Von Günter, 27.04.2022

JAZZ DEFENDERS/ LYDIA PERSAUD/ ELI PAPERBOY REED/ RUDI BERGER QUINTET/ GERD PUTSCHEFF DUENDE NOW!/ CARBS/ NILS WÜLKER

Jazz Defenders – Natürlich handgemacht

So ganz haben sie ihr Faible für Hard Bop noch nicht abgelegt. Auf dem neuen Album der JAZZ DEFENDERS „King Phoenix“ öffnen sie Herzen und Ohren auch für andere Sounds. Hier mischen sie ihre jazzige Grundeinstellung mit Soul- und Funk-Rhythmen der späten 60er, etwas Latin und Bossa und sogar Rap auf 2 Titeln (besser ‚Spoken Word‘). Sie bleiben ihrem ‚natürlich handgemacht‘ treu und zeigen auf den geradlinigen Jazz Tracks auch noch Qualitäten als inspirierte Solisten.

Noch eine, die sich am Gestern orientiert um daraus herzerwärmend Neues zu machen. LYDIA PERSAUD’s „Moody 31“. Zur Beschreibung nutze ich ein Zitat aus dem ‚Waschzettel‘: „Klingt wie Roberta Flack, die auf einem Folk-Festival mit der Band von Bill Withers zusammensitzt“ und Jazz, R&B und Folk-Stile rekombiniert, um Soul-Musik im wahrsten Sinne des Wortes zu schaffen“. Dem kann ich nur noch ihre wundervolle und gut geschulte Stimme hinzufügen.

Rückspiegel zum Dritten: ELI PAPERBOY REED erfüllt sich mit „Down every Road“ einen grossen Wunsch. Ein ganzes Album mit Neueinspielungen von Songs der Country-Grösse Merle Haggard. Er verpasst den Originalen den ‚Signature-Sound‘ der Memphis Soul Schule, mit erstklassigen Handwerkern, Bläsern und voll analog klingender Produktion, gibt den ursprünglichen Werken dabei eine ordentliche Portion Schwung und singt, als wären die Texte seine eigenen.

Rudi Berger Quintet – Breit gefächert

Gibt’s nicht so häufig. 2 Ensembles auf dieser Seite, die von einem Geiger (Violinisten) angeführt werden. Der Wiener Weltbürger führt uns mit seinem RUDI BERGER QUINTET durch einen grossen Teil seiner Arbeit. Zu ihm gesellen sich Bass, Drums, Piano und Flöte, was den von ihm und seinen Kollegen verfassten Kompositionen einen sehr speziellen Klang beschert. Ganz gleich, ob an 60ies Jazz erinnernd, oder ein swingender Rock’n’Roll, ob leicht Latin oder etwas Brasil, die Chemie der Combo stimmt, jede Stimme wird in Szene gesetzt. So ist „Longing“ weit mehr als eine ‚Violinist mit Combo‘ Platte, sondern ein breit gefächertes Zeugnis angewandter Erfahrungen in einem gleichberechtigten Umfeld.

Auf einem ganz anderen Feld arbeiten GERD PUTSCHEFF DUENDE NOW!. Auf „Los Vientos“ ergänzt er seine Combo um das Ensemble INTRACULT. Daraus entsteht eine Verbindung zwischen deutscher Jazz Violine und Flamenco Gitarre, die mit zusätzlichen Instrumenten die Betonung auf die Streicher legt, bei der eine ungewöhnliche Symbiose aus Gypsy Musik, arabischen Elementen und klassisch anmutenden Streicherklängen entsteht.

CARBS nennen Robert Ames und Ben Corrigan ihr Duo, mit dem sie neben ihrer ‚gewöhnlichen‘ Arbeit (dirigieren, kuratieren, komponieren) ihren Fantasien als Musiker freien Lauf lassen. Voll digital, voll elektronisch erzeugen sie schwebende Flächen, eingängige Loops und gelegentlich sogar tanzbare Beats, in Leinwandgrösse ausladend.

Nils Wülker – Grosses Kino!

Für sein bereits 12. Album hat sich NILS WÜLKER eine grosse Aufgabe gestellt. Ein paar Songs des vorigen Albums ‚Go‘, 4 neue Kompositionen plus 2 in Zusammenarbeit mit Craig Armstrong entstandene Titel finden sich auf „Continuum“, dem aktuellen Werk für Trompete, Band und grosses Orchester. Nils‘ wundervolles Trompeten-Spiel, getragen, umspielt von Orchester und Band, erhabene Klänge, sinfonische Wucht und Druck von Bass und Drums ‚unten herum‘, grosses Kino!

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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