Von Günter, 29.01.2020

YILIAN CANIZARES/ GILL LANDRY/ FIELD MUSIC/ STEFAN GRASSE/ RUSTY STONE/ GEORGIA

Musikalisches Abenteuer

Eine so vielseitige und variabel instrumentierte und arrangierte CD habe ich schon länger nicht gehört. YILIAN CANIZARES zeigt auf „Erzulie“ eine Bandbreite an musikalischem Ausdruck, dass ich nur erstaunt die ‚Repeat‘-Taste drücken kann. Beginnt mit kubanisch in Zeitlupe, doch schon der nächste Track ist ein beinahe irischer Jig, der von Jerry Goodman und dem Mahavishnu Orchestra stammen könnte. So bunt geht es auch weiter, düsterer Rock, überzeugende Balladen und regelmässig Sprengsel von Musik anderer Kulturen, die ihre Band gekonnt umsetzt, alles verbunden und zusammengehalten von ihrem ungewöhnlichen Gesang. Grosses Abenteuer auf kleinem (12cm) Durchmesser.


Ein wenig J. Cash

Angeblich gibt’s von ihm schon 10 oder sogar mehr Platten, bisher hat es noch keine von denen in meinen Player geschafft. „Skeleton at the Banquet“ heisst das neue Werk von GILL LANDRY. Feine amerikanische Roots Musik von einem schon lange erwachsenen Singer / Songwriter. Er schafft mit den bekannten Zutaten, kleine Band, bis auf die Steel Gitarre akustisch, unkomplizierten Harmonien und wohlüberlegten Texte ein Bündel meist etwas melancholischer Songs. Dabei erinnert seine Stimme immer mal wieder an den noch nicht so alten Johnny Cash.


Bei der folgenden hat der Waschzettelschreiber (die?) Beatles, XTC, Pink Floyd und Queen als Impulsgeber identifiziert. Ist etwas weit hergeholt, Supertramp fehlt noch sage ich. Da ist was dran, aber eigentlich belanglos. Wer kann in 2020 neue Pop-Musik mit konventionellem Instrumentarium erfinden, der m/f nicht irgendwelche Verwandtschaften andichten kann. FIELD MUSIC geben sich auf „Making a new World“ allergrösste Mühe, sich deutlich zu unterscheiden vom Gros der Mitbewerber. Erkennbar ist ihre Liebe zum Bandsound der 70er. Zu den geliebten Rhythmuswechseln und Variationen im Gesang passen die Themen der Jetztzeit jedenfalls ausgezeichnet. Und mit 19 Titeln auf LP oder CD werden davon eine Menge behandelt.

In regelmässigen Abständen veröffentlicht STEFAN GRASSE neue Alben. Meist seinem aktuellen Live Programm entsprechend, manchmal mit Begleitung, oder wie „Tales of an Odyssey“ ganz im Alleingang. Lediglich auf dem letzten Song hat er als Gast den Flötisten Haruko Nakajima dabei. Auf seiner Nylon-Saiten Gitarre führt ihn diese Reise von brasilianischen Choros über argentinische Tangos und Anleihen aus der klassischen Musik bis zum finalen ‚Desert Song‘. Entspannt und absolut gekonnt, leicht romantische Gitarrenmusik für Freunde dieses Klangs.

Ebenfalls ganz im Alleingang, jedoch erheblich rustikaler klingt „Farewell“ von RUSTY STONE. Auf diversen akustischen Gitarren, alle im Booklet genau benannt, huldigt er der amerikanischen Folk- und Roots-Musik. Zwischen Klassiker des Genres, von Blind Willie Johnson, Doc Watson, Willie Dixon und natürlich Robert Johnson mischt er eigene Geschöpfe, auf Dobro, LapSteel, Resonator oder Mandoline. Perfekte Visitenkarte mit kurzweiligen Songs.

.sucht den Kick.

Hier mal was für jüngere Leute, von denen ich gar nicht weiss, ob sie diese Seite überhaupt lesen. GEORGIA ist eine von den Aufsteigerinnen, deren Erfolg vornehmlich in Klicks und Followern gemessen wird. Ist aber für die CD irrelevant. Moderne Club-Musik, basierend auf Synthi-Sounds der 80er und den entsprechenden ‚Garage‘-Klängen und –Rhythmen im gemässigten House-Tempo. Zwischendurch etwas Pogo-Disco, Sprechgesang auf geradlinigen Drum-Programmen und gelungene Balladen. Ältere Semester werden hierin viel Vergangenheit hören, ihr Gesangsvortrag auf „Seeking Thrills ist davon weit entfernt, selbstbestimmt, -bewusst und mit kräftiger, vielseitiger Stimme präsentiert sie die Themen, die sie bewegen überzeugend.


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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