Von Günter, 17.04.2019

ABY VULLIAMY/ SENDECKI & SPIEGEL/ HANIA RANI/ BILL PRITCHARD/ LEE FIELDS/ ReFUNK

Eine echt individuelle Verbindung aus fast ambienten, lyrischen Songs und vitaler Jazz-Auffassung findet sich auf „Spin Cycle“, der Sängerin und Pianistin ABY VULLIAMY. Dabei ist die Bandbesetzung mit Posaune, Gitarre, Melodika und Harfe genauso eigenwillig, wie ihre Kompositionen. Exakt arrangierte Songs wechseln mit teils schroffen Klangbildern und improvisierten Passagen. Komplex und sehr interessant.

Zwei hochgelobte Musiker fusionieren für ein aussergewöhnliches Erlebnis mit Piano und Drums. Vladyslav Sendecki, nicht nur in BRD geschätzter Mann an den Tasten und Jürgen Spiegel, der Trommler und Perkussionist des Tingvall Trio halten musikalische Zwiesprache. Die reicht von eingängigen Harmonien über feingliederige Improvisationen zu dynamischen Ausbrüchen in Rhythmus und Lautstärke. Trotz der schmalen Besetzung beileibe keine dahin plätschernde Barmusik, sondern Spontanität, Spielfreude und ganz viel Energie. „Two in the Mirror“ist der Titel der CD von SENDECKI & SPIEGEL, die m/f sicher nicht im 1. Durchlauf voll erfassen kann. Wer die Chance hat, sie Live zu erleben, sollte diese nutzen und sehen und hören, wie sich die Grenzen zwischen diversen Genres und Klassik in Wohlklang auflösen.

Klavier im Alleingang

Eine Platte für Klavier Solo hat es in diesen Playlist-diktierten Zeiten wirklich schwer. Kein Grund für HANIA RANI sie nicht trotzdem zu machen. „Esja“ ist ihr erstes persönliches musikalisches Statement, nachdem sie bereits mit diversen Musikern und in verschiedenen Projekten mitgewirkt hat. In den 10 Miniaturen dieses Werks, zwischen mehr oder weniger spontanen Improvisationen und sorgfältig durchkomponierten Stücken zeigt sie sich als Sound-Malerin, die in passenden Klängen zu ihren Bildern im Kopf bei ihren ZuhörerInnen ebenso Assoziationen zu klassisch romantischer Klaviermusik wie auch phantasievolle Reisen ins eigene Innenleben weckt. Keine Demonstration des eigenen Handwerks, sondern ganz und gar dem Klang und dessen Wirkung gewidmet.


Alter Mann mit neuem Sound

Nur von Klavier und gelegentlich Streichern begleitet singt der Crooner im schäbige Anzug (Zitat) seine 13 „Midland Lullabies“. Das wievielte Album von BILL PRITCHARD dies ist, kann ich auswendig nicht sagen. Jetzt auf dem Hamburger Tapete Label angekommen, trägt er seine Texte auf eingängigen Melodien vor, die dem Ohr schmeicheln, mit ein wenig Schwermut und erkennbarer Altersreife. Auf Track 3 darf die Band etwas Druck machen, bevor er auf seiner Reise durch die Provinz wieder Stimmungen aufnimmt und sie in sein Werk aufnimmt.


Mindestens genau so alt und seinem Stil immer treu geblieben ist LEE FIELDS. Seit 50 Jahren singt er Soul. Sowohl sein Gesangsstil, als auch Instrumenten-Sound und Produktion sind tief in den 60ern verwurzelt. Er klingt nicht nach Motown, Stax oder Atlantic, sondern wie alle drei auf einmal. Im Tempo eher entspannt funky, ‚rollen‘ seine Songs aus den Lausprechern, ganz und gar auf seinen Gesang zugeschnitten und mit passenden Arrangements von kleiner Combo bis ‚full on‘ mit Bläsern und Hammond Unterstützung. Für DIY –Fans gibt es „It rains Love“ als Doppel CD, wobei die 2. Platte rein instrumental ist. Da kann der und die geneigte Soulmate sich daheim ausprobieren.

Funky Schweiz!

Das gab es auf dieser Seite noch nie: Eine Funk Combo aus der Schweiz. „Borderline“ ist zwar das Tonträger Debut von ReFUNK, aber unbeschriebene Blätter sind sie nicht. Schliesslich fungierten sie als Back-up Band für Pee Wee Ellis, spielten bereits in Montreux und liefern mit ihrer ersten CD ein erstklassiges Stück Soul und Funk ab. Generiert aus den bevorzugten Sounds der Band, von den R’n’B 60ern über den ‚Sound of Philadelphia‘ mit feisten Bläsern und funkigen Gitarren-Licks ziehen die Schweizer alle Register. Kleiner Wermuts-Tropfen: Hören und kaufen geht sicher nur übers Netz, eine Verbreitung in BRD ist (noch?) nicht geregelt. Trotzdem probieren!


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