann sie (kann m/f in ihren Büchern nachlesen), musikalisch bewegt sie sich auf jazzig bis experimentalen Untergrund. Den Vergleich mit den frühen Werken von TOM WAITS kann m/f durchaus ziehen, auch wenn sie noch weniger durchgehenden Rhythmus serviert. Form, Ausführung, Vortrag – Eins, setzen!


na dann... Tschüss!
i.m.trend@muenster.de

Reinhören & Verlieben
samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
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