Von Günter, 17.06.2020

SUZANNE VEGA/ HANIA RANI/ DANA GAVANSKI/ LEXSOUL DANCE MACHINE/ FATCAT 2020

Diese hier habe ich nicht übersehen oder vergessen, habe mir nur etwas Zeit gelassen, sie mehrfach zu hören. SUZANNE VEGAs „An Evening of New York Songs and Stories“. Wie der Titel vermuten lässt, präsentiert sie hier nicht nur ihre ‚Hits‘ und weitere Titel aus ihrem umfangreichen Repertoire, sondern dazu eine Auswahl von Songs, die von NY handeln oder für die der Big Apple den Hintergrund bildet. Begleitet von einem Trio aus Bass, Gitarre und Keyboard liefert sie ein äusserst intimes Set, freundlicherweise wurden ihre Ansagen und kurzen Geschichten mit auf den Träger gebannt, und wagt sogar den Song, den Freund Lou selten live gespielt hat, ‚Take a Walk on the Wild Side‘.

Zwischen den Stühlen

Ebenfalls ziemlich intim, wenngleich nicht so still wie der Vorgänger, klingt das neue Werk von HANIA RANI. Für „Home“ erweitert sie den Instrumenten-Fundus um Bass, Streicher und synthetisch erzeugte Klänge. Allerdings sehr zurückhaltend, im Wesentlichen um ihren Gesang, auch der ist neu, zu ummalen. Die Konstruktionen ihrer experimentellen Songs basieren zu grossen Teilen auf minimalistischen Motiven, die sie handwerklich und vor allen Dingen emotional zu kleinen Statuetten giesst. Vom Pop sicher genauso weit entfernt, wie vom Jazz, dabei aber immer äusserst zugänglich und überhaupt nicht theoretisch.


Viele Ideen

Ihre sehr persönlichen Texte verpackt DANA GAVANSKI in klare, geradlinige Arrangements, die von der kleinen Combo hinter ihr entsprechend strukturiert und durchaus dynamisch umgesetzt werden. Das hat ein wenig von der Klarheit der 60ies ohne dabei irgendwie nach Retro zu klingen. Sie findet ihre eigenen Gesangslinien, kopiert nicht und weiss ihre helle Stimme effektiv einzusetzen. Der Tonfall erinnert bisweilen an Songs von Julee Cruise für die Serie Twin Peaks. Ein kleiner ‚Mystery Touch‘ und dann doch wieder ein Riff und psychedelische Sounds, die aus einer langen Vergangenheit herübergerettet scheinen. Spannend den Gedanken und Vorstellungen zu folgen, die zu diesem Album geführt haben.


Nach so viel Introspektivem jetzt mal was, das nach vorne geht. Die LEXSOUL DANCE MACHINE spielt Funk. Nicht unbedingt erwartbar, wenn m/f weiss, dass sie in Estland beheimatet ist. Und neu auf dem Sektor sind sie keineswegs. „Lexplosion II“ ist bereits das dritte Werk. Und weil sie keinen JB als Shouter haben, muss die Band halt überzeugen. Und das tut sie. Alles, was in den spät 70ern und 80ern schon die Beine zucken liess, bringt sie auf ein zeitgemässes Tempo und den dazugehörenden Sound. Und den produzieren sie ganz ohne Bläser, dafür mit 2 ausgesprochen vielseitigen Gitarristen. Aber, gemein gesagt, die sind ‚nur‘ Garnitur, bei einem solchen Projekt steht und fällt alles mit der Rhythmusgruppe. Und an der gibt es nichts auszusetzen.

..und ab geht die Party

Funk spielt m/f aber nicht nur im hohen Norden, auch die vielschichtige Freiburger Szene hält auf dem Sektor eine ordentliche Überraschung bereit. FATCAT 2020, 8 Mann hoch, mit 3 Bläsern und einem auffälligen Sänger spielen ihre Version von Funk im neuen Jahrtausend. Mit den Mitteln die ihre erkennbaren Vorbilder von Kool & The Gang bis Bohannon auch schon zur Verfügung hatten. Keine Tricks, keine programmierten Beats, alles organisch fliessend, ob schmusig wie die Jacksons oder straight wie die Fatback Band. Die Herren haben den richtigen Groove offensichtlich verinnerlicht und feiern auf „Good Zip“ ordentlich ab. Kann nur ‚Live‘ noch besser sein.


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Günter Günter

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