Von Günter, 17.08.2022

MISTY BOYCE/ JAVIER RUBAL& UXIA/ ENZO PIETROPAOLO QUARTET & CRISTINA RENZETTI/ QUINTETANGO/ IVY GOLD

Misty Boyce – Macht neugierig

Im Grunde sind vermutlich alle Akkorde und Harmonien irgendwann schon einmal gespielt worden. Trotzdem schaffen es MusikerInnen immer wieder, aus dem längst ‚verbrauchten‘ Material Klänge zu basteln, die neu und ungewöhnlich klingen. So auch MISTY BOYCE. Sie setzt ihre Songs aus rauen Grunge Sounds, seltsamen Melodien ihres elektrisch/elektronischen Keyboards und sehr individuellen Gesangslinien zusammen. Den grössten Teil der Instrumente spielen sie und 2 Kollegen, dazu je nach Stimmung und Lautstärke, unterschiedliche Gäste mit ergänzenden Klangfarben. Beginnt melancholisch, führt über leicht verstörend zu rockigen Momenten. Sie muss nichts neu erfinden, um von Track zu Track die Neugierde und Spannung bei den Hörenden aufrecht zu erhalten.

JAVIER RUBAL & UXIA widmen sich auf „De tu Casa a la mia“ der Vertonung von Gedichten von Rosalita de Castro und Federico Garcia Lorca. Sie finden Akkordfolgen und Rhythmen, die der Poesie der Worte angemessen sind, singen einzeln oder auch in 2 Stimmen zu feingliederig aus geführter Begleitung auf natürlich spanisch klingenden Gitarren ohne dabei zu auffällig dem ‚Flamenco Syndrom‘ anheim zu fallen. Kompliment auch an den Tontechniker, der die Instrumente wie eine Umarmung um den Gesang herum legt.

Enzo Pietropaoli Quartet – Barmusik & lässiger Groove

Italien ist heut auch wieder dabei. Für sein ENZO PIETROPAOLI QUARTET hat er seine Mannschaft um die Sängerin CRISTINA RENZETTI erweitert. Aus 3 vorausgegangenen Alben unter den Titeln ‚Yatra 1,2,3‘ veredeln sie zusammen 10 Tracks aus diesen plus eine Beatles und eine Chico Buarque Komposition mit von Cristina verfassten und gesungenen Texte zu „Yatra Songs“. Mit klarer, hoher Stimme führt sie die Musiker durch die Songs, Piano, Bass, Drums musizieren dezent bis raffiniert, besonderen Reiz bringen die Unisono Passagen zwischen Enzos Trompete und Cristinas Stimme. Dazu ein wenig Brasil mit Tempo oder lässiger Groove, aber bevorzugt im Balladentempo. Romantisch? Ja! Barmusik? Ja! Aber handwerklich und musikalisch vom Allerfeinsten!

Quintetango– Interpretieren Piazzolla

Zu fünft mit Gitarre, Piano, Kontrabass, Violine und Concertina bzw. diatonischem Akkordeon durchlebt das QUINTETANGO Kompositionen von Astor Piazzolla aus dessen erster Tango Nuevo Phase in den späten Sechzigern. Durch den Einsatz von Gitarre, Violine und Klavier geben sie den Originalen einen neuen, kammermusikalischen Rahmen. Sie nehmen sich die Freiheit, die Themen in anderen Betonungen klingen zu lassen und verzieren sie mit gekonnten Ausflügen der einzelnen Instrumente. Zu den 6 frühen Werken gesellen sie 3 Titel aus der letzten Phase Astors‘ Schaffen, deren Charakter sich in Dringlichkeit und Raffinesse deutlich von den ersteren unterscheiden. Mit grossem Respekt, erstklassigen instrumentalen Fertigkeiten und viel Liebe zum Detail erweisen sie dem anerkannten Meister die Ehre. Herr Piazzolla würde „Tangente“ geliebt haben.

Nach so viel ‚Kunst‘ jetzt mal was mit Druck. Diejenigen, die bei der Aufzeichnung des Konzerts für CD bzw. BluRay im Jovel dabei waren, wissen wie IVY GOLD Blues rockt. In 11 Tracks und knapp 50 Minuten zeigt Sängerin Manou ihre stimmlichen Qualitäten, unterstützt von einer Allstar Band aus Tal Bergman an den Drums, Sebastian Eder, Gitarre, Kevin Moore, Bass und Anders Olinder an den Keyboards, die die besten Momente des 70er Jahre Rocks in die Jetztzeit beamen. Hart und herzlich!

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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