Von Günter, 08.01.2020

ç DEAD SOUTH/ O.T.T.O./ ACID ARAB/ BEN MOLATZKI/ ITASCA/ BLAY AMBOLLEY

Herzlich willkommen in 2020! Aber auch dieses Jahr wird nicht genügend Wochen haben, um all das, was auf meinem Schreibtisch landet, pünktlich abzuarbeiten. Deshalb fülle ich die 1. Ausgabe des Jahres nicht mit persönlichen Favoriten aus 2019, Leser-Polls und vergleichbaren Seitenfüllern, sondern schreibe munter drauflos über Musik, die noch vor dem Jahreswechsel veröffentlicht wurde.

Für die Statistik: Das erste Album des Stimmen-Quintetts ZAP MAMA „Adventures in Afropea“(1991) gibt es seit ein paar Wochen erstmals auch als LP. Für Aktienkäufer wegen extra kleiner Auflage wohl ein Blue Chip.

Für ihr bereits 3. Album verzichtet FEMME SCHMIDT fast ganz auf konventionelle Instrumentierung. Stattdessen hat sie für „The Luv Project“, zusammen mit Unterstützer Nikolai Potthoff eine eher Lo-Fi mässige Stimmung geschaffen, in der sie ihre gesanglichen Qualitäten voll ausspielen kann. Ist mit 7 Tracks und knapp 25 Minuten jedoch eher kurz.

Auf seinem bereits 14. Album klingt SIMON JOYNER extrem melancholisch bis desillusioniert. Kleine Geschichten aus dem privaten Bereich mit vollständiger aber zurückhaltender Bandbegleitung, manchmal im Tonfall des mittsechziger ‚Zimmermans‘ mit ernsten Themen in angemessenen, gelungenen Arrangements.

Auf dem dritten Album mischen The DEAD SOUTH ihrem sehr speziellen Bluegrass Sound (ohne Geige..) eine erkennbare Portion Blues plus beinahe Oldtime jazzige Klänge und Rhythmen bei. Virtuos an den Instrumenten, gut einstudierter Harmonie-Gesang und eine gesunde Themenbreite in den Songs dürfte „Sugar & Joy“ auch über den Hillbilly Tellerrand hinaus Freunde schaffen.

Bei O.T.T.O. (Over the Top Orchester) bin ich nicht sicher, ob das unbetitelte Album nicht als Scherz aufgefasst werden soll. 70er Jahre Heimorgel mit eingebautem Bass und Rhythmus ist die Basis, auf die die beiden Macher Klänge anderer Tasten-Instrumente schichten. Ähnlichkeiten mit Kraftwerk, Jarre und Popcorn sind im selbst gewählten Genre Orgeldisco sicher nicht zufällig. Aber Humor muss m/f dafür schon haben…

…goes Massive

Tiefbassige elektronische Beats bestimmen „Jdid“ von ACID ARAB. Für das 2. Album experimentieren sie deutlicher mit den Klängen der westlichen Elektronik, versäumen es jedoch nicht, spezifische Harmonien, Gesang und Instrumente des Mittleren Ostens wie selbstverständlich einzubauen. Ob im schwerfälligen Groove à la Massive oder im flotten 4-to–the-Floor. Zwischen faszinierend und hypnotisch.


20 bislang und in dieser Form unveröffentlichte Songs des namibischen Liedermachers BEN MOLATZKI finden sich auf „No Way to go“. Ganz und gar pur, nur von seiner Gitarre begleitet singt er seine politische Botschaft. Sein Vortrag ist eher sanft und zurückhaltend. Im Booklet nachzulesen in seiner Landessprache und in Englisch.

Auf der Spur von Mazzy Star?

Dass bei ITASCA’s „Spring“ augenblicklich eine Verwandtschaft mit Mazzy Star in den Sinn kommt, ist kein Wunder. Zeitlupenhaft und betörend bewegt sich Kayla Cohen’s Stimme auf den langsamen Rhythmen und verfeinert die von kleiner Band mehr oder weniger akustisch umgesetzten Melodien. Absolut unaufdringlich aber genauso fesselnd.


Afro beats vom Feinsten

„11th Street, Sekondi“ bezeichnet nicht nur die Strasse in der er in Ghana vor 72 Jahren geboren wurde, sondern ist auch der Titel der aktuellen CD von BLAY AMBOLLEY. Mit sonorer Stimme trägt er seine Botschaft vor und wird dabei begleitet und unterstützt von einer Band, die sich in den unterschiedlichen Stilen zwischen High-Life und Afrobeat schlafwandlerisch sicher bewegt. Produziert im eigentlich immer relaxten Sound des agogo Labels, wo m/f weiss, wie ein entspannter Groove ohne Krampf und Tricks in exzellente Hör- UND Tanzmusik umgesetzt wird.


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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