Von Günter, 06.04.2022

SUICIDE/ SONIC YOUTH/ L.A.B./ HORACE ANDY/ LARS DÜPPLER/ SYLVAIN RIFFLET & VERNERI POHJOLA/ SUSANNA/ SHIRLEY DAVIS & THE SILVERBACKS

Zum Start 2x Nachlassverwaltung. Experimenteller Synthi-Pop der 80erJahre Pioniere SUICIDE findet sich auf „Surrender“. 16 Tracks aus dem langjährigen Schaffen, die Hits, Unveröffentlichtes, ausgewählt von Martin Rev und Alan Vega’s Ehefrau plus Henry Rollins, der auch den Plattentütenrückseitentext verfasste. Gute Gelegenheit zum späten Einstieg.

Durchaus vergleichbar oder doch eher für Fans und Forscher? „In/Out/In“ nennt sich die Raritäten-Sammlung von SONIC YOUTH aus der nach 2000 Phase. Nur 5 Titel, davon 3 bisher nicht veröffentlicht, dazu 2, die es auf einer raren Kompilation gibt (gab!).

Wer Fat Freddy’s Drop liegt, es aber auch mal poppiger mag, kann sich an L.A.B. erfreuen. Ebenfalls Neuseeländer, auch Preise-Abräumer, die auf ihrem Album „V“ eine intelligent unterhaltsame Mischung aus softem Soul (á la Kool..), positivem Party-Reggae und ein wenig Blues unterbringen. Nicht die neuen Stars am Himmel, dafür leichtfüssig und gut aufgelegt.

Horace Andy – Grossartiges Alterswerk

‚Richtigen‘ Reggae, so Roots wie möglich, gibt’s auf HORACE ANDY’s „Midnight Rocker“. Produziert bei/von Adrian Sherwood für das On-U Sound Label. Auch im hohen Alter ein erstklassiger Sänger, liefert er hier 9 neue Tracks plus sein ‚Mr. Bassie‘ im neuen Gewand und ‚Safe from Harm‘, das auf Massive’s 1. Album von Shara Nelson gesungen wurde. Dazu die austrainierte ‚Haus-Band‘ des Studios plus hochkarätige Gäste (u.a. Style Scott, George Oban), als Garanten für eine ‚true gold star Perfomance‘.

Von ungewohnter Seite zeigt sich LARS DÜPPLER auf seinem für „Unbound“ mit Sax und Drums besetzten Trio. Statt Piano bedient er Moog und Rhodes. Die elektrisch betriebenen Tasten eröffnen ihm neue Klangräume, die Kollegen sorgen für Druck und deutliche Spuren Jazz. Von rhythmisch und harmonisch experimentierfreudigen Ausflügen zu zarten Balladenklängen lassen die drei Herren keinen Zweifel aufkommen, ob musikalische Begrenzungen für sie jemals ein Thema sein könnten.

Ihren „Cake Walk from a Spaceship“ bestreiten SYLVAIN RIFFLET & VERNERI POHJOLA an Sax, Geräuscherzeugern und Trompete und werden dabei von Gitarre und Perkussion unterstützt. Atmosphärische Melodien zu feingliedriger Begleitung, alles sehr minimal gehalten und abgestimmt auf den warmen Klang der Blasinstrumente. Ein ruhiger, wohlklingender Blick auf eine wild gewordene Welt.

Susanna – Zwischen den (Genre-) Welten

Auf „Elevation“ setzt SUSANNA ihre Beschäftigung mit Texten von Baudelaire fort. In diesem zweiten Anlauf nicht ganz allein, sondern unterstützt von Stina Stjern mit Geräuschen und Klängen vom Band (Kassette) und Delphine Dora an Orgel und Piano. Die 11 ‚Lieder‘ bleiben zurückhaltend und präzise, ihre Stimme unverwechselbar, in der Verbindung mit den Sounds der Helferinnen entsteht eine mystische Verflechtung von Klängen und Registern, die Genregrenzen von Jazz, zeitgenössischer Klassik und experimenteller Musik hinter sich lässt.

Shirley Davis – Soul Soundtrack des Sommers

Mit überzeugenden Stimme, der perfekt abgestimmten Band und packenden, eingängigen Songs liefern SHIRLEY DAVIS & THE SILVERBACKS den Soul-Soundtrack des Sommers. Auf ihrem dritten Album bringt sie alles auf den Punkt. Modern und doch in der Tradition, ‚richtige‘ Instrumente, gut konstruierte Songs in denen ihre Kenntnisse der Vergangenheit durchscheinen, von natürlich James B., Marvin Gaye, Curtis Mayfield bis Sharon Jones, für die sie einige Titel schrieb. „Keep on Keepin‘ on“ ist nicht nur Titel, sondern mindestens ihre Devise, ob flotter funky Beat oder bluesige Ballade, emotionale Tiefe oder offensive Kritik, sie trifft den richtigen Ton.

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