Ohrenschmauch
Von Günter, 09.02.2022
LARIZA/ JIM McNEELY/ SIMON STADLER/ NEIL FRANCES/ LANCE FERGUSON/ HIPPO CAMPUS
Immerhin bereits Folge 91. Die Ko-Operation des Labels Double Moon mit dem Magazin JAZZthing beweist Stehvermögen. Seit 2004 werden hier neue Künstler und Projekte, bevorzugt aus dem deutschsprachigen Raum, mit der Veröffentlichung und Vorstellung einer CD gefördert. Im Januar war es das 5-köpfige Kölner Projekt LARIZA, dass auf „Weave“ seine so eigenständigen wie eigenwilligen Klänge und Songstrukturen umsetzt. Mit Bass, Drums, Gitarre, Sax, Synthi und Stimme erschafft es Klangwelten zwischen freier Improvisation, fest komponiertem Song und diversen Formen dazwischen. Sängerin und Haupt-Komponistin Lena-Larissa Senge lässt ganz leicht ihre Liebe zur brasilianischen Musik durchscheinen, Gitarristin Raissa Mehner entlockt dem Instrument lyrische Töne oder per ‚Tretminen‘ erstaunliche Klänge, die drei Männer im Team besorgen flexible Rhythmen, ergänzt um das gekonnte Spiel des Saxofonisten. Ein leichtfüssiger Tanz auf dem Seil mit inspirierter Musik in freier Gestaltung.
Das ist keine Jazz-Version von ‚Le Sacre de Printemps‘, sondern ein neues Werk. Es ist inspiriert von der Ton-und Klangsprache dieses Werks (Zitat). Umgesetzt in der Komposition von JIM McNEELY und ausgeführt von der hr Big Band, hier als Frankfurt Radio Big Band mit Chris Potter am Sax als Solist. Auf „Rituals“ belegt dieser Klangkörper ein weiteres Mal seine Vielseitigkeit und ausserordentliche Klasse, selbst bei hochkomplexen Herausforderungen. Dazu noch ein Weltklasse Mann am zentralen Instrument, der neben seinem wichtigen Part in den 6 Sätzen des Werks weitere 4 Titel aus seinem Schaffen in neuen Arrangements hören lässt.
Wohlformulierte Texte, eine sanfte Stimme, etwas Romantik und eine exzellente Backup-Band kennzeichnen „Ohne Last“, die erste (in BRD) veröffentlichte Platte von SIMON STADLER . Er selbst siedelt seine Lieder zwischen Udo Jürgens und Konstantin Wecker an. Ein weites Feld…
Wenn ich den theoretischen Über- oder Unterbau, der auf dem ‚Waschzettel‘ mitgeliefert wurde, weglasse, geht es so: Keiner aus dem Duo NEIL FRANCES heisst so, ein Australier und ein Amerikaner machen gemeinsam Musik auf elektronischen Instrumenten. Mal mehr funky, mal weniger, für mich jedoch ganz klar aus der Schublade ‚French House‘. Ist eine Bezeichnung von früher, als Air, Daft Punk und wie sie hiessen die Pop-Welt aufmischten. Gelungene Melodien, Gast-VokalistInnen, durchaus stramme Beats, nicht so zwangsweise four-to-the-floor, denn Balladeskes gibt’s auch und eine durchweg runde Produktion. „There is no Neil Frances“, so der Titel, ist durch seine raffinierte Strickweise leicht zu konsumieren, ohne auf inhaltlichen Tiefgang zu verzichten.
Da schliesse ich LANCE FERGUSON’s „Rare Groove Spectrum 2“ nahtlos an. Hier wird jeder Ton per Hand (bzw. Stimmband) erzeugt und die voll ausgestattete Combo (8 Instrumente plus 3 Stimmen) lässt 9 zu wenig bekannte Originale von Nile Rogers bis Pat Metheny im eigenen, dem Titel entsprechenden Sound erklingen. Neu bearbeitet und eingespielt um deutlich mehr als nur ein Fusswippen zu erzeugen.
Meine Band der Stunde: HIPPO CAMPUS! Jung und unverschämt melodiös in rauer Verpackung. „LP 3“ schert sich nicht darum, Radio-tauglich zu sein. Störgeräusche im Ohrwurm, Tempo ohne Hast, keine Instrumenten-Fetischisten; riskant und eingängig, das Ergebnis zählt!