Von Günter, 30.05.2018

OUR SOLAR SYSTEM/ BARCELONA GIPSY BALKAN ORCHESTRA/ ANNA + ELIZABETH/ FATOUMATA DIAWARA/ DOBET GNAHORE/ POTATOHEAD PEOPLE

Manchmal kommt ein Wiederhören mit der Vergangenheit sehr überraschend. Das Label der Schweden von OUR SOLAR SYSTEM hätte mich schon warnen können: ‚Beyond Beyond is Beyond‘. Und so wundere ich mich nach Titel 5 (mehr sind nicht auf der CD) auch nicht mehr über die kleine Zeitreise in den Beginn der 70er. Guru Guru und andere Psycho Rocker fallen mir da ein, auch wenn es nach wuchtigem Start durchaus mal ruhiger zu Werke geht. Für alle, die sich an Cluster etc. nicht erinnern wollen, tut’s für „Origins“ auch der Vergleich mit der Live Platte aus Ummagumma. Nach 50 Jahren hat es sich immer noch nicht ausge-spaced…

Vom Ebro bis zur Donau

Ganz auf dem Boden der Realität steht das BARCELONA GIPSY BALKAN ORCHESTRA. Der Name gibt das Programm vor. 5 Musiker aus 5 Ländern an spezifischen Instrumenten plus absolut authentischer Sängerin und gelegentlicher Gäste arbeiten traditionelles Material auf, das sie zwischen Ebro und Donau gesammelt haben. Nicht brav und Note für Note, sondern mit einem zur Zeit passenden Schwung. Vorsicht, bei einigen Tracks auf „Avo Kanto“ besteht Suchtgefahr.


Ebenfalls in alten Aufzeichnungen haben ANNA + ELIZABETH gestöbert. Noten und Texte von Folksongs, die sie durch ihre Eltern kannten fischten sie aus Archiven und verpassten ihnen neue musikalische Arrangements. Keineswegs traditionell, sondern eher im Stil experimentellerer Songwriter mit und ohne Bandbegleitung. Dazu singen sie regelmässig in 2 sehr gut harmonierenden Stimmen. „The Invisible comes to us“ - auch so zeitlos Modernes gibt es bei den Damen und Herren von Smithsonian Folkways.

Ein für mich neuer Name am Afrika goes Pop Himmel ist FATOUMATA DIAWARA. Ihr „Fenfo“ (Something to say) hat sie komplett selbst geschrieben und in London produziert. Mit ihrer intensiven Stimme bleibt sie durchaus in der melodischen Tradition, wechselt zwischen sanft und kraftvoll. Die Instrumentierung ist komplett westeuropäisch. Wer was spielt geht aus meiner Info nicht hervor, aber die Band versteht es sehr gut, die typischen Harmonien und vertrackt gespielten Rhythmen sehr unangestrengt klingen zu lassen. Und für Stimmenfreunde sowieso ein Genuss.

Afrika goes Pop

DOBET GNAHORE hat hier in Münster bereits eine kleine Fan-Gemeinde, hat hier ja auch schon mehrere Auftritte hinter sich. Auch sie hat alle Songs für ihr „Miziki“ selbst verfasst. Sehr bestimmt und mit grosser Sicherheit führt sie ihre Begleitband durch die sehr eingängige Mischung aus afrikanischen Wurzeln und europäischen Sounds. Komplexe Strukturen der Perkussionisten lässt der stramm vorwärts marschierende Bass simpler erscheinen und das Keyboard vermittelt dezent aber gezielt die Harmonien. Exzellente Ballance zwischen Eingängigkeit und vielschichtigem Inhalt.


HipHop fast ohne Worte

Mit weit weniger Stimme kommen die POTATOHEAD PEOPLE aus. Müssen sie wohl auch, denn sie haben Stimmen nur von Gästen. Die beiden Kanadier mischen ihre „Nick & Astro’s Guide to the Galaxy“ aus diversen sehr unterschiedlichen Zutaten. Meist wird daraus zeitlupiger HipHop mit verschleppten und verzögerten Beats und jazzigen Instrumenten-Zutaten. Schwerfällige Bassbeats zögerliche Keyboard-Töne und -Flächen und wenn schon Stimmen, dann nicht nur der übliche HipHop Schnellsprech, sondern auch richtige Gesangs-Harmonien. Düstere TripHop Passagen, 80er Jahre Funk-Reste, Ideen von George Clinton und besonders die immer mal wieder eingeflochtenen ‚richtigen‘ Instrumente halten dieses überwiegend instrumentale Album über die ganze Länge spannend


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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