Von Günter, 16.06.2021

IOSONOUNCANE/ PERTTULA/ TOMI SALESVUO EAST FUNK ATTACK/ RAO KYAO/ MONOLINK

Entweder verregnet oder verbrannt. Ich wünsche mir, wie schon in den beiden Vorjahren, einen ganz normalen westfälischen Sommer. Für 25 Grad und mehr im Schatten bin ich nicht mehr geeignet. Zurück zum Auftrag.

Schon der Projektname ist eine Herausforderung: IOSONOUNCANE nennt sich das Ensemble um den Sardinier Jacopo Incani. Auf der Doppel CD „IRA“ versucht er den Spagat zwischen traditionellen Motiven und experimentellen Klängen. Das reicht von dunklen Soundcollagen zu balladesken Momenten, die breit eingesetzte Elektronik erschafft Stimmungen und Muster zwischen Industrial-Düsternis und schwebenden Keyboard-Flächen, liedhaft wird es nur selten und die Tradition erkenne ich nur an wenigen Fragmenten. Die 2. CD dieses Sets hat deutlich mehr Songstruktur und ist für interessierte leichter zugänglich. Schielen auf kommerziellen Erfolg müsste ganz anders klingen.

Akkordeon rules!

Das gilt auch für Toni PERTTULA und sein im Alleingang geschaffenes Werk


„Pajavasara“. Die Finnen haben ihren eigenen Tango, eine weltweit beliebte nur Mundharmonika Band und betreiben gelegentlich ‚kalsarikännit‘. Und mit Toni einen exzellenten Virtuosen am Akkordeon. Für seinen ‚Schmiedehammer‘ (Albumtitel) programmierte er die Rhythmusspuren und improvisierte, änderte und entschied sich erst nach langem Prozess für die endgültigen Tonfolgen seines Instruments. Dabei herausgekommen ist eine CD, die ich in Sachen Soundkreation für mindestens so aussergewöhnlich finde, wie die 1. CD des Gotan Project. Ok, Akkordeon sollte m/f mögen, wenn allerdings ein Instrument derart forsch und kompromisslos eingesetzt wird, Harmonien und Melodien nicht aussen vor gelassen werden, ist das Ergebnis, zumindest in diesem Fall, famos. Ausprobieren!

So ein Zufall! Noch einmal Finnland, TOMI SALESVUO EAST FUNK ATTACK , langer Name, kurzer Titel „Nothings enough“. Richtig vermutet, die Combo spielt Funk. Weniger die JBs Variante, als vielmehr auf den Spuren von Mother’s Finest. Also auf der Basis von und gespickt mit knackigen Rock-Riffs. Sängerin Taru hat dabei bisweilen einen schweren Stand gegen den heftigen Background, ihre Qualitäten zeigt sie in den ruhigeren Nummern dafür umso mehr. Auf dem Titeltrack veredelt Trompeten-Virtuose Verneri Pohjola den Song mit einem langen, inspirierten Solo. Allein schon deshalb hörenswert.

Friedvolle Botschaft

In aufgewühlten Zeiten wie diesen ist eine so friedvolle Musik wie die von RAO KYAO eine entspannende Wohltat. Seine neue CD „Gandhi“ widmet er dem vor ca. 150 geborenen ‚ lebendigenden Testament des friedvollen Umgangs der Menschen untereinander‘. Mit seiner Bambusflöte gibt er den Ton an, das 5-köpfige, akustische Ensemble untermalt und begleitet seine Tonfolgen zurückhaltend, so engagiert wie virtuos. In Tonfall und Harmonien finden sich deutliche Spuren der portugiesischen Heimat aller Beteiligten. Die Melancholie des Fado, das nicht übersetzbare ‚Saudade‘ und natürlich der spezielle Klang der portugiesischen Gitarre.


Ein bisschen Pop muss sein

Ein bisschen Pop muss sein. MONOLINK , vom Strassenmusiker zum Elektronik unterstützten Singer/Songwriter, kriegt auch an anderer Stelle schon gute Credits. „Under darkening Skies“ ist eine bunte, sehr gut zusammengestellte Reihe seiner aktuellen Songs und Sounds, die zwischen zerbrechlich langsam, fusswipp freundlich und vorsichtigem Experiment pendelt. Angenehm entspannt in der Gesamtstimmung und mit mehr Lautstärke in Teilen eine Verführung zum Tanz.


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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