Von Günter, 10.02.2021

MATTHEW HALSALL/ ELINOR/ ANETTE VON EICHEL/ RASHA NAHAS/ CRISTINA BRANCO/ DAVID WALTERS

Matthew Halsall – Spiritual Jazz, fast meditativ

Bereits seit November im Umlauf, erst jetzt gehört, „Salute to the Sun“ des Trompeters MATTHEW HALSALL und seines Ensembles. Er bewegt sich seit langem auf dem Spielfeld des Spiritual Jazz. Fördert Künstler, produziert und veröffentlicht eigenes Material. Selten eine so entspannt fliessende, dabei vielfältig instrumentierte Musik gehört, die trotzdem gerechtfertigt unter dem Etikett Jazz vermarktet wird. Auf diesem Sektor selten gehörte Instrumente (Schellen, Rasseln, Kalimba, Geräusche aus dem Regenwald), inspirierte Solisten und das fein aufeinander abgestimmte Spiel des Ensembles produzieren eine variantenreiche Reise, auch ins eigene Innenleben. Unbedingt empfohlen!


Das österreichische Projekt ELINOR intoniert auf „Von oben“ Kompositionen von Claudia Döffinger. Mit 2 Bläsern, Piano, Bass und Drums pendelt das Quintett zwischen modernem bis freiem Jazz, findet zwischendurch beinahe zappaeske Riffs, Grooves, die sich für einen poetischen Rap eignen und klingt bei ausgiebiger Spielfreude aller Beteiligten ausgesprochen homogen und melodieverliebt.

Mit Sebastian Sternal, Piano, Henning Sieverts, Kontrabass, Jonas Burgwinkel, Drums und Jasper Blom am Saxofon hat ANETTE VON EICHEL eine hochkarätige Instrumental-Combo für ihr „Inner Tide“ Album engagiert. Zum ersten Mal auf ihrer bereits 6. Platte stammen alle Kompositionen aus eigener Feder, sowohl Text als auch Musik. Mit ausgebildeter Stimme und präziser Intonation führt sie durch gefühlvolle Balladen, swingende Grooves, scattet und lässt dabei den Instrumentalisten viel Raum zur Entfaltung, zur Ausgestaltung, zur Umsetzung der Texte in entsprechende Klänge.

Rasha Nahas – Wuchtige Poesie

Überraschung! Ein ausgesprochen wuchtiges, forderndes Debut liefert RASHA NAHAS mit ihrem Album „Desert“. Sie singt, spielt Gitarre, dazu die Band mit Bass, Drums, Violine und Cello. Ungewöhnlich wie die Besetzung klingen auch die Songs, zwischen 20er Jahre Kabarett in lautem, krachigem Nick Cave Mantel und sensiblen Balladen zelebriert sie ihre neue Freiheit / Unabhängigkeit nach dem Umzug von Haifa nach Berlin. Poetische, existenzialistische Texte, eingebettet in passende Arrangements und als Reminiszenz an Vorbilder eine intensive Version von L.Cohen’s ‚Lover,Lover,Lover‘. Nicht nebenbei, bitte richtig zuhören.


Zu CRISTINA BRANCO nur kurz, die sollte in der renommierten Musikpresse genügend erlesene Worte bekommen. Von der populären Fado-Sängerin entwickelt sie sich auf „Eva“ zur Interpretin verschiedener Musikstile. Der Gesang bleibt nahe der Tradition, die Begleitung wird ergänzt durch Hammond Orgel, sogar Synthies (auf einzelnen Tracks). Rhythmen, Harmonien und Melodien atmen zusätzlich Partikel aus Karibik, Jazz und Pop. Exzellent eingefangen, so vielseitig zeigte sie sich noch nie.

David Walters – Schönheit der Woche

Schönheit der Woche: „Nocturne“ von DAVID WALTERS , Gitarre, Gesang und Komposition, Vincent Segal, Cello, Ballake Sissoko, Kora, Roger Raspail, Perkussion. Eine einzigartige Momentaufnahme, Live im Studio ohne Kopfhörer oder elektronische Hilfe, vier Musiker, alle spielen leise, nicht hitzig und schauen aufeinander. So entfaltet sich ein Zauber: Eine neue Welt innerhalb dieser vier entsteht, eine Reise. In den Stücken erhebt sich eine intensive Melancholie, eine subtile Mischung aus Bescheidenheit, Trauer, Hoffnung, ein geteiltes Geheimnis, eine innere Freude oder auch heiliges Feuer. Zitiert aus dem Text von A.L. Lemancel, weil ich es nicht treffender hätte sagen können.


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

Beiträge 2021