Von Günter, 24.06.2020

BOB DYLAN/ DOC WATSON AND GAITHER CARLTON/ THOMAS AZIER/ BRUNO MAJOR/ EDIKANFO

‚Aber der Novak der lässt uns nicht verkommen‘ (Zitat), ganz nach diesem Motto erwähne ich hier, dass der Zimmerman (BOB DYLAN) nach 8 Jahren, einer gefühlten Ewigkeit, endlich eine neue CD mit eigenen Werken vorlegt. „Rough and rowdy Ways“ ist gleich ein Doppel, kein Wunder, wenn er bei der Länge einiger Tracks an ganz frühe Zeiten erinnert. Und nein, ich habe sie noch nicht gehört. Im Grunde ist er viel zu prominent für diese Seite, aber aus grossem Respekt vor seiner Lebensleistung verbreite ich die frohe Kunde auch hier.

Gelebte Tradition

Und von der Tradition, aus der er schöpfte und die er entscheidend weiter entwickelte, schreibe ich als nächstes. Doc Watson und Gaither Carlton, Schwiegersohn und Schwiegervater zusammen, live. Aufgenommen 1962 in NYs Greenwich Village. Beide Autodidakten auf ihrem Instrument. Doc an Gitarre oder Banjo, lernte sein Handwerk über das Hören aus dem Radio, Gaither an der Fiddle schöpfte fast ausschliesslich aus der Tradition der Volksmusik aus den Appalachen. Doc machte später Karriere als einer der besten Akustik-Gitarristen der US Folk Szene, Gaither spielte weiterhin nur ‚zu Hause‘ in North Carolina für Freunde und Verwandte. Die 15 Songs auf DOC WATSON AND GAITHER CARLTON zeigen die zwei als, trotz Altersunterschied, gleichberechtigte, grossartige Handwerker (-Künstler), die sowohl in den Traditionals und Fremdkompositionen als auch bei den eigenen Werken eine sehr eigene Handschrift an den Tag legen, so dass m/f eigentlich nur an der halb-professionellen Aufnahmequalität erkennen kann, dass diese Musik bereits vor 60 Jahren eingespielt wurde. Natürlich verlegt bei Smithsonian Folkways und mit dem ‚üblichen‘ dicken Booklet (30 Seiten) mit wissenswerten Infos zu Künstlern und Musik.


„Love, Disorderly“ ist bereits das 4 Album von THOMAS AZIER. Die drei anderen kenne ich nicht, auf diesem mischt er zum Start elektronische Sounds, dunkle Beats und dissonante Klänge zu seiner sehr speziellen Variante Singer / Songwriter. Ab Titel 2 wird’s zugänglicher. Die Arrangements werden nachvollziehbarer, Harmonien schleichen sich ein und sein eher sanfter Gesang. Aber nix mit akustischer Gitarre und kleiner Band etc., er füllt die Takte mit durchaus heftigen aber sehr effizient eingesetzten Elektronics. Mir schiesst dabei der ‚Black Hit from Space‘ durch die grauen Zellen, diese Assoziation rührt dabei weniger vom Sound als von der Konstruktion her. Und seine Balladen sind einfach schön. Sehr interessanter Versuch.

Einfach schön!

Einfach schön, das ist für „To let a good Thing die“ mein Credo. Das 2. Album von BRUNO MAJOR (das 1. kenne ich nicht) hat er gefüllt mit 10 sanften, melodischen Songs. Alle eher langsam, auch wenn Titel 1 (Old Soul) das nicht vermuten lässt. Mit ganz weicher Stimme überbringt er seine Botschaften über total sparsamer Instrumenten-Begleitung. Alltägliche Themen zu nachvollziehbaren Texten verdichtet. So echt und treffend, dass er sie nicht mit dicker Produktion zukleistern muss. Wie gesagt, einfach schön!


Richtig: The Pace Setters

Zum Schluss ein alter Hut mit nicht mal richtig neuer Krempe. Danke Glitterhouse, dass ihr die ausgegraben habt. EDIKANFO, 1981 mit ihrer Variante aus Highlife und Afro Funk ein aufgehender Stern am noch nicht vorhandenen Himmel der World Music. Das Album heisst absolut zu Recht „The Pace Setters“, treibende Bläser, quirliges Piano und unaufhaltsamer Rhythmus. Daheim in Accra aufgenommen von Brian Eno klingt es heute noch zeitlos modern. Die Karriere wurde durch den Staatsstreich in Ghana 1981 und daraus resultierenden Ausgangssperren und Versammlungsverboten praktisch auf Eis gelegt. Jetzt haben sich die überlebenden Musiker neu zusammengefunden und gehen mit dem 40 Jahre alten Produkt auf Tour. Wenn es geht…


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Günter Günter

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