Von Günter, 24.11.2021

ULRICH DRECHSLER/ YUMI ITO & SZYMON MIKA/ CARWIN ELLIS & RIO 18/ CHIARA CIVELLO/ BLOW/ ROGER MATURA/ KING CRIMSON

Zum Auftakt mal wieder eine ungewöhnliche Besetzung. ULRICH DRECHSLER setzt sein „Chrome“ als Klarinettist zusammen mit 3 StreicherInnen und einem Elektroniker in die Tat um. Nur 1 Titel, der aber in 13 Teilen. Minimalistische Kompositionen mit unterschiedlichen Klarinetten oder Bassetthorn im Zentrum, umspielt und unterstützt von den Streichinstrumenten und abgerundet durch elektronische Nebelschwaden (Zitat). Experimentell, gewagt, jedoch mit Konzentration sehr gut nachvollziehbar. Nix für nebenbei.

Konventionell ausgestattet mit Stimme und akustischem Saiteninstrument und doch sehr anders als erwartet unterwegs. YUMI ITO & SZYMON MIKA bieten auf „Ekual“ aussergewöhnlich klingende Duette. Im Prinzip Songs deren Basis Yumi’s Jazz geschulter Gesang, nicht immer Texte oder Strophen, ist und die Szymon mit weit ausholenden Akkorden in Einzeltönen fast magisch umtanzt. Beide lassen sich ganz viel Raum für Klang.

Leichter ja, aber vor Überraschungen ist m/f nie sicher. CARWIN ELLIS & RIO 18 lässt Brasil vermuten. „Yn Rio“ heisst das Werk, das der Waliser dort aufgenommen hat. Mit der einheimischen Combo schafft er diesen spezifischen Sound, gemixt aus Samba, Bossa, MPB und ein wenig Soul. Entsprechend authentisch schallt es aus den Lautsprechern, gelungene Harmonien, nicht zu aufgeblasen instrumentiert, auch wenn auf einigen Titeln das BBC National Orchestra of Wales zum Einsatz kommt. Die Überraschung? Er singt nicht portugiesisch oder die brasilianische Variante, sondern in seiner Heimatsprache: Walisisch!

Chiara Civello – Frankreich international

Frankreich zum ersten: Sie stammt zwar aus Italien, ihr Album „Chansons“ wurde von Marc Moulin (Nouvelle Vague) produziert. Mit ihm hat CHIARA CIVELLO ein Dutzend Welterfolge aus etwa 70 Jahren ausgesucht. Alles Komponiert in Frankreich oder Belgien, lauter Titel, die in diversen Sprachen und mindestens genau so vielen Ländern Hits waren. Von ‚My Way‘ über ‚What now my Love‘ zu ‚Feelings‘ und ‚Yesterday when I was Young‘ kriegen die Songs den Moulin typischen Weichzeichner, gelegentlich sogar mit etwas fetterem Groove, so schafft er den idealen Bodensatz, auf dem Chiara ihre Stimme wirken lassen kann. Von streng zu zweifelnd zu gurren und säuseln, werden diese ‚alten Hüte‘ zu einem echten neuen Genuss.


Die zweite: BLOW mit „Shake the Desease“. Kurz und gemein, klingen wie Daft Punk und Air zusammen. Aber positiv! Die beiden Macher und ihre Gäste haben ein feines Händchen für flüssige Rhythmen und passende Stimmen, garnieren die programmierten Beats mit konventionellen Instrumenten und bauen Spannung auf und ab durch gekonnte Pausen und Breaks. Und klasse Balladen können sie auch.

Roger Matura – Individuelle Cover Versionen

Manche nennen ihn den Dylan des Ruhrgebiets. Passend alt ist er auf jeden Fall. Mit „Roter Mohn“ legt Multi-Instrumentalist ROGER MATURA ein im Alleingang produziertes Album mit Cover Versionen vor. Hilfe gab’s nur an den Tasten und bei der Programmierung der Beats. Mit einer Stimme wie Frank Zander um 5 Uhr morgens intoniert er Pop Klassiker, Schlager, Schubert und Hendrix. Von T.Rex bis Andy Kim, von Lennon bis Cole Porter, er strickt sie alle auf sein Mass um. Ehrlich, ohne Kitsch und Pathos, einfach echt seins. Gute Unterhaltung!


King Crimson – 3CD für die ‚Harten‘

Das neue von KING CRIMSON ist altes! Das Doppel-Duo Belew/Fripp Gunn/Mastelotto im 3er Set. 12 Tracks auf CD1 ‚Happy with what you have to be happy with‘, 6 Tracks auf CD 2 ‚Level Five‘ und noch einmal 12 Tracks ‚Elektrik‘ Live in Japan. Alles Anfang der 2000er aufgenommen, rau, furios, laut und zwischendurch sanft und lyrisch. Perfekt in Ausführung und Tontechnik, eben King Crimson.


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