Von Günter, 22.02.2017

DINAH WASHINGTON/ UNNI LOVID/ WESLEY STACE/ EMEL/ IZO FITZROY/ BURMESTER SELECTION Vol. 1/ ALEXANDRA LEHMLER

Mit ganz altem Jazz geht’s los. DINAH WASHINGTON „Sings Bessie Smith“ und „Sings Fats Waller“, aufgenommen in 1957 und 58, beide LP auf einer CD plus 4 Bonus Tracks aus den ‚Bessie Smith Sessions‘. Die Liste der Musiker liest sich wie ein ‚Who is Who‘ des 50er Jahre Jazz und die spielen auch so, die Arrangements sind nicht zu brav und Dinah liefert auf den beiden Platten eine der besten Vorstellungen ihres Lebens. Wer gern modernen Vokal-Jazz hört, sollte diese hier als grandioses Beispiel einer vergangenen Epoche griffbereit haben.

Die Nordlichter und ihre Folklore! UNNI LOVLID verbindet auf ihrem ‚Hymn‘ norwegische Folk-Motive und japanische Instrumente. Shakuhachi und Sho plus Kontrabass und ihr Gesang. Zwischen sphärisch und frei, zwischen Respekt vor der Vergangenheit und Mut zur Zukunft, zwischen bewahren und interpretieren. Nur für echte Forscher.

Vielleicht die konservativste in dieser Woche ist WESLEY STACE’s „John Wesley Harding“. Amerikanischer Folk/Country-Singer Songwriter, der schon seit über 20 Jahren Platten veröffentlicht. Diese hier ist für ihn sehr ungewöhnlich, zum einen, weil er auf allen 12 Tracks von den JAYHAWKS begleitet wird und die mit ihren handwerklichen Fähigkeiten seine aufwändig komponierten Songs kongenial umsetzen. Nie fett oder gar bombastisch arrangiert fallen beim Hören erstaunliche Verwandtschaften auf, zu den Beatles, aber weit mehr noch zu Jeff Lynne’s Electric Light Orchestra. Also auf den ersten Blick ganz normal, aber unter der Oberfläche ausgesprochen raffiniert.

Wer sich eine Mischung aus den positiveren Momenten von Portishead und den Arabismen der späten Dead Can Dance vorstellen kann, sollte an EMEL’s „Ensen“ nicht vorbeihören. Als geborene Tunesierin liegen ihr die morgenländischen Rhythmen und Harmonien im Blut, die dazugehörigen Instrumente, meist Perkussion, weiss sie effektiv einzusetzen, gibt aber elektronischen Downbeats und Sampling den nötigen Raum, um die Tradition nicht zu vordergründig aufzutragen. Ihre Stimme setzt sie entsprechend vielseitig ein, wobei sie textlich (soweit ich’s verstehen kann) mit ihren feministischen Ansichten in ihrer Heimat vermutlich nicht so wohl gelitten ist.

Soulbluesfunk aus New Orleans

IZO FITZROY umschifft auf ihrem „Skyline“ perfekt die Stereotypen des aktuellen Blues mit Frauen-Beteiligung. Kein harter Rock, keine kurzen Kleidchen, sondern richtige Band und Produktion in New Orleans. Im ‚Big Easy‘ weiss m/f halt, wie das mit dem ‚Groove‘ geht. 12 eher geradlinige Songs, mal säuselnd, meist mit Nachdruck und oft mit Background-Stimmen in ein strammes Korsett geschnürt. Gesanglich auch mal an Janis erinnernd, lässt sie jedoch genügend Platz, dass die gut trainierte Band entsprechend zum Vorschein kommen kann. Die rockigen Nummern sind stark, der N.O. Groove erstklassig, die Balladen aber meine Favoriten.


Klangtest für’s Equipment

Eine Hörausrüstung der Marke Burmester können sich sicher die wenigsten von uns leisten. Eine CD mit Musik, die die Fähigkeiten des Equipments aufzeigt schon eher. So gibt es auf der „BURMESTER SELECTION Vol. 1“ von klassischer Piano Musik, über Jazz auf der akustischen Gitarre, sanften Folk, Afrikanisches und natürlich Stimmen zu hören, alles exzellent auf CD (HQCD) gebannt, um das pure Vergnügen am authentischen Klang zu fördern. Nur nicht verzweifeln, wenn das Heimstereo an seine Grenzen kommt…


‚Junger‘ Jazz aus Deutschland

Mit ganz ‚jungem‘ Jazz geht es heute zu Ende. ALEXANDRA LEHMER und ihr Quartett plus Gast haben eine neue CD fertig. In 9 meist langen Titeln unter dem Motto „Sans Mots“ beschreiben sie instrumental ihr alltägliches Leben. Höhen, Tiefen, Ärger, Freude. Musikalisch zwischen durchkomponiert und improvisiert, von laut und schnell zu leise und langsam. Mit aussergewöhnlicher Besetzung, Drums (Patrice Heral), Vibraphon (Franck Tortillier) und Matthias Debus am Bass lässt die Saxofonistin keine Zweifel aufkommen, dass sie zu den ernst zu nehmenden Stimmen des aktuellen Jazz in mindestens Europa gehört. Und dann werden Titel 8 und 9 auch noch veredelt durch das Trompetenspiel von Herbert Joos. „Sans Mots“, ihr Album Nummer 5 ist wohl ihr ‚rundestes‘ bislang.


Reinhören & Verlieben
samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
Breite Gasse 1

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

Beiträge 2017