Von Günter, 04.01.2017

ANDREA PANCUR/ GERDBAND/ SLIXS/ HOCHZEITSKAPELLE/ LESLEY KERNOCHIAN

Songwriting erster Güte

„Zum Meer“ ist ANDREA PANCUR’s zweiter Anlauf in ihrem selbstgeschaffenen Genre ‚Alpenklezmer‘. Den ersten habe ich wohlwollend ignoriert, war vielleicht ein Fehler. Wie die Bezeichnung bereits andeutet, vermengt sie alpenländische Musikweisen und Instrumente mit Melodien aus dem Fundus Klezmer und traditionellen Liedern aus Italien und den dazugehörenden Instrumenten. Das klingt von durchaus Original bis unglaublich originell, sowohl bei den verwendeten eigenen und fremden Texten, als auch bei den raffiniert geschachtelten Arrangements. Bayrisch verstehen ist dabei von Vorteil, aber nicht zwingend notwendig, ‚Live‘ aufgeführt stelle ich mir das noch bunter vor, als aus der Konserve.


Moderner Jazz im Trio

Mit dem dritten Album „Nevertheless“ bewegt sich die GERDBAND auf einem Gebiet mit starker Konkurrenz. Seit E.S.T. ist Musik für Standard-Jazz-Trio (p/b/dr) nicht mehr dieselbe. Das wissen die drei Herren auch. So bewegt sich das Ergebnis zwischen fulminanten Grooves mit intensiver Handarbeit und feinen lyrischen Einlagen, die nicht weit von ECM entfernt sind. Für meine Hörgewohnheiten ganz wichtig: Es geht nicht zu abstrakt oder theoretisch zu Werke, ganz gleich, wie lang ein Titel gespielt wird, er bleibt immer als komponierter Song erkennbar.


Noch ein eher ungewöhnliches, dafür umso spannenderes Exemplar. SLIXS nennt sich der 6er und erzeugt Musik a cappella. Das heisst, die singen nicht nur, sondern erzeugen mit Stimmen und Körpern auch noch die passende Rhythmus- und Melodiespur. Ge-slappter Bass, der funky Drummer, pfiffige Bläser, alles da, ohne dass auch nur 1 Instrument ins Studio musste. Fein mehrstimmig gesungene Eigenkompositionen und eine sehr feierliche, extra langsame Version von Bowie’s ‚Heroes‘. Dafür müsste es doch in Münster einige Fans geben.

Verrückt ja, aber gut!

Wenn eine Combo Titel von u.a. C.W. Stoneking, Lee Perry, Francoise Hardy und Moondog nach eigenen Vorstellung umgestaltet und miteinander kombiniert, wird der Freak in mir sofort hellhörig. Noch dazu mit einem Instrumentenschatz aus z.B. Harmonium, Glockenspiel, Spielzeugklavier, Sousaphon plus einer ausserordentlichen Portion Musikalität, dann habe ich einen neuen Ohrwurm. Das ist die HOCHZEITSKAPELLE und ihr „The World is full of Songs“. Das meinen sie wörtlich, denn 20 Songs auf einer CD kommen nicht so oft vor. Rhythmisch läuft das Ganze ab zwischen Ska Tempo, ein wenig verlangsamt, und dezenten Latin-Variationen. Nicht ohne schluchzende Geige und einer schöne Linien spielenden Posaune. Das Allerbeste: Sie singen nicht! Sie lassen die Melodien und Arrangements für sich sprechen. Auf den allerletzten Drücker für mich der Findling des Jahres. Danke Kathi! Ob ich die auch ohne Hochzeit engagieren kann?


Nach bereits 3 durchaus erfolgreichen CDs in Eigenregie traut sich LESLEY KERNOCHIAN jetzt in den Wettbewerb mit der ganzen Welt. Sehr melodische Songs zwischen New Country (also ohne Hut), feinen Balladen und Pop. Mit klarer Stimme und erstklassig besetzter Band präsentiert sie 14 Songs aus ihrem jüngeren Schaffen. Von auffälliger Pedal Steel Gitarre bis dezenter Ukulele-Begleitung, von Herzschmerz schunkelig bis flottweg locker vom Hocker wird sie dabei auf „A calm Sun“ von der ausgewählten Back-up Mannschaft sicher über alle Klippen getragen.

Das war‘s für diese Saison. Passt gut auf Euch auf und feiert nicht zu heftig!

na dann... ins neue Jahr!
i.m.trend@muenster.de

Reinhören & Verlieben
samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
Breite Gasse 1

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

Beiträge 2017