Von Günter, 03.11.2021

FLORIAN RYNKOWSKI/ OLIVER LEICHT [ACHT.]/ KRAJENSKI/ HONEYRUNNERS/ HEIRI KÄNZIG

Kirchenmusik? Ganz anders!

Aus drei Trios setzt FLORIAN RYNKOWSKI das 9-köpfige Ensemble für sein „Momentum-Musik für den Kirchenraum“ zusammen. Drei Streicher (Gamben), drei Bläser, Posaune, Tenor-Sax, Bassklarinette und die dreier Rhythmusgruppe mit Schlagwerk, Bass und Marimba. So ungewöhnlich wie die Besetzung sind auch seine Kompositionen. Die haben nichts von Bach’schen Chorälen oder Trost spendenden Texten aus dem Gesangsbuch. Zwischen Pizzicato und Improvisation, meditativer Stille und beinahe sakralen Harmonien sollen diese aus seinem Erleben der Welt den Hörenden Anhaltspunkte bieten zur inneren Einkehr. Funktioniert nicht nur in Kirchen!


Mit genauso grosser Mannschaft intoniert die OLIVER LEICHT [ACHT.] die von ihm komponierten 6 Titel auf „A_Trak_some Songs“. Modern Jazz, der sich nach meinem Empfinden stark an den nicht ‚freien‘ 60ern orientiert. Wohlklingende Bläserlinien, nicht zu ausufernde Soli, eine beherzt mitmischende Rhythmusgruppe und fingerfertige, Song-dienliche Kollegen an Piano und Gitarre. Jeder bringt sich ein und alle zusammen ergänzen sich zu einem fantasievollen Gesamtklang. Solcher Musik wünsche ich mehr Öffentlichkeit.

M/F kann ihn kennen aus seinem Projekt SALT (sehr hörenswert!), als Arrangeur z.B. für Roger Cicero oder auch vom exzellenten Vorgänger-Album ‚Plays Hits Agogo‘. Mit „Orbit“ legt Lutz KRAJENSKI das 2. Album unter seinem Namen vor. Dem Titel entsprechend führt er die Hörenden durch seine Welt des Sounds. Die besteht aus fetten Soul-/Funk-Rhythmen, angereichert mit passenden Stimmen, einer grossen Anzahl instrumentaler HelferInnen und seinem persönlichen Keyboard-/Orgel-Stil. Die Grooves lehnen sich stark an die ‚Black Music‘ Sounds der 70/80er an, inklusive eines Orchester-Tracks, auch das war seinerzeit nicht ungewöhnlich. Das Ganze lebt von Lutz‘s Fähigkeit, die Songs perfekt zu arrangieren, den SängerInnen den Background zu geben, der ihnen hilft ihre Fähigkeiten ungebremst einzubringen. Und, ‚richtige‘ Instrumente lassen Musik einfach lebendiger klingen.

Honeyrunners – Feinste Mischung Pop

„Everything is on Fire“, die Welt brennt an allen Ecken und Enden, betiteln die HONEYRUNNERS ihre erste Langspielplatte, die es bisher nur als CD gibt. Das kanadische Quartett schöpft aus einer DNA, in der sich Spuren von Southern Rock, New Orleans Gefühl, erkennbare Bestandteile aus alternativem Pop, Rock, und Soul und eine perfekt angelegte Verknüpfung für einprägsame Melodien und Hooklines finden. ‚Wir schreiben Songs für die Zeit, in der wir sie brauchen‘ ist die treffende Aussage für die 9 Songs, die sich im Wesentlichen um das Auseinanderfallen der Gesellschaften und die zunehmende Apathie der Menschen drehen. Zusammen mit diversen Gästen liefern sie die bei mir meistgespielte Pop/Rock Platte dieser Saison. Und wieder, alles mit ‚richtigen‘ Instrumenten, aber leider schon nach einer halben Stunde vorbei. Also ‚Repeat‘ bei CD, aber durchaus für Vinyl geeignet.


Heir Känzig – Don’t call it World Music!

‚Don’t call it World Music!‘ Auch wenn dieser Satz nicht vom namensgebenden Bassisten und Komponisten stammt, trifft er auf die Musik des Sextetts von HEIRI KÄNZIG unbedingt zu. Wenn auch die Gesangslinien der Sängerin bisweilen an asiatische Motive erinnern oder der spezifische Klang einer Oud arabische Einflüsse unterstellen lässt, so ist „Travelin‘“ doch eindeutig das, was Jazz schon immer war, eine Mischung. Komplexe Rhythmik, die dem Drummer kein Kopfzerbrechen macht und die lyrischen Tonfolgen des Flügelhorns lassen daran keinen Zweifel aufkommen. Jazz kann alle Sprachen, auch die ohne Worte.


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