Von Günter, 23.03.2022

GRUNDSTEIN/ JAN SCHREINER LARGE ENSEMBLE/ McKERRON BRECHIN O HEADHRA/ VARRE VARTIAINEN/ KAMMERJAZZ KOLLEKTIV/ CELANO BADENHORST BAGGIANI/ MARIDALEN

Grundstein – Weitersagen!

„You can’t get into it unless you’ve got out of it“ sagte schon Frank Z. Viele Bands und Künstler der Vergangenheit haben das angewendet. Jahre nach der Trennung einen neuen Anlauf machen. So auch GRUNDSTEIN, die lokale Combo, die in den frühen 80ern neben Jovel und Grünhaus alle Bühnen der Region bespielten, die nicht rechtzeitig abgebaut waren. 1986 das Abschlusskonzert, später 2 Versuche für Re-Union Konzerte aus unterschiedlichen Gründen gescheitert, machte die Band die Not zur Tugend und spielte 17 der ‚alten‘ Tracks in teils neuer Besetzung jetzt zeitgemäss aufgepeppt für die erste CD ein. Old School deutschsprachige Rockmusik mit handwerklich grösserer Raffinesse als früher, wobei die ehemaligen Favoriten-Sounds und -Riffs klar auf die Entstehungszeit der Titel hinweisen. Etwas Wave, etwas Pop, viel Rock und Texte dazu, die zumindest nicht platt sind. Lediglich der Gesang von Ulla Struck könnte gelegentlich etwas ‚more dirty‘ sein. Schöne Form der Vergangenheitsbewältigung! „Weitersagen“ gibt’s nicht in den Läden, aber für wenig Geld über steschucheck@online.de .

Mit 8 Bläsern plus Piano, Bass und Drums geht das JAN SCHREINER LARGE ENSEMBLE zu Werke, wobei Bass Posaune und Tuba keine alltäglichen Instrumente sind. „Songs and Moods“, der Titel der CD, beschreibt den Inhalt korrekt. Neben gut gestaffelten Themen der Bläser und schwungvollen Rhythmen kriegt jede/r von ihnen Gelegenheit, als Solist zu glänzen und die vorkomponierten Songs mit der persönlichen Note zu versehen. Das schliesst auch die Rhythmusgruppe ein. Quicklebendiger Jazz für grosse Combo.

Ein Fest für die Ohren für Fans gälischer, schottischer und irischer Tunes veranstalten McKERRON BRECHIN O HEADHRA auf der CD „Le Cheile“. Traditionals in Gänze oder zu Medleys zusammengefasst und fein ausgearbeitet für Fiddle, Gitarre und Gesang plus Akkordeon.

Von echten Traditionals zu „Almost Standards“, wie Gitarrist VARRE VARTIAINEN seine aktuelle CD nennt. Das Sextett mit Vibraphon, Sax, Piano, Bass und Drums interpretiert seine Kompositionen mit Schwung und Initiative, klingt, wie der Titel andeutet, nicht nach Hip und neu, sondern agiert mit der Kenntnis der Vergangenheit stilsicher und trotzdem modern. Keineswegs auf den Gitarristen zugeschnitten.

Das KAMMERJAZZ KOLLEKTIV beweist, dass auch mit klassischer Ausbildung und Ausrüstung (Geige/Bratsche/Cello/Klavier) ordentlich ge-jazzt werden kann. Zwischen den Eigengewächsen ein wenig Bach und Händel, alternativ auch Latin bzw. Tango, ausgewogen instrumentiert und virtuos umgesetzt. Die ‚Grauzone‘ für das „Wintermärchen“ gut ausgenutzt.

Celano Badenhorst Baggiani – Lyrische Feinkost

Für ihr „Carnet Imaginaire“ stecken CELANO BADENHORST BAGGIANI (Gitarre, Blasinst., Drums,) ihre Köpfe und Instrumente zusammen, nehmen als begnadeten Improvisator am Piano Wolfert Brederode dazu und lassen ihre detailliert ausgearbeiteten Kompositionen und Improvisationen in lyrischer Vertrautheit erklingen. Streifen dabei klassische Motive, rhythmischen Unterbau und erzählen ohne Worte Geschichten aus ihrem Leben, absolut gleichberechtigt.

Maridalen – Nordisch schön

Bleibt zu wenig Platz für diese melodische Seite des Trio Jazz. MARIDALEN finden das Ohr umschmeichelnde Melodien (kein Kitsch!). Mit Sax, Bass und Trompete schaffen sie ihr eigenes Klanguniversum, das auch ohne Melodie-Instrumente nichts vermissen lässt. Für mich typisch nordische Motive gekonnt abgewogen zwischen Harmonie und Improvisation, Wohlklang und dem Wecken von Neugierde. „Bortenfor“ bleibt bestimmt wieder unter jedem Radar…

Bleibt noch: Die gezielte und andauernde Ausbeutung der Musik-Schaffenden hat zum Ergebnis, dass Spotify jetzt (Haupt-?) Sponsor wird bei einem Milliarden verschuldeten, renommierten Fussball-Club. Die Damen und Herren Musiker gehen derweil nachts zapfen für’s Überleben.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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