Von Günter, 04.03.2020

DAVID WALTERS/ HANS ANSELM BIG BAND/ DAN ROSENBOOM/ SAXOPHONES/ STAFF BENDA BILILI/ OMAR/ ROBIN McKELLE

Ja nä, is‘ klar, drei Sonnenstrahlen machen noch keinen Sommer. Aber hier kommt schon die erste Musik für aufkommende Frühlingsgefühle. DAVID WALTERS als Sänger mit Partner Bruno ‚Patchworks‘ Hovart, der alle Titel komponierte und sämtliche Instrumente einspielte. Sie beschreiben ihre Musik als ‚Creole Soul‘ und setzen sie zusammen aus diversen karibischen Stilen, Calypso, Soca, Zouk, Kompass, dazu ein wenig Funk, eine Prise Reggae und etwas Afrika im Blut. Genauso bunt, lebensfroh und tanzbar kommt sie aus den Lautsprechern.

Es gibt ihn gar nicht, aber unter diesem Umstand hat er eine ganz schön grosse Truppe versammelt. Die HANS ANSELM BIG BAND liefert mit ihrem „Liquid Circle“ die 81. Folge in der Jazz Thing New Generation Reihe. Im Gegensatz zu Matthias Bublaths 8 Cylinder fokussiert sich dieser Klangkörper weniger auf den Groove, als vielmehr auf Atmosphären und vielstimmige Melodieführung. Die beiden Gründer, Anna Wohlfahrt und Benedikt Schnitzler, lassen klassisches Kompositions-Training durchscheinen, bewegen die 18 MusikerInnen durch Minimal-Musik Terrain über lyrische Passagen zu freier Improvisation und druckvollem Tempo. Die Bandbreite reicht von jazziger Kammermusik bis zu komplexen Riff-Konstruktionen, wie sie auch King Crimson gern aufführt.

Mit erheblich mehr Vehemenz geht es auf DAN ROSENBOOMs „Absurd in the Anthropocene“ zur Sache. Mit genauso vielen Mitwirkenden, wie die vorgenannte Big Band, allerdings nie alle gleichzeitig. Er manövriert seine meist 5er oder 6er Combos durch virtuose Improvisationen, kantige Riffs und gelegentlich trickreiche Rhythmen. Bebop trifft auf den Mahavishnu?

Ab morgen (Freitag) gibt es das neue Album der SAXOPHONES. „Eternity Bay“ macht genau dort weiter, wo das vergangene Album viel zu früh aufhörte. Minimalst instrumentierte, melancholische kleine Lieder über den Zustand der Welt und des eigenen Ichs. Meist traurig, aber wunderschön.

Im Rollstuhl um die Welt

Ganz andersherum, ziemlich glücklich und lebensfroh präsentiert sich STAFF BENDA BILILI auf dem 3. Album. Besonders, weil 6 der Musiker- /SängerInnen im Rollstuhl sitzen. Das tut ihrem optimistischen Mix aus Highlife, kongolesischer Rumba und anderen afrikanischen Spezies keinen Abbruch. Alles, was diese Musik auszeichnet, quirlige Gitarrenlinien, vielhändige komplexe Perkussion und der emotionale Gesang, sowohl solo als auch im Chor, findet sich auf „Effacer le Tableau“.


Ain't nothing like this!

Eine ‚Greatest Hits‘ macht keinen Sinn, so viele Hits (in den Charts) hatte OMAR bei uns nicht. Deshalb gibt es als Überblick über seine über 30 Jahre laufende Karriere jetzt „The Anthology“. Gleich als Doppel CD, denn von seinem Durchbruchs-Erfolg „Ain’t nothing like this“ bis hin zu 2 bislang unveröffentlichten Tracks zeigt dieses Doppel seine Vielseitigkeit als Komponist, Sänger und Musiker. M/F beachte besonders die vielen ‚Teamworks‘, von Bobby Womack über Stevie Wonder zu Carleen Anderson zu Erykha Badu. Für Soul-Fans eigentlich unverzichtbar.


Schönes Wiederhören

Der Gedanke ist richtig: Wir können doch nicht noch weitere 100 Jahre immer die gleichen Standards (meist aus 1930-60) neu interpretieren. Das sagte auch schon Howe Gelb mit seinem Album „New Standards“, die er nicht nur, aber besonders für die zahlreichen Sinatra Impersonatoren dieser Welt neu schuf. ROBIN McKELLE bringt dazu jetzt ihre Version in Form von „Alterations“. 10 Pop Klassiker, von Amy Winehouse zu Adele, von Dolly Parton zu Joni Mitchell, Carole King und Sade, alle Titel von Frauen verfasst, haben sie und ihre Band in jazzige Arrangements umgearbeitet. Mit viel Feingefühl in der Instrumentierung und einer ausdrucksstarken, vielseitigen Sängerin ihres Kalibers macht das Wiederhören vom Radio beinahe ‚totgespielter‘ Welterfolge in dieser Form grosses Vergnügen. Welcher Club, welche Kneipe gibt solch feiner Musik Öffentlichkeit?


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

Beiträge 2020