Von Günter, 01.06.2022

JOE HAIDER/ JOHANNES LUDWIG/ THEO PASCAL/ WALDECK/ TOSCA/ JONAS TIMM

Gern würde ich der Theorie glauben, dass ein Leben mit viel Musik länger frisch hält. Für Doldinger z.B. passt es, oder auch für JOE HAIDER. Seit 60 Jahren unterwegs im Jazz, als Pianist, Komponist, Arrangeur, Lehrer. Ein Star war er nie, war nie modisch, sondern blieb immer bei sich. So auch bei „Maria Magdalena“, seiner neuen CD im Sextett mit Rhythmusgruppe und drei Bläsern. Im wahrsten Sinne zeitlose (Jazz-) Musik, mit Spuren aus einem Leben rund um den Globus. Streng durchkomponiert, aber mit genügend Raum für die 5 Kollegen, die mit ihm sowohl als Solisten, als auch im Satz nicht ganz eine Stunde den Klang seines Lebens zelebrieren.

Nicht recherchiert, bin aber sicher Saxofonist JOHANNES LUDWIG ist deutlich jünger. Ebenfalls Sextett, ohne Piano, stattdessen 2 Gitarren, Trompete, Bass und Drums. In den 9 selbst geschaffenen Titeln von „Vagabond Souls“ bewegt sich die Combo auf dem eher rockenden Jazz Pfad. Gelegentlich etwas unterschwellig 60ies Funk, dazu klasse Bläserfiguren, die mich bisweilen an das Zusammenspiel der Adderley Brüder erinnern.

Theo Pascal – Quirlig, frisch, analog!

Statt Kapverdischer Mornas, die ich erwartet habe, überrascht mich Bassist THEO PASCAL mit einer quirligen Fusion aus Rhythmen nicht nur lusofoner Herkunft und knifflig jazzigen Arrangements. Verschiedene Drummer/Perkussionisten, Sax und Carmen Souza an den Tasten schaffen auf „Quamundos 2“einen breiten Mix aus Rhythmus, Melodie und weiteren harmonischen Versatzstückchen. Neben der äusserst lebendigen Musik weise ich explizit auf den exquisiten Klang der CD hin. Bei der BBC analog aufgezeichnet, mit dem Klang des Raumes ohne künstlichen Hall oder Kompression. Selbst vom digitalen Träger macht das den gewaltigen Unterschied zu den heute üblichen ‚Bedroom Recordings‘.

Waldeck – 20 Jahre Wiener Blut

Wie die Zeit vergeht! DOPE NOIR, das Label eines der populärsten Vertreters der ‚Wiener Langsamkeit‘, WALDECK, feierte kürzlich seinen 20. Geburtstag. Auf 5 streng limitierten Maxis präsentiert er überwiegend neues Material seiner aktuellen Projekte. Die werden nach und nach veröffentlicht, alle zusammen in einer Box etwa Mitte Juni. Falls Vinyl nicht Euer absoluter Fetisch ist, kann m/f mit weit weniger Stress und Geld auf die bereits verfügbare Doppel CD zurückgreifen. Electro-Swing, seine berühmteste ‚Erfindung‘, sein Saint Privat Modell und einige nette Überraschungen sind natürlich in best präparierter Form auch dabei.

TOSCA, Dorfmeister und Huber aus der gleichen Schule, melden sich mit „Osam“ auf dem Plattenteller zurück. Klar haben die sich, wie alle anderen, für dieses Werk komplett neu erfunden. Das belastet mich nicht, ich lese keine Biografie während ich die Musik konsumiere. Neues Bewusstsein hin und her, was zählt ist der Sound. Und darin sind sie nach wie vor Meister. Klänge, Flächen, Rhythmen, Stimmungen, all das fliesst völlig entspannt ineinander. Tempo bleibt eher Fremdwort, die Magie der Mischung ist es, die mich fasziniert.

Jonas Timm – Die nächste Generation

Und noch ein ‚Frischling‘. Pianist JONAS TIMM mit „Morbu“. Nr 92 in der Reihe Jazzthing-Next Generation. Begleitet von Rhythmusgruppe, Gitarre und Akkordeon (!) geben er und seine Combo in 11 Titeln einen Einblick in ihre musikalische Vorstellungswelt. Latin mit perlenden Läufen, Balladen, solistische Ausflüge, freie Assoziationen lässt die Gruppe trotz hoher Konzentration fast mühelos erscheinen. Ja, auch die nächste Generation bringt exzellente Musiker.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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