Von Günter, 06.10.2021

SUSANNA DILL & GILBERT PAEFFGEN/ MILD HIGH CLUB/ RIC ROBERSTON/ FALKEVIK/ FOUR ON THE OUTSIDE/ GABRIELE POSO/ HANS KOLLER/ STAN GETZ QURTET & ASTRUD GILBERTO

Das ist sicher die ungewöhnlichste Besetzung auf dieser Seite seit langem. SUSANNA DILL & GILBERT PAEFFGEN harmonieren und Improvisieren gemeinsam auf Akkordeon und Hackbrett. So ungewöhnlich wie die Instrumenten-Kombi ist auch das aufgeführte Programm. Von detailreich ausgeführten Kompositionen zu Improvisationen zu Adaptionen von Motiven aus Tango, Musette und Folk zeigen die beiden auf „Zwischen den Zügen“, dass m/f auch neben den bekannten Spuren interessante, intelligente Musik erzeugen kann.

Alex Brettin verwendet für sein Projekt MILD HIGH CLUB eine ganze Palette musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten. Von elektronischen Anwandlungen über jazzige Arrangements zu brasilianischen Tönen und sogar psychedelischen Ausflügen. Mit wenigen Gästen, meist an Stimme und Drums, erzeugt er auf „Going Going Gone“ eine musikalische Abbildung der Vielfalt von beschleunigtem Leben, unvorhersehbaren Wendungen und Wirrungen der heutigen Welt. Sarkastisch, manchmal schräg, aber immer wohldurchdacht.

Ric Robertson – Seine ‚Victory Mixture‘

Sehr positiv angetan bin ich von „Carolina Child“, dem ersten Werk, das mir von RIC ROBERTSON in die Hände gefallen ist. Er bedient sich gekonnt an der Fülle ur-amerikanischer Musik. Aus Carolina nach New Orleans umgesiedelt mischt er seine Songs aus gefühlvollen Balladen, Big Easy Feeling und Swamp Grooves mit harmonischen Anleihen aus Oldtime Jazz und ein wenig Country. Selbst psychedelische Bandarbeit und kräftiges Solo-Werk der Gitarre bringt er in seiner Mischung absolut stimmig unter. Nix nebeneinander, sondern organisch verbunden. Bei Willie DeVille hiess ein vergleichbares Werk ‚Victory Mixture‘, bei mir hat Ric damit auf jeden Fall gewonnen.


Mit dieser Mischung kann das norwegische Trio FALKEVIK ebenfalls gewinnen. Mit Drums, Bass und der vielseitigen Pianistin und Sängerin kreuzt es die Gene eingängiger Pop-Melodien mit der Flexibilität und Vielseitigkeit jazziger Interpretation. Da spannt das Repertoire einen Bogen von einfach ’schönen‘ Liedern zu kantigen Jazz-Riffs, langen instrumentalen Passagen und Songs, die von der Stimme, die keine technischen Hilfsmittel braucht, geführt und getragen werden. Präziser Ausdruck und kontrastreiche Ausführung machen „New Constellations“ zu einem zeitlosen Jazz-Vocal-Album.

FOUR ON THE OUTSIDE ist ein ziemlich korrekt gewählter Name für das Projekt. Bass, Drums, Posaune und Mundharmonika-Klänge, die der Pianist liefert. Moderner Jazz mit freien Elementen, der sich auf „Inside“ gern auch mal an Gebrauchsspuren der 60er bedient. Inspiriert und handwerklich geschickt ausgeführt und selbst auf Tonträger sehr lebendig.

GABRIELE POSO wendet sich auf seiner „ TAMBURO INFINITO “ (Nomen est Omen) ganz klar an die Freunde raffinierter Perkussions-Arbeit. Elektronisches für die Harmonien, der Rest ist ‚Handarbeit‘ von einem Meister seines Fachs. 10 feurige Tracks auf der Basis von Afro- und Latin-Wurzeln

Hans Koller – Freies Dokument

Kurzer Einwurf für echte Spezialisten: Aufnahmen aus 1971 des HANS KOLLER „Free Sound Quintet“, die hier erstmals veröffentlicht werden. Freies Zusammenspiel nach prägnant notierten musikalischen Vorgaben ohne Taktstriche, die den Beteiligten maximalen Gestaltungs-Spielraum lassen. Interessantes Dokument nach 50 Jahren.


Stan Getz Quartet – Begeisterungsstürme

Zum Schluss was richtig schönes. Die Doppel CD STAN GETZ QUARTET & ASTRUD GILBERTO „Live at the Berlin Jazz Festival 1966“. Auf Platte 1 begeistert das Quartett mit dem jungen Vibrafonisten (anstelle von Piano) Gary Burton mit fulminantem Modern Jazz, auf Platte 2 singt Astrud Gilberto auf 7 von 10 Titeln, natürlich die ‚Hits‘ vom Album mit Getz und Gilberto und mehr, und reisst das Publikum zu begeisterungstürmen hin. Eine weiteres feines Dokument aus der Reihe ‚The Lost Recordings‘, die es auch auf hochwertigen LP gibt.


Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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