Von Günter, 18.01.2017

NINA SIMONE/ ECOS DE BORINQUEN/ SEYDU/ EL ZITHERACCHI/ G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS/ ROBIN TOM RINK/ RANTANPLAN

Zuerst eine für Jäger und Sammler. „Strange Fruit“ heisst diese Zusammenstellung früher Aufnahmen von NINA SIMONE. Die meisten stammen aus 1955/56, aufgenommen in Philadelphia und Atlantic City, wurden zum Teil schon in den 50ern auf der LP „Starring..“ veröffentlicht. Unter den gesamt 32 Songs dieser Doppel CD sind ausserdem diverse Live- oder Radio-Mitschnitte, die es vorher nie auf CD gab. Die Tonqualität ist dementsprechend sehr unterschiedlich, aber die Interpretation ist unverkennbar Nina Simone.

Hier ist es eh kalt, also heraus in die Welt! „El alma de Puerto Rico“ enthält 16 Songs aus der Jibaro Tradition des Landes. Jibaros nannte m/f dort die ursprünglichen Farmer, entsprechend ländlich Kommen die unterschiedlichen Stile der Songs daher. Eingeborenes gemischt mit Importen aus Europa, auf dieser CD ausgeführt von den Grammy nominierten ECOS DE BORINQUEN. Hat durchaus Ähnlichkeit mit der Musik der alten Kubaner, ähnlich instrumentiert, aber mit ganz anderen Rhythmen. Verlegt bei Smithsonian Folkways, also wieder feinst aufgenommen und mit fast 40 seitigem Booklet mit allen wissenswerten Infos.

Etwas näher, aber immer noch warm: SEYDU und sein „Sadaka“. Afrikaner, vermutlich aus dem Westen, denn die Ähnlichkeit mit Kap Verdischen Klängen ist nicht zu überhören. Flüssige Melodien, trotz melancholischer Ausstrahlung mit Optimismus dargeboten. Akustische Gitarre, Akkordeon und Perkussion, mehr braucht es nicht, wenn der Sänger überzeugend vorträgt; das meint, was er singt!

‚Der dritte Mann‘ war vorgestern.

Zurück in die Heimat, den Süden. EL ZITHERACCHI versorgt uns mit seiner 2. CD. „El Zessions“ ist gefüllt mit 14 Live Aufnahmen an unterschiedlichen Orten. Wie der Name sagt, spielt er Zither. Denke aber bitte niemand an den „dritten Mann“, das Instrument kann nix dafür. El Zitheracchi kann sowohl allein, als auch mit verschiedenen Helfern, mit diesem Instrument ganz andere Sachen. Zugegeben, etwas hoch gegriffen, aber so, wie der junge Ry Cooder mit seiner Gitarre Liedgut aus der amerikanischen Tradition eine neue Farbe geben konnte, verarbeitet der Zitheracchi Überliefertes, prüft es, setzt es in neuen Kontext und darf dank hoher Kompetenz sogar ungestraft eine meiner Lieblings-Schnulzen (Wouldn’t it be good) mit Gastsängerin auf seinem flach liegenden Saiten-Instrument darbieten.


Leider nur 30 Minuten lang…

Ich habe ein weiteres Lieblings-Label: GUTFEELING. „Wacky Tobacky“ ist zwar erst die 3. CD der Marke, die mir vor die Ohren kommt, aber auch G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS verarbeiten fremde Originale (neben eigenen Gewächsen) derart ruchlos und frisch, dass ich selbst bei der 5. Wiederholung noch Spass habe. Ob Moondog Ideen, Captain Beefheart oder Saccharine Trust, es wird demontiert, umgewandelt, ergänzt und im eigenwilligen Stil und Instrumentarium umgesetzt. Leichter Latin Unterton, mal klar Cumbia, aber gewiss über die ganze Strecke beste aber ernste Laune.


..bringt den Hörern Zeit mit!

Jetzt wird es etwas melancholisch. Mein Ex-Nachbar ist wieder aktiv.“The Small Hours“ ist die 2. CD von ROBIN TOM RINK. Eher einfache, aber exzellent sparsam produzierte (Glückwunsch Ekki Maas!) Lieder, minimal instrumentiert und in genau die richtige, zum Text passende Stimmung gebracht. Piano, Gitarre, kaum Band aber dafür überzeugend ergänzt mit Trompete und Posaune. Und ganz ohne Hektik oder Druck. Toller Satz aus dem Pressetext: Für diese Platte muss m/f sich keine Zeit nehmen, sie bringt den Hörern welche mit. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.


21 Jahre RANTANPLAN. Die ehemalige Ska-Punk Combo wird handwerklich immer besser und passt sich textlich trotzdem nicht an. Die geben Gas, machen Druck, wollen nicht ins Feuilleton sondern auf die Bühne, vor Menschen. Dort funktioniert diese Musik am besten.

na dann... Tschüß!
i.m.trend@muenster.de

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