Von Günter, 19.12.2018

JAUNE TOUJOURS/ BABA & DJANA SISSOKO/ ONOM AGEMO AND THE DISCO JUMPERS/ ED BANGER 15 ANS/ BEARS OF LEGEND/ CARMINHO

Zu früh gefreut. Es geht noch 1 Ausgabe weiter! Also gibt’s auch noch neues Material auf‘s Ohr.

Americana sagt mittlerweile fast jedem/r etwas. „Europeana“ nennen die Belgier JAUNE TOUJOURS ihren ‚Gegenentwurf‘. Ihr Gemisch setzt sich zusammen aus diversen europäischen Einflüssen von Balkan bis Britannien plus Reggae- und Ska Rhythmen aus der Karibik. Für Melancholie ist in den 14 Titeln kein Platz. Rhythmisch raffiniert mit ebensolchen Bläser-Einsätzen und manchmal Zappa-esken unisono Riffs (nur langsamer…) wirbeln sie in mindestens 5 Sprachen durch das bunte Programm. Nix für den dezenten Hintergrund, dies ist eine Frontal-Attacke gegen Belanglosigkeit.

Mit einer furiosen Afrobeat-Nummer eröffnen BABA & DJANA SISSOKO ihr neues Werk „Fasiya“. Mit grossem Einsatz von Blasinstrumenten und Perkussion. Im Wechsel singen beide in ihrer Landessprache (Mali), teilweise in Englisch und lassen es vom 2. von 10 Titeln an insgesamt etwas langsamer angehen. Das gibt dem mit Jazz-Routine und diversen Instrumenten hantierenden Baba den erforderlichen Raum, musikalische Muster seiner Tradition mit Elementen aus Jazz und Blues anzureichern. Track 5 ist das beste Beispiel, eine ursprüngliche Melodie der Heimat mit bluesigem Verlauf und jazzigen Bläsern absolut organisch zu verbinden. Zur Krönung legt Djana ihre Gospel-getränkte Gesangsspur darüber. Worldbeat!

Afro-Psych-Kraut-Funk

Mit ihrem 3. Album sind ONOM AGEMO AND THE DISCO JUMPERS endgültig im Space ihrer Afro-Jazz-Psychedelic-Krautrock-Welt angekommen. Mit Disco hat die Combo wenig am Hut, auch wenn die Titel extrem tanzbar sind. Und Afrikaner sind sie auch nicht. Ein Produkt der Berliner Szene, das sich aus allen Genres dieser Welt bedient und diese zu meist sehr langen und präzise vorbereiteten Jams verarbeitet. Mit zusätzlicher energischer Sängerin und Schützenhilfe im perkussiven Bereich intonierten sie ihren hypnotischen Sound ohne elektronische Hilfsmittel (Synthi zählt nicht..) praktisch live im Studio, von Hand und analog. Deshalb ist „Magic Polaroid“ der richtig gewählte Titel, der Moment festgehalten, ohne die Chance, am Ende noch Manipulationen vornehmen zu können.


Jubiläum im Orchestermantel

Wer jetzt glaubt, mit „ED BANGER 15 ANS“ würde ich der bisher angezettelten Rhythmus-Orgie noch eins drauf setzen, der und die irrt. Zum 15. Firmen-Jubiläum hat sich Gründer Pedro Winter ein ganz besonderes Geschenk gemacht. Insgesamt 27 Tracks seiner erfolgreichsten Acts (Mr.Oizo, Justice, Breakbot, SebastAn..) hat er für diese Doppel CD im Orchester-Klang neu erfinden lassen und mit dem renommierten ORCHESTRE LAMOUREUX neu aufgenommen. Ohne Beats, ohne Elektronik klingen Justice und Co zwischen Wohlklang und Drama in dieser Version, wie Soundtracks zu imaginären Spielfilmen. Kein Gesang, keine Breaks, trotzdem absolut spannend, diese normalerweise glatt und gerade produzierten House- oder zumindest Tanztitel in der wuchtigen Intonation eines grossen Orchesters zu hören.


Die kanadischen BEARS OF LEGEND verwirklichen auf „A Million Lives“ ihre ganz spezielle Mischung aus Folk-Motiven, breit angelegten Pop-Songs und ein wenig amerikanischer Songwriter Tradition. Mit 7 Personen besetzt, die alle auf mehreren Instrumenten agieren können, gelingt ihnen ein vielseitiges Werk, das textlich zum grössten Teil von Liebe und Verlust handelt, der daraus resultierenden Melancholie jedoch mit deutlich positivem Engagement entgegentritt.

Fado der neuen Generation

Melancholie ist das Wort, Fado die Musik dazu. Wie kaum eine andere vertritt CARMINHO eine neue Generation von Fado-SängerInnen. Sie schreibt den grössten Teil ihrer Songs selbst, auf „Maria“, ihrem aktuellen Album, tritt sie zudem als Produzentin auf, umgibt sich mit exzellenten Begleitmusikern aus der Heimat und lässt sogar elektrische verstärkte Gitarren auftauchen. Aber sie betreibt keine ‚Fusion‘, bleibt der traditionellen Kompositionsweise treu und singt zudem auch noch ziemlich unnachahmlich. Sentiment pur.


Jetzt noch einmal: Allen Kolleginnen und Kollegen bei der na dann… und allen Leserinnen und Lesern entspannte Feiertage und ein gutes neues Jahr.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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