Von Günter, 22.01.2020

CORRIDOR/ FAT FREDDY’S DROP/ BUDDY RICH/ JAZZ DEFNDERS/ LIUN AND THE SCIENCE FICTION BAND

Frisch, fromm, fröhlich, frei..

Die Geschichte der Pop-Musik wird deshalb wohl nicht umgeschrieben, aber mit ihrem 3. Album haben die kanadischen CORRIDOR ein unbedingt frisches Gitarren-Pop Album abgeliefert. In klassischer 2 Gitarren, Bass, Schlagzeug Besetzung mit wenigen Sprengseln anderer Klänge verwandeln sie auf „Junior“ mit 10 Songs in 39 Minuten trübe Januartage draussen in sonnengefülltes Sommergefühl. Gerade noch schielten 60ies Garagenklänge um die Ecke, schon sind 80er Anleihen zu spüren und die Jahrzehnte dazwischen und danach bleiben auch nicht unzitiert. Hall-geschönter Gesang, griffige Riffs und gerade Tempi. Sie singen französisch, ich verstehe nur wenig, aber das tut dem Vergnügen an diesem kurzweiligen Tonträger keinen Abbruch. Übrigens auf Sub Pop…


Unwiderstehlicher Groove

Rechtzeitig zur nächsten Tournee, die auch einige Auftritte in D’land vorsieht, gibt es ein neues Werk von FAT FREDDY’S DROP. „Special Edition Part 1“ ist die Vorbereitung, der 2. Teil wird nach der Tour kommen. Das negativste, was ich dazu sagen kann ist, sie haben sich nicht wirklich verändert. Der Sound basiert nach wie vor auf fetten Reggae-Beats, knappen Bläser-Figuren, nicht zu viel Gesang und geschickt und effektiv eingesetzte Dub-Effekte. Eine Hälfte der 6 Tracks mehr oder weniger komponiert, die anderen 3 aus Jams, die sie auf Tournee aufgenommen haben. Rhythmisch nicht wirklich komplex, dafür aber mit dem typischen, unwiderstehlichen Groove unterlegt. Leider ist der Spass nach 35 LP freundlichen Minuten schon vorbei.


Mordsmässiger Groove findet sich auch hier, allerdings von einem ganz anderen Punkt des Spielfelds aus. „Just in Time-The final Recording“ aus dem Jahr 1986 zeigt den vielleicht besten Drummer aller Zeiten, BUDDY RICH, mit seiner Big Band Live im Ronnie Scott’s. 4 Trompeten, 3 Posaunen, 5 Saxofone plus Piano und Rhythmusgruppe, trotz grosser Mannschaftsstärke kommt keiner der Beteiligten zu kurz. Gepfefferte Bläsersätze, emotionale und inspirierte Soli mit einem Bandleader, der trotz anerkannter Meisterschaft nicht den Vordergrund für sich beansprucht. Mehr als eine Stunde erstklassiger Big Band Jazz auf CD und DoLP. Für unbedingte Fans gibt es eine Sonderauflage mit je einem Tonträger mehr, 30 Minuten extra, und da gibt’s dann auch ein ausgiebiges Drum-Solo.

Welchen Stil die britischen JAZZ DEFENDERS auf ihrem „Scheming“ verteidigen, ist nach wenigen Takten erkannt. Den ‚typischen‘ Blue Note Sound der 50/60er kopieren sie nicht, sie erfinden ihn für sich neu. Mit Trompete, Sax, Piano/Orgel und Rhythmusgruppe zelebrieren sie im Wesentlichen klassischen Hard Bop mit feinen Riffs, melodiösem Zusammenspiel und exzellenter Solo-Arbeit. Einprägsame musikalische Themen schütteln sie scheinbar aus dem Ärmel, da braucht es keinen Text zwecks Wiedererkennung.

Unangepasst, spannend

Für diese hier fällt mir keine passende Schublade ein. Lucia Cadotsch mit Stimme und Wanja Slavin als Multi-Instrumentalist und Beat-Bastler bilden zusammen LIUN AND THE SCIENCE FICTION BAND. Wobei seine Beats oft eher zu abstrakt neigen, mal tief wie Massive oder wie abgestripter 80ies Synthi-Pop. Die Herangehensweise ist klar Jazz, auf diesem Feld bewegen sich beide sein langem, trotzdem wirkt „Time Rewind“ nicht theoretisch oder ausgedacht. Strukturen ändern sich, seine diversen Blas-Instrumente treten als solche nicht auffällig in Erscheinung, sondern setzen (verfremdet) Akzente, füllen freie Räume zwischen den Beats, die ohnehin nicht den gesamten Track lang gleich bleiben. Dazu singt sie klar, kühl, nicht emotionslos, gibt damit dem gelegentlich düsteren Hintergrund einen ganz anderen Dreh. Absichtlich unangepasst, spannend.


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Günter Günter

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