Von Günter, 28.06.2017

MAGNUS/ DON ELLIS/ ADHD/ NICOLE JOHÄNNTGEN/ SWEET BABOO/ JAQEE/ NIKKA/ KING CRIMSON

Pop im Ruhrgebiet

Poppiger wird es auf dieser Seite wohl nicht werden. MAGNUS hat mit „Inside“ in 3 Jahren ein Hit-verdächtiges Album mit 16 selbst verfassten Titeln und erstklassiger Produktion auf die Beine gestellt. Gefüllt mit eingängigen Harmonien, sentimentalen Balladen, etwas Rock und einer überwiegend positiven Ausstrahlung. Renommierte Musiker, seine Stimme so variabel wie die Arrangements und Rhythmen und das alles aus in Duisburg und um Duisburg herum. Smartphone aus, mal eine gute Stunde keine Hiobs-Botschaften im Minutentakt sondern lebensbejahende Popmusik von starken Akteuren.


Bleiben wir bei grösserem Musiker-Aufgebot. Eine weitere Neuauflage aus dem Hause MPS ist „Soaring“ von DON ELLIS und seiner Big Band. 22 Musiker inklusive Streichquartett, ungerade Takte, komplexe Strukturen und eine höchst bunte Mischung aus (instrumental-) Stimmen und Stimmungen fordern auch die HörerInnen fast 45 Jahre später.

Seit 2009 wurden, glaube ich, alle Platten von ADHD auf dieser Seite erwähnt. Auch auf „6“ bleiben sie ihrem Ansatz treu und entwickeln ihre sehr individuelle Auffassung von zeitgemässer Musik weiter. Improvisation und Interaktion, wie wir sie aus dem Jazz kennen, gepaart mit nicht zu sehr betonten geraden Rhythmen und ein typisch nordisches Gefühl für eingängige Harmonien, die nie Gefahr laufen, schön zu klingen. Schliesslich stammen sie aus Island. Gut organisierte Jams von 4 ziemlichen Individualisten.

Saarländerin in New Orleans

Und jetzt richtig Jazz. Im besten Sinne konservativ. NICOLE JOHÄNNTGEN, Saxofonistin aus dem Saarland, hat sich einen Traum erfüllt und mit drei Helfern aus dem ‚Big Easy‘ (Sousafon, Posaune, Schlagzeug) eine CD mit New Orleans Musik aufgenommen. Das groovt und rumpelt, wie erwartet, aber die 4 bleiben nicht brav in der Spur, da wird umeinander herum gespielt, improvisiert, eine neue gemeinsame Linie gefunden und auch wieder zerlegt. Niemals ganz weit von ‚St James Infirmary‘ aber ganz sicher nicht mit dem ständigen Blick auf’s Notenblatt. „Henry“, so heisst das Ding gibt es leider nur beim grössten Versandhändler als CD oder als ‚heisse Luft‘ (Download) überall.


Ein Päckchen mit 10 gezielt positiven Ohrwürmern liefert SWEET BABOO mit seinem „Wild Imagination“. Klingt in seiner unaufdringlichen Instrumentierung und den klaren Melodieverläufen ein wenig nach den 60ies. Mit sanfter Stimme trägt er sein Liedgut vor und verbreitet auch mit seiner Art zu singen ausschliesslich Optimismus.

„Fly High“ hat sie ihr 2. Album genannt. Das ist nicht wirklich übertrieben. JAQEE stammt aus Afrika, lebt aber schon lange in Schweden. Unter den 14 Titeln der CD finden sich erstaunliche Hybride aus europäisch bzw. anglo- amerikanischer (Soul-) Musik und Klängen und Farben aus ihrem Geburtsland. Die uns gewohnten Harmonien unterläuft sie mit dem Sprachrhythmus ihrer Heimat, dabei ist nicht wichtig, ob es ein R’n’B Groove ist, ein Reggae Beat oder sie nur von einer Gitarre oder Bläsern begleitet wird. Kein flüssiges Stückchen Pop, sondern der gelungene Versuch, individuelle Fähigkeiten in funktionierenden Einklang zu bringen. Sperrig, aber spannend!

Wer sein Album startet mit einer Version von ‚Nothing compares to you‘ will entweder verlieren, oder sie hat wirklich einen eigenen Ansatz für die Interpretation. NIKKA (Costa) wagt es auf „Nikka & Strings“ und gewinnt. Früher hätte m/f ihre Art zu singen Deep Soul genannt, Vergleiche mit Aretha, oder für die unter 100jährigen vielleicht Chaka Khan oder Anita Baker sind durchaus angebracht. 9 weitere, sehr gut ausgesuchte ‚Klassiker‘, bekannt ja, verschlissen nein, plus ein Eigengewächs füllen ihr erstes Album nach sehr langer Pause. Eingespielt mit ‚richtiger‘ Band plus Streicher, eine hochemotionale Reise durch Soul, Blues und etwas Funk mit einer auffälligen Sängerin.

König Crimson in Berlin…

Kurz und knapp: Der König ist tot, es lebe der König. KING CRIMSON spielt anlässlich des 40. Jahrestags der Aufnahme David Bowie’s ‚Heroes‘. Zusammen mit 3 weiteren Titeln auf der Live-EP „Heroes“, die in Wien bzw. Paris im letzten Dezember mit der aktuellen 3 Drum Sets Besetzung aufgenommen wurden. Poppiger als in Heroes war der König nie, die anderen Tracks sind stilsicher Crimson.


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