Von Günter, 07.08.2019

LA TORRE IBIZA/ RED GOLD GREEN & BLUE/ TORA/ FILLIPPO GAMBETTA, CARMELA RUSSO, SERGIO CAPUTO/ ROSSELLA CAPPADONE

Sommerzeit – Ferienzeit, das Kulturgut lässt sich noch etwas Zeit mit dem ‚aus dem Versteck kommen‘, also zunächst mal etwas leichte Kost. Absolut chillig klingt es auf dem Sampler „LA TORRE IBIZA“, bereits Volume 3. Die Vorgänger sind unbemerkt an meinem vorurteilsbeladenen ich vorbei gegangen. Wenn ich auch bei ‚Ibiza‘ im Titel leicht zusammen zucke, hier hat jemand mit viel Gefühl für Spannung mit wenig Lautstärke und Sounds und Tracks, die einander ergänzen tolle Arbeit geleistet. Von Bill Laswell mit Jah Wobble zum Start bis Richard Torrance gegen Ende, dazwischen Lambchop, Tears for Fears (!) und sogar Swing Out Sister, kann die Titelliste beim Lesen etwas irritieren, wenn m/f sie hört, ist’s wie eine leichte Brise an einem heissen Tag.

Die nächste hat deutlich mehr Groove. Auf „RED GOLD GREEN & BLUE“ mischen anglo-amerikanische MusikerInnen bekannte Blues Tracks mit dem spezifischen Sound Jamaikas, genannt Reggae. Zu diesem Zweck holten sie diverse Big Names der Szene der Insel mit ins Boot (Sly & Robbie, Toots, Mykal Rose, Freddy McGregor u.a.) und zeigen mit grosser Lust und Hingabe, dass Blues und Reggae durchaus Gemeinsamkeiten haben, auch wenn die Strukturen auf den ersten Blick eher unterschiedlich scheinen. Mit dem richtigen Beat im Rücken, den erstklassigen SängerInnen und dem ein oder anderen Gitarren-Einsatz werden auch ‚Come on in my Kitchen‘ oder ‚Baby please don’t go‘ zu überzeugenden Reggae-Nummern.


TORA, Quartett aus Australien, legt mit „Can’t buy the Mood“ bereits sein 2. Album vor. Die vier produzieren all ihre Sounds elektronisch, erschaffen damit eine ziemlich eigene Variante Pop. Den einzigartig anmutigen Gesang (Danke, Sven) umspielen sie mit fein ziselierten Melodien, das harmonische Korsett wird dabei nicht zu weit gefasst, Stimme und textliche Aussagen bleiben das Zentrum. Erinnert mich in seiner Langsamkeit an James Blake, oder, für ältere Pop-Fans, an The Blue Nile. Es braucht keinen Radio tauglichen Ohrwurm um mögliche HörerInnen an das Album zu fesseln.


Ob oder wie gross sie ist, vermag ich nicht einzuschätzen, sehr aktiv ist sie auf jeden Fall. Die Rede ist von der italienische Musiker-Szene, die sich mit traditionellen Motiven und deren jazziger Interpretation beschäftigt. Hier schreibe ich über FILLIPPO GAMBETTA, CARMELA RUSSO, SERGIO CAPUTO. Im Trio mit Violine, Akkordeon und Gitarre lassen sie 10 mal musikalische Weisen erklingen, deren Abstammung erkennbar, die aktuelle Ausführung jedoch weit von Tradition entfernt ist. Schön, wenn m/f eine Folklore hat, die sich offenbar sehr gut für exzellente handwerkliche Exkursionen in variantenreichen und eingängigen Melodien und Rhythmen eignet.

Rossella Cappadone – Italienisches Temperament

Noch einmal Italien, dieses Mal mit (beinahe) traditionellen Werken aus Südamerika. ROSSELLA CAPPADONE singt, begleitet von Violine, Viola, Cello, Bass und Saxofon ausschliesslich Werke von Astor Piazzolla und Antonio Carlos Jobim. Das begründet den Titel „Dualidad“. Dieses kleine Ensemble spielt weder die Tangos noch die Bossas brav oder Kaffeehaus mässig. Sowohl Gesang als auch Instrumente frönen der Jazz geschulten Spielweise, selbst die eher klassisch klingenden Streicher liefern komplex geschachtelte Momente und korrespondieren flexibel mit der ausdruckstarken Stimme von Rossella. Stefano Bedetti am Saxofon verziert das Ganze mit emotionalen Einlagen. Italienisches Temperament gibt den wohlbekannten Titeln einen ganz anderen Kick!


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