Von Günter, 18.07.2018

GOLDEN HITS-10 YEARS OF MUNICH HIP HOP/ MAURIZIO GERI/ WESTERN CENTURIES/ TEXMANIACS/ JASMIN HAMDAN/ MULATU ASTATKE/ DIRK MAASSEN/ SVÄNG/ RSN

40 Jahre und kein bisschen Weise. TRAMP Records aus München veröffentlicht ein weiteres Schmankerl für die weltweite Fangemeinde von ca. 9 Leuten (…) in Form der DoLP/CD „GOLDEN HITS – 10 Years of Munich Hip Hop“. Gesammelt aus den Jahren 2005 bis 2015 gibt es hier 29 Tracks, die vermutlich nicht mal den heimischen Stadtrand vollständig erreicht haben. Nichtsdestotrotz, fette Beats, gekonntes Sampling, pfiffige Arrangements und humorige Texte, die nicht davon leben die eigene Grossartigkeit abzufeiern und die Minderwertigkeit aller anderen in die Welt posaunen zu müssen.(Zitat) Diese musikalischen Kleinode sind der Welt vorenthalten worden – bis jetzt!

Vielseitig talentiert

Mindestens genauso vielseitig, aber in einem ganz anderen Genre ist MAURIZIO GERI. In den 10 Titeln seines „Perle d’Appennino“ bewegt er sich vom klassischen Singer/Songwriter zu Oldtime Jazz á la P. Conte, greift auf traditionelle Gesänge/Sänger zurück, trifft den Tango, Herrn Knopfler in Gestalt des Nick Becattini und zitiert mühelos den ländlichen Ry Cooder. Gelegentliche Bläser, Akkordeon, Violine und Cello runden das ausgesprochen weit gefächerte Klangbild ab. Alles selbst erfunden, fein abgestimmt und verbunden durch seinen authentischen Gesang.


Jetzt 2x wilder Westen. Die WESTERN CENTURIES und ihr „Songs from the Deluge“ ist Country Honky Tonk in Reinkultur. Für den wirklichen Genuss dieser Musik fehlen uns hier die langen geraden Strassen und die dazugehörigen Road Stops. Die Herren können Country UND Western..

Die TEXMANIACS verraten schon mit dem Titel „Cruzando Borders“ wohin die Reise geht. Allerdings nicht ganz so Party orientiert, wie die Vorgenannten. Wie bei den Veröffentlichungen von Smithsonian Folkways üblich, wird hier eine Tradition aufgearbeitet bzw. präsentiert. Die der texanisch/mexikanischen Conjunto Musik. Von flotten Polkas zu sentimentalen Boleros und weiteren Varianten dieser Spielart gibt’s hier 14 gezielt ausgesuchte Tracks unterschiedlichsten Charakters, die thematisch die Grenze zwischen den Staaten bearbeiten. Die Band spielt diese Musik seit fast 30 Jahren, viel Info zur Geschichte der Musik und der Musiker liefert das 35 seitige Booklet.

„Jamilat Reprise“ ist das Remix Album zu JASMIN HAMDAN’s 2. CD „Al Jamilat“. Von den gesamt 8 Remixern sind mir nur Brandt Bauer Frick und Acid Arab geläufig, was aber nichts daran ändert, dass einige der Neubearbeitungen wirklich grossartig gelungen sind. Immer dann, wenn die Technik eingebremst, die Instrumentierung auf ein Minimum reduziert wird und Jasmin’s Stimme den ganzen Track trägt. Und funktioniert auch, ohne dass m/f die Vorlage kennt.

Vor längerer Zeit bereits angekündigt, jetzt ist sie da: Die CD mit den ersten beiden Platten, die MULATU ASTATKE mit seinem Ethiopean Quintet in USA aufgenommen hat. Der Titel „Afro-Latin Soul“ ist Programm. Latin Rhythmen in diversen Varianten, durch das afrikanische Bewusstsein gedreht und mit US amerikanischem Soul vermengt. Seinerzeit als wild und pulsierend gebrandmarkt, klingt das Ganze von heute aus betrachtet diszipliniert bis reserviert, aber von grosser Spielfreude geprägt.

DIRK MAASSEN verbreitet seine Musik vornehmlich per Stream. Auf seiner 2. CD „Avalanche“ ergänzt er sein wohlklingendes Klavier-Spiel zum Teil um grosses Orchester. Seine Kompositionen sind entspannt und beruhigend, melodiös und warm. Der Erfolg gibt ihm Recht, auch wenn es mir etwas zu brav daher kommt.

Die finnischen SVÄNG waren schon einige Male in Ohrenschmauch dabei. Die neueste Grosstat der 4 Harmonika-Spieler ist ein Album mit Tango. Entsprechend heisst es „Plays Tango“, sie schöpfen aus dem Erbe der grossen einheimischen Komponisten und fügen ein paar selbst gestrickte Songs hinzu. Grossartig und nicht einmal Gewöhnungsbedürftig!

Neues Aus dem Hause agogo

Letzte für heute: RSN, neues Projekt beim Hannoveraner Label agogo. Knackige Downbeats, virtuelles und reales Instrumentarium und wechselnde Stimmen, bei denen besonders Thaliah, Polina Leshnevskaia und Kathrin DeBoer schon nach dem ersten Hören im Gedächtnis bleiben. „Strange Eyes“ ist variabel in Rhythmen, Harmonien und Stimmungen, ein wenig wie eine etwas optimistischere Ausgabe von Lamb und sicher ohne Chance im Format Radio.


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