Von Günter, 03.06.2020

IRIE MIAH AND THE MASSIVE VIBES/ JENS BÖCKAMP FLOW QUARTET/ HAGGIS HORNS/ LETTUCE/ LJODAHATT

Reggae aus der Domstadt

In der letzten Woche schloss der Text mit dem neuen Album einer ‚Local Lady (Ute Lemper) in dieser Woche gibt es Neues von ‚Local Lads‘. Vor fast genau einem Jahr feierten IRIE MIAH AND THE MASSIVE VIBES ihr 20. Jubiläum mit einem ‚Heimspiel‘ im Hot Jazz Club zusammen mit einigen musikalischen Gästen. Dieses Ereignis gibt es auf CD. Und auf der ist alles drauf, die erfolgreichsten Titel aus der langen Karriere, ‚Conscious Reggae‘, selbst komponiert, ein paar Favoriten aus dem ‚Reggae-Back-Katalog‘ von Marley oder den Abyssinians, natürlich Dr. Ring Ding, die Melodica von Herrn Pablo, die typischen melodischen Bläser-Linien und ganz viel feine Roots Riddims. Anlass für die jetzige Erwähnung ist die „Dub Conference“ LP, auf der sich 10 Titel aus Irie Miahs Schaffen in Dub-Versionen, angefertigt von Freunden aus der Szene, finden. Dazu mehr, sobald ich sie gehört habe. Beide Tonträger sollten im lokalen Tonträger-Fachhandel (Green Hell) zu finden sein. Ansonsten Beschwerde an Iriemiah.de.


ZU einem ganz anderen Minderheiten Programm. Das JENS BÖCKAMP FLOW QUARTET spielt Jazz. Zwischen Modern und Free. Zu der agilen Rhythmusgruppe gesellt sich neben dem Namensgeber am Sax als vierter Mann ein Vibrafonist. Neben den freieren Eskapaden findet Herr Böckamp erstaunlich schöne Melodien und das Vibrafon bringt, so gespielt wie von Herrn Peters, zusätzliche Klangfarbe in die 8 Eigenkompositionen von „Into the Zone“.

Das Solo Album des Trompeters ist gerade erst ‚durch‘, hier kommen die kompletten HAGGIS HORNS. Was vor mehr als 20 Jahren als Horn Section, nicht nur für britische Soul Heroen, begann, hat sich mittlerweile zu Album Nummer 5 ausgewachsen. Lange dabei heisst nicht ruhig werden. Funky bis in die Haarspitzen, arbeiten sie sich an ihren früh 70er Vorbildern ab, JB’s, Blackbyrds, ein bisschen Kool & The Gang oder Sly. Auf „Stand up for Love“ gibt’s auf 7 der 9 Titel Gesang, soviel wie noch auf keinem Album vorher. Wenn sich auch die Musik nach hinten orientiert, der Sound kommt absolut zeitgemäss und die Produktion lässt auch keine Wünsche offen.

Funk-Jazz vom Feinsten

Und noch einmal Funk. Aber aus deutlich anderer Perspektive. LETTUCE liessen mit dem Vorgänger Album ‚Elevate‘ nicht nur die Fachwelt aufhorchen. „Resonate“ zeigt den 6er, Rhythmusgruppe, Gitarre, Keyboards und 2 Bläser, auf der Höhe ihres Könnens. Knackige Grooves, die weniger an James B. erinnern als vielmehr an Herbie H.und den Funk-Jazz der späten 70er, zackige Bläser-Riffs und unter allem das stabile Fundament aus Bass und Drums. Da lässt sich auch die funky gespielte Sitar von Gast Indrajit Banerjee prima integrieren. Selbst eine authentische Go-Go Nummer fehlt nicht, für die stammt der Vokal-Part von Trouble Funk’s Original Big Tony Fisher. Tut’s!


Balsam für die Seele

Nach so viel Schalldruck und Tempo jetzt etwas ganz harmonisch Schönes. LJODAHATT sind ein 7-köpfiges Projekt, das nicht nur mit einem eher ungewöhnlichen Instrumenten-Line up aufwartet, sondern noch dazu auf Norwegisch singt. Neben den gewohnten Bass, Gitarre, Piano, Drums finden sich hier z.B. Cello, Concertina und 5 der sieben singen. Vor allem Texte aus der norwegischen Dichtung des 19. und 20. Jahrhunderts. Wenn m/f sich unter diesem Vergleich etwas vorstellen kann, hat die Combo die literarischen Vorlagen in klingende Melodien übertragen. Sparsam passende musikalische Untermalung von Worten, die ich nicht verstehe, die deren Stimmung trotzdem vermittelt. Die unterschiedlichen Stimmen erschaffen von Titel zu Titel neue Farben und die handwerkliche Bandbreite lässt Vergleiche von Cohen bis Waits, von Conte bis Testa an meinem geistigen Auge vorüberziehen. „Fyreaningar“, so der Titel (Vorahnungen) klingt sehr fein, nordisch entspannt, dezent und wohlklingend arrangiert. Das ist nicht einfach ‚nur‘ Pop, das ist klingender Balsam für die Seele.


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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