Von Günter, 05.02.2020

ANALOG-FREUNDE/ SPUI‘ MA NOVAS/ CHRISTOPH BECK QUARTETT/ YELENA ECKEMOFF/ DELEYAMAN/ JANA HERZEN

Am Freitag, den 7.2. treffen sich die Analog-Freunde zum ersten Mal in diesem Jahr. Wie immer in der Boheme Boulette, wie immer ab etwa 20h und wie immer bleibt es relativ familiär, auch wenn die Teilnehmer sich auf Neuzugänge freuen.

World Music aus Bayern…

Fast eine reine Familien-Angelegenheit: Stefan Staudingers Band SPUI‘ MA NOVAS besteht aus seiner Frau, 2 Söhnen und Freunden. Er komponiert, sucht und findet in alten Liedersammlungen seine kleinen Schätze, die er ergänzt und mit Combo arrangiert und in ganz neue Zusammenhänge packt. Nix Bierzelt oder Schuhplattler, zu Drehleier und Bandoneon gesellen sich E-Gitarre, Saxofon, Drums und Stückweise sogar Darbuka und Oud. So entsteht eine Melange, aus der sowohl die Tradition herausschmeckt, als auch auswärtige Rhythmen, die im Bedarfsfall sowohl Paartanz- als auch Bauchtanz-Vorlage sein können. Solch ein interessantes „Kaleidoskop“ stammt meist aus dem Süden, da sind wir Nordlichter etwas hinten an. Oder? Belehrt mich eines Besseren!


Ganz ausgezeichnete Instrumental-Arbeit präsentiert das CHRISTOPH BECK QUARTETT auf „Still Tryin“. Sax, Piano, Bass, Drums, kein Netz, kein doppelter Boden, sondern gut trainiertes intelligentes Handwerk. Sei es in gemeinsamen Solo-Ausflügen, gut gesetzten Unisono-Linien oder knackigen Rhythmuswechseln. Tempo können sie sehr gut, in den Balladen zeigen sie ihre wahren Stärken. Dezent perkussives Schlagzeug, fliessende Klavierklänge, ein beinahe singender Kontrabass und der namensgebende Saxophonist so Melodie-verliebt, dass ich sofort an Paul Desmond denken muss.

15 Platten in 10 Jahren ist eine ordentliche Bilanz. „Nocturnal Animals“, die aktuelle CD von YELENA ECKEMOFF ist noch dazu gleich eine doppelte. In 14 ‚Fantasien‘ versucht sie mit ihrem klassisch ausgebildeten Klavier-Spiel das Wesen dieser Nachtaktiven zu erfassen. Das maximal mittlere Tempo verlässt sie weder für die Fledermaus noch für die Klapperschlange. Extra auffällig ist die Band. Neben Arild Andersen (Bass) und Jon Christensen Drums), die den Freunden von ECM schon sehr lange positiv im Ohr Klingen, gibt es als 2. Drummer den, im Vergleich, Nachwuchsmann Thomas Stronen. Diese beiden harmonieren, ergänzen sich, als spielten sie aus einem Bauch.

Was lange währt…

Zurück in Gefilde, in denen ich mich etwas sicherer bewege. DELEYAMAN sind angeblich bereits seit dem Jahr 2000 aktiv, aber bislang unbemerkt an mir vorbei gekommen. Mit „Sentinel“ ändert sich das gewaltig. Gleich im 1. Monat ein echtes Highlight. Über 10 Tracks hinweg strahlt das Album Ruhe und Bewusstsein aus in einer Stimmung, wie beim späten Cohen. Abwechselnd oder gemeinsam gesungen, in Englisch und Französisch, von Mann und Frau und neben den ‚üblichen‘ Instrumenten mit Duduk, Bouzouki und Cimbalon ausgestattet erzeugt der Sound eine unterschwellig mediterran-arabische Stimmung ohne dabei das Rock/Pop-Idiom aus den Augen zu verlieren. Diese Klänge atmen Gelassenheit, sind sie doch das Destillat aus besagten 20 Jahren er-Leben und Entwicklung.


Die Chefin singt selbst!

Zum Schluss eine grossartige Singer/Songwriter-Platte, die in den Läden (wo es noch welche gibt) sicher unter Jazz versteckt werden wird. JANA HERZEN ist die Chefin des Motema Labels, das unter vielen anderen z.B. Gregory Porter populär machte. Für „Nothing but Love“ hat sie sich die Zeit genommen mit ein paar ‚alten Herren‘ aus ihrem Umfeld (Charnett Moffett, Brian Jackson, Mark Whitfield und Scott Tixier) ein Dutzend Songs, die sie im Verlauf der letzten Jahre geschrieben hat, auf Tonträger zu bannen. Sie spielt Gitarre und singt, wie der Titel vermuten lässt, über Liebe in unterschiedlichsten Varianten und Stimmungen. Lockere Reggae Grooves, irische Geigenklänge, poppige Harmonien und Rhythmen, Latin- oder Afro-Tempi und zwischendurch Songs, die eine erkennbare Liebe zum Werk Joni Mitchells durchscheinen lassen. Kein Pop-Sternchen für die nächsten 48 Stunden, sondern Songs und Musik, die ihre wirkliche Klasse erst nach langem Gebrauch entfalten.


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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