Von Günter, 15.11.2017

CATHERINE RINGER/ CROWD COMPANY/ FEELING NICE 4/ FM BELFAST/ ZARA McFARLANE/ MONICA VASCONCELOS

Frischer Gruss von Rita (Mitsouko)

Vielleicht erinnert sich jemand an ‚Marcia Baila‘, den grössten Hit von Les Rita Mitsouko. CATHERINE RINGER, Sängerin des Duos, bringt eine neue CD auf den Markt. „Chroniques et Fantaisies“ ist nicht nur für diese Zeit ungewöhnlich, sondern auch noch gut! In bester 90er Jahre Manier hat sie richtige Songs gebastelt, mit echten Instrumenten eingespielt und dabei die ganze Schatulle ihrer Erfahrungen ins Spiel gebracht. Am Anfang wie Patricia, dann ein wenig ‚Marcia‘, etwas Drama á la ‚I will survive‘, ein bisschen Pop und ein Spritzer Iggy, den ich hinein interpretiere. Klingt genauso bunt, wie beschrieben, wird aber durch ihre kräftige und wandlungsfähige Stimme zu einem runden Ganzen zusammen gehalten.


Aus England’s lebendiger Soulszene

Ein weiteres spannendes Produkt aus der vielfältigen britischen Soulszene steht mit der CROWD COMPANY ins Haus. Volle Besetzung, mit Bläsern und wechselnden SängerInnen kommt „Stone & Sky“ aus der Vintage Funk Ecke. Aber die Damen und Herren kriegen die Kurve und bleiben nur beim Stil im Gestern. Spielweise und Sound zeugen deutlich Kenntnis von und Vorliebe für sehr viel jüngere Produktionen. Veritable Ohrwürmer kriegen sie auf jeden Fall problemlos hin.


Tramp’s nächster Streich

Noch einmal Funk, aber dieses Mal echt alt. Das Team von Tramp legt „FEELING NICE 4“ vor. 17 weitere vergessene Perlen , meist aus den 60ies, die, als sie neu waren, hier vermutlich überhaupt nicht aufgetaucht sind. Es ist wieder alles dabei, unterschätzte B-Seiten, gelungene Cover-Versionen, Obskures, Rares, Karibisches und natürlich, Last but not Least, Tanznummern. Jedenfalls wünsche ich den ‚Trüffelschweinen‘ von Tramp jede Menge untersuchungswertes Gelände, damit der Spass nie endet.


Als ich „Island Broadcast“ zum ersten Mal gehört habe, dachte ich, ich sei im Time Tunnel. Sound zwar eindeutig 3. Jahrtausend, aber Konstruktion und Arrangement liessen bei mir die Human League Alarmglocken läuten. Durchweg gelungen, eingängig mit markanten Rhythmen und Harmonien, und sicher selbst erfunden. Wer nicht wie ich solche Erinnerungs-Altlasten mit sich herumträgt, dem und der wird das neue Album von FM BELFAST gut gefallen.

So eine Platte kann einfach nur in London entstehen. ZARA McFARLANE hat sich viel Zeit gelassen für ihren 2. Longplayer. „Arise“ ist eine grandiose Mischung aus traditionellen jamaikanischen Stilen, afrikanischen Rhythmen, karibischen Einflüssen und einer Jazz inspirierten Grundhaltung. Alles gut verrührt und dann zum grossen Teil mit deutlich erkennbarem Reggae Background aufgebrüht. Als Sahnehäubchen oben drauf Zara’s Stimme bzw. ihr sehr spezifischer Gesang. Da reicht das Spektrum der Songs von ritueller Musik über den typischen Offbeat hin zu Jazz affinen Klängen. So vielseitig und variabel, wie es die junge Flora Purim mit den Latin-/Brasil-Rhythmen anging.

Was mich zur letzten Neuheit dieser Woche bringt. MONICA VASCONCELOS hat mit ihrer sehr international besetzten Combo 12 Titel aus der Zeit des Widerstands gegen die Militär-Diktatur Brasiliens aufgenommen. Von Künstlern, die Vor Ort durch geschickte Wortwahl oder Parabeln ihre Musik trotz Zensur aufführen / aufnehmen konnten und anderen, die für eine Zeit im Ausland im Exil leben mussten. „The Sao Paolo Tapes“ enthält 12x eher sanfte MPB, aus Samba, Bossa und ‚ausländischer‘ Pop-Musik geformt, Titel von Bosco, Lins, Gonzaguinha, Veloso. Feinfühlig arrangiert, authentisch engagiert gesungen und zum Glück mit englischer Übersetzung im Booklet. Produziert vom Polit-Veteran Robert Wyatt.

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