Von Günter, 12.02.2020

KETIL BJORNSTAD/ JOHANNES KIRCHBERG/CALIBRO35/ RUMBARISTAS/ MATTHIAS BUBLATH EIGHT CYLINDER BIG BAND/ JOE GIDEON

Heute zu Beginn etwas feierlich. „The Beginning – and the End“ ist die letzte CD in der Reihe seiner Veröffentlichungen zur Feier seines 50. Jubiläums als Pianist. Nur 2 Monate nach der Aufnahme seines ‚The World I used to know‘ in den Abbey Road Studios buchte KETIL BJORNSTAD das Rainbow Studio in Oslo (siehe auch ECM), um das Finale Werk der Reihe einzuspielen. Piano Solo, Erinnerungen, Lieblingsstücke, Werke die für ihn wichtig waren und sind plus eigene Kompositionen. 70 Minuten besonnene mehr oder weniger Improvisationen auf 19 Tracks verteilt, von Bartok bis Zawinul, von Chopin bis Wolfgang Richter. Ein weit gefasster Einblick in seine musikalische Welt und praktisch nebenbei eine CD mit absolut entspannter Klavier-Musik.

Liesse er sich nur vom Klavier begleiten, ginge seine „Testsieger“ Platte ohne Protest auch unter Kabarett durch. JOHANNES KIRCHBERG will mehr. Mit voller Band, Orchester und fetter Produktion. Eingängig, humorvoll, gut gereimt und kritisch gedacht, aber musikalisch für mich nicht tiefgründig genug.

B-Movie psychedelic Funk’n’Soul?

Für CALIBRO35 muss ich mir noch ein passendes Genre ausdenken. Kennen gelernt habe ich sie als leicht Retro-Funk/Soul-Band. Das neue Werk „Momentum“ greift jedoch viel weiter. Rhythmisch ausgebufft, an den Instrumenten vielseitig, auf 2 Tracks um Sängerin oder Sänger ergänzt ist meine überwiegende Assoziation B-Movie(Krimi) Musik. Raffiniert gesetzt, abwechslungsreich, manchmal gar etwas psychedelisch und deshalb auch ohne Bild unbedingt spannend.


Eine ganz eigenwillige Mischung World-Music bieten die RUMBARISTAS. Zu viert schaukeln sie ihr Album ohne Titel durch die Karibik (vorwiegend Kuba), lassen zwischendurch in Arrangement und Melodieführung ihre derzeitige Wahlheimat Europa (Belgien) durchscheinen. Mariachi-artige Trompete, Kastagnetten, Akkordeon, etwas Italien, Balkan und einiges, das ich gar nicht definitiv zuordnen möchte. Sie wissen ihre 12 Instrumente plus Gesang, effektiv einzusetzen und kreieren aus diesen Zutaten 40 leichtfüssig-schwungvolle Minuten mit Ohrwurm verdächtigen Melodien.

Der 8 Zylinder schnurrt und spurtet!

Und noch einmal was ganz anderes bringt die MATTHIAS BUBLATH Eight Cylinder Bigband“ auf diese Seite. Mit 4 Trompeten plus Gaststar Takuya Kuroda, 5 Saxofonen und 4 Posaunen plus Gitarre, Bass, Drums ist die Band wirklich ‚big‘ und dann kann, nein, muss m/f noch den Namensgeber an der Hammond Orgel dazu addieren. Zu hören gibt es Grooves diverser Abstammungen, von Blues und Gospel, Funk und Soul zu Latin-Rhythmen. Komplexe Arrangements, knifflige Rhythmuswechsel, feine Balladen, dazu auf den Punkt gesetzte Bläser und Solisten mit perfektem Handwerk und ganz viel Herz. Und keine fremden Federn, alle Titel für diesen 8 Zylinder von Herrn Bublath selbst komponiert.


Auf der Spur von Nick Cave

Mir war sein Name kein Begriff, obwohl der Waschzettel behauptet, Alben seiner Vorgänger Projekte seien von renommierten Magazinen und Radiosendern mit viel Lob versehen worden. JOE GIDEONs „Armagideon“ erinnert mich ganz kurz gesagt an Nick Cave zu seiner ‚Murder Ballads‘ Zeit. Inhaltlich war Joe sicher nie weit von dem genannten weg, aber wesentlich für seinen aktuellen Sound ist sicher Jim Sclavunos, der das Album produzierte und Schlagzeug spielte. Die Stimme nicht so sonor und bestimmend wie Nick, dafür melodisch etwas flexibler, jedoch nicht an Schönklang interessiert. Spröde Gitarren, krachende Drums in Songs die statt Harmonien zum Mitsingen mit ihren Themen zu Auseinandersetzung auffordern. Ab dem 2. Durchlauf trotzdem sehr eingängig. Tipp!


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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