Von Günter, 05.12.2018

DAVEY WOODWARD AND THE WINTER ORPHANS/ UGAGN/ AWKWARD I/ SARATHY KORWAR & UPAJ COLLECTIVE/ CAN YOU FEEL IT?/ CARSTEN EROBIQUE MEYER

Nicht ganz so wortgewaltig und auch harmonisch nicht so austrainiert wie der alte Robert Zimmermann und dennoch eine gelungene Songwriter mit Band CD haben DAVEY WOODWARD AND THE WINTER ORPHANS für das Tapete Label auf die Beine gestellte. Ganz und gar Old School, mit konventionellen Instrumenten und dem dazugehörigen mal mehr mal weniger Band-Sound. Dafür ist Davey‘s Stimme besser zu verstehen, als die vom Bob und im finalen Titel besingt er dann auch ‚Dylan’s Poster‘.

Es ist in den Nordländern, speziell Norwegen, auffällig mehr verbreitet, die eigene traditionelle Musik mit Zutaten aus anderen Kulturen und einer sehr modernen Spielweise in den aktuellen Klang-Kanon einzubeziehen. UGAGN verbinden auf ihrem „Vengjeslag“ anglo-amerikanische Singer/Songwriter-Schule mit heimischen Instrumenten und Melodien. Gezielt anti-hektisch und wohlklingend ohne das Ziel der Anbiederung.

Einer, der es auch ganz überzeugend mit Songs schreiben und Pop-Harmonien hat, ist Djurre de Haan, der als AWKWARD I firmiert. Sein „Kyd“ erinnert mich nicht zuletzt wegen seiner Stimme und der Art die Songs zu strukturieren an die beste Zeit von Supertramp. Keine ‚Strophe, Refrain..‘ Radio-Suppe für Antenne Münster, sondern fliegende Rhythmusänderungen, ausgetauschte Vordergrund Instrumente, Abwechslung innerhalb der Titel und dabei die Vielfalt und Umwälzung nicht übertreibend. Sehr ambitioniert, auf Menschen zielend, die zuhören wollen.

Ost und West gemeinsam

Das mit dem Zuhören wollen, besonders auch können, trifft für „My East is your West“, der live eingespielten Doppel CD von SARATHY KORWAR & UPAJ COLLECTIVE ganz besonders zu. Die 11 Musiker aus Ost (Asien) und West (Europa/USA) erforschen das Zusammenspiel westlicher Musikauffassung und östlicher Herangehensweise in der Nachfolge des sogenannten ‚Spiritual Jazz‘, wie er vorwiegend in den 60ern und 70ern durch das Einbeziehen östlicher Harmonien und Instrumente aufgeführt wurde. Titel von Don Cherry über Pharoah Sanders zu Alice Coltrane in Interpretation mit einem ganzheitlicheren Ansatz. In den 10 langen Exkursionen über vorgegebene Themen wechseln im Gruppenspiel die Improvisationen fliegend, die Sitar umspielt den Kontrabass, die akustische Gitarre gibt mediterrane Momente dazu, leise, langsam, kräftig, dynamisch, alles fügt sich zu einer süchtig machenden Reise durch einen möglichen Klang unseres Planeten. Ist um Klassen besser, als diese Zeilen!


Tramp beleuchtet die 70erund 80er

Einfacher jetzt. Die Archäologen von Tramp legen eine weitere Serie auf? Das Startmodell ist zumindest da. „CAN YOU FEEL IT?“ Modern Soul, Disco & Boogie 1976-86. Der Untertitel gibt schon vor, unentdeckte Perlen aus der ‚grossen Zeit‘ der Genres. Wer sich aus dem Stand an den Sound von Kool und seiner Gang, der Gap Band oder Hamilton Bohannon erinnern kann, ist hier genau richtig. Ein Name der 17 vertretenen Bands und Künstler ist mir bekannt, der Rest hat trotz erstklassiger Bläser, funkiger Arrangements und exzellenter Vokals bei uns nie die Oberfläche erreicht. Noch einmal grosser Dank an die Crew von Tramp, die trotz schwierigen Umfeldes in diesem Jahr mit einem fulminanten letzten Thema des Jahres den 40. Geburtstag ihrer Marke feiern.


Bunt und schräg wie die Serie

Den Tatortreiniger kennt vermutlich jede/r. Hat denn auch mal jemand auf die Musik in der Serie geachtet? Die stammt von CARSTEN EROBIQUE MEYER. Der tanzt erfolgreich in und durch die bundesdeutsche Musik-Szene. Jetzt gib es die CD mit 20 Titeln zur populären Serie. In der Instrumentierung mindestens so ausgefallen, wie Schottys Einsatzorte, ohne Begrenzung auf Genres, ohne Limit für Einfälle. Kein durchgängiges Konzept, sondern kurze Kabinett-Stückchen, die auch ohne Bild die jeweilige Stimmung des Geschehens kommentieren oder untermalen. Mit gezielten Reminiszenzen an bekannte Soundtrack-Schaffende 40 Minuten Kurzweil für Menschen mit Humor.


Archivtexte Ohrenschmauch

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