Von Günter, 21.11.2018

MARIACHI REYNA DE LOS ANGELES/ CATHRIN PFEIFFER/ MUSCLE SHOALS SMALL TOWN BIG SOUND/ SAVAGES Y SUEVO/ MORNING REIGN

Heisse Klänge gegen kalte Saison

Trotz hervorragenden Handwerks und publikumswirksamer Titelauswahl wird dieser CD in Europa wohl nur begrenzter Erfolg beschieden sein. Mariachi Musik hat in Europa einfach weniger Fans, als im Westen der USA und natürlich Mexiko. MARIACHI REYNA DE LOS ANGELES ist die erste ausschliesslich mit Frauen besetzte Gruppe, die mir vor die Ohren gekommen ist. Bereits 1994 ‚gecastet‘ von ihrem Ziehvater Jose Hernandez entsprechend der musikalischen Fähigkeiten, durchbrach dieses Ensemble die männliche Domäne, waren als Frauen nicht nur geduldete und u.a. ‚mitspielende Deko‘, sondern konnten den Herren der Schöpfung gleichwertige oder mehr instrumentale Fertigkeiten entgegensetzen. Auf der jetzt, natürlich bei Smithsonian Folkways - mit 40 Seiten Booklet in Englisch und Spanisch, veröffentlichten CD gibt es einen 12 Titel und knapp 45 Minuten lang Einblick in das Universum dieser Musik. Traditionell ja, aber mit sehr eigenem Schwung, Schmetternde Trompeten, schmeichelnde Geigen, kräftiger Gesang, aus der Vergangenheit fit gemacht für Gegenwart und Zukunft.


Für aussergewöhnliche Musik mit Akkordeon steht der Name CATHRIN PFEIFER schon lange. Für ihre neue CD „Trezoulé“ hat sie ein Trio mit Gitarre und Drums/Perkussion gebildet. Die aus Folk-Motiven aus beinahe aller Welt und jazziger Spielweise gestrickten Songs passen so recht in keine Schublade. Die 9 Tracks sind durchweg sehr lang, gesungen wird fast nicht, so dass viel Raum für solistische Ausflüge bleibt. Womit auch das Thema ‚Gefälligkeit‘ diskussionslos umschifft wird. Kein Akkordeon mit Begleitung, sondern gleichberechtigtes Zusammenspiel auf sehr hohem Niveau, rhythmisch vielseitig, auf 2 Titeln mit Bassklarinette oder Hawaii-Gitarre ergänzt, bezeichne ich das Ergebnis als World-Jazz. Und Humor hat die Komponistin auch, m/f lese die Titel..

Wenn es bei ‚Muscle Shoals‘ nicht sofort in den Ohren klingelt, hier kommt Abhilfe. In diesen Studios wurden in den vergangenen 50 Jahren diverse Welthits beinahe quer durch alle Genres aufgenommen. Die Muscle Shoals Horns, der ‚betriebseigene‘ Bläsersatz wurde und wird noch immer gern auch auswärts engagiert. Ein knappes Dutzend dieser Hits (von W. Pickett bis zu den Stones) hat die aktuelle Studio-Mannschaft neu eingespielt, dazu hochkarätige Frontleute (Keb Mo, Aloe Blacc, M. McDonald..) für die Gesangsparts engagiert und ein tolles ‚erinnert Ihr Euch?‘ Album eingespielt. „MUSCLE SHOALS, SMALL TOWN, BIG SOUND“ ist der präzise gewählte Titel.

Downbeat, Funk, Ska…

„Bortherhood“ ist bereits das 2. Werk des ungarischen Produktionsteams SAVAGES Y SUEVO. Den Vorgänger habe ich nicht mehr im Gedächtnis, das neue Werk strotzt vor Ideen und Sounds. Downbeat, Funk, Ska, fett in Szene gesetzt und mit sehr gut passenden Stimmen abgerundet. KRSA, der heimische Rapper mit softem Flow, Ashley Slater, nicht zu vergessen Denise M’Baye, die bei den Mo Horizons Dienst tut und noch einige mehr. Programmierte und gesampelte Beats, ergänzt mit der richtigen Portion konventioneller Instrumente, in bester Tradition z.T. mittlerweile legendärer Vorgänger, von Massive Attack bis Thievery Corporation.


Unentdeckte 60ies

Nicht nur bei Tramp Records, auch bei Perfect Toy haben sie einen langen Spaten. Mit dem haben sie MORNING REIN ausgegraben. Für die hat es in den 60ies in USA nur zu 4 Singles gereicht, Material für eine ganze LP oder CD wäre vorhanden gewesen. Und das gibt es jetzt auf „Can’t get enough of it“. Pop der 60er, nahe an englischen Verwandten, aber auch die heimischen Bands gut beobachtet. So finde ich Anklänge an Sir Douglas und sein Quintett, besonders wegen der Orgel, etwas Iron Butterfly mit eingelegtem (kürzeren..) Schlagzeug-Solo und Harmonien, die mich an die Singles von Traffic erinnern. Im Sound nicht immer Audiophil, aber dafür umso mehr Charme und Herzblut. Macht von der 2. Runde an richtig Spass!


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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