Von Günter, 04.12.2019

DUKES OF STRATOSPHEAR/ KINSHASA 1978/ LESLEY KERNOCHIAN/ JEWISH MONKEYS/ NIAQUE

Psychedelic in 2 und Mehr-Kanal

Alter Hut mit neuer Krempe. Das ist nicht immer amüsant. Aber manchmal. In der 2. Hälfte der 80er nahm die äusserst erfolgreiche britische ‚New Wave‘ Band XTC unter dem Pseudonym DUKES OF STRATOSPHEAR zwei Alben auf. ‚25 O’Clock‘ und Psonic Psunspot‘ und huldigte mit ihnen dem britischen ‚psychedelic‘ Rock. Absolut analog und mit in den 80ern bereits als ‚vintage‘ betitelter Technik. Das war seinerzeit schon ein Vergnügen, jetzt gibt es ein Wiederhören unter dem Motto „Psurroundabout Ride“. Beide Alben in von Steven Wilson technisch überarbeiteter Version auf CD im Set mit einer BluRay in Audiophiler Qualität (PCM Stereo/ 5.1.Master Audio). Klingen auch in ‚nur‘ Stereo schon exzellent, aber das Beste sind die Songs. Wer alt genug ist, oder genügend Hörerfahrung hat, erkennt diverse Bands der kreativen 60er wieder. Hollies, The Move, die Beach Boys (nicht aus UK!) und natürlich die Beatles in ihrer psychedelischen Phase. Erstklassig komponierte Songs eine perfekt aufeinander eingespielte Band und ein Tontechniker, der keinen der damals möglichen Tricks auslässt um fremdartige Geräusche, Stimmen und Effekte zu einem auch heute noch frisch und unverbraucht klingenden Ganzen zu formen. Formidabel!


Afro-Tronic plus House-Beats

Noch etwas älter und für unsere Ohren ganz erheblich ungewohnter kommt „KINSHASA 1978“ daher. Sessions, die bereits 1978 aufgenommen und auf LP veröffentlicht wurden, dokumentieren die vielleicht erste elektronisch erzeugte / unterstützte Musik Afrikas. Jahre später fand sich dafür der Ausdruck ‚Congotronics‘. Die hat das Label Crammed Discs jetzt ‚neu‘ ausgegraben und vom DJ Martin Meissonnier überarbeiten, ‚rekonstruieren‘, lassen. Als Set aus LP und CD jetzt auf dem Markt. Die LP enthält die Neubearbeitungen und die CD mit den Original-Vorlagen. Diese sind beredtes Zeugnis für den kreativen Einsatz der zu der Zeit noch sehr begrenzt tauglichen Elektronik. Imitation von Perkussion, flinke Tonfolgen, die an Gitarren-Linien erinnern und verfremdete Stimmen. In der ‚Rekonstruktion‘ wird der flirrende Rhythmus durch satten House-Beat kanalisiert, zusätzlich wenige Samples aus anderen Vorlagen. Jeweils 4 Tracks, davon je 2 über 15 Min. lang, im Original minimalistisch bis hypnotisch, in der neuen Version absolute Tanzflächen-Füller, die den euro-amerikanischen Trap, HipHop und R’n’B Stereotypen problemlos den Rang ablaufen können. Also: Die Originale für Afro-Freaks, die Rekonstruktionen für die ganze Welt!


Wunderbar melodiöse Songs schreibt LESLEY KERNOCHIAN. Eine tolle und variable Stimme hat sie dazu auch noch und bewegt sich mit ihrem 2. Album „The Hummingbird Revolution“ zwischen entspannten Country-Rhythmen und zarten Folk-Balladen. Mit erstklassigen Begleitmusikern und dem Charakter der Stücke gekonnt angepassten Arrangements gelingt ihr ein entspanntes Album mit eingängigen Songs, deren Struktur und Inhalt keineswegs alltäglich sind.

Das hatte ich bisher noch nie auf dem Tisch. Die JEWISH MONKEYS bieten auf „Catastrophic Life“ erstklassigen Klezmer-Punk. Ska- Rhythmen, Funk-Riffs und andere Leih-Objekte vermischen sie mit Klezmer-Melodien und leichtem Balkan Touch. Durchaus etwas schräg, aber geradlinig vorwärts ohne Tabu in Wort und Klang. Das fehlte mir auf dem Sektor bisher.

Feingestimmtes Quartett

In fulminantem Schwung starten NIAQUE ihre erste CD, quasi als ‚all das könnten wir jetzt fortsetzen und steigern‘, um dann in gesetzteren Tempi ihre Qualitäten an den Instrumenten (Sax, Git., Bass, Drums) durchscheinen zu lassen. In feinem Wechsel- und Zusammenspiel von Saxofon und Gitarre entwickeln die Stücke bei fliegend wechselnden Rhythmen eine ungewohnte Zartheit. Bass und Drums bilden die flexible Basis auf der auch Flitzefinger Gitarrenläufe und lange Saxofon-Linien absolut zielsicher ausgeführt werden können. „Awake ist dritte sehr gelungene CD des Labels in kurzer Zeit. floatmusic.de, Lohnt sich mal rein zu hören und - zu schauen.


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