Von Günter, 29.03.2023

RED EYES/ FEH/ EARS OF THE PEOPLE/ SUSANNE LUNDENG/ KUF/ BILLY CHILDS/ CECILE McLORIN SALVANT

Würde ich gern hier abbilden, habe aber nur einen Din A4 Scanner und „Higher Grounds“ von den RED EYES aus MS gibt’s nur als Doppel LP. Selbst eingespielt, produziert und verlegt von den Reggae Nerds und lokalen Gästen aus dem Metier. Der Tonfall passt, die Grooves rollen und der Sound ist mindestens sehr ok. Kompliment für den Mut, diese nicht (mehr) mehrheitsfähige Musik mit hohem materiellem Risiko auf den Markt zu bringen. Wobei Markt relativ ist, kann zumindest bei Bandcamp erworben werden.

Feh – TripHop 2023

Und wer ein Faible für die trippigen Sounds der 90er hat (Massive, Portishead, Morcheeba…) sollte das Album „Right on Song“ des Trios FEH auf dem Zettel haben. Stimmung und Sounds, die die 90er beherrschten in aktueller Variation mit schmalen Mitteln, bester Motivation und Umsetzung. Klingt absolut nicht nach Vergangenheit.

Wie schon oft hier behauptet, sowas kommt nur von Smithsonian Folkways. „EARS OF THE PEOPLE“, eine Sammlung von 25 Titeln gespielt auf der 3-saitigen Ekonting, teilweise mit Gesang, alles überlieferte Songs aus der Tradition von Senegal und Gambia. 40 Seiten Booklet mit den wichtigen Fakten zum Thema. Authentisch Hardcore!

Susanne Lundeng – Folk & frei

Auch in der Tradition, aber nicht in deren engen Grenzen, bewegt sich SUSANNE LUNDENG mit ihren 2 Begleitern an Drums und Saiten- bzw. Tasteninstrumenten. Sie spielt nordische Fideln und singt, entwickelt ihre Musik aus überlieferten Mustern, die sie in improvisatorischem Zusammenspiel mit ihren Kollegen auf eine neue Ebene hebt. Nordische Melancholie ist dabei Grundstimmung, die mit eingängigen Harmonien kombiniert, auf „Folge“ eine beinahe ECM-mässige Klanglandschaft bildet. Im April auch Live zu erleben.

Alle Titel für sein „Oracle“ hat Saxofonoist ANTON MANGOLD selbst komponiert. Für sein Ensemble aus git/b/dr/p und Vibrafon. Dazu auf einigen Tracks die Stimme von Yumi Ito, von der es im April auch Neues geben wird. Zeitgemässer Jazz, elektrifiziert, mit exakten Vorgaben und genügend Raum zur freien Entfaltung der Mitwirkenden. Durchaus komplex in Struktur und Rhythmus, zerfasert jedoch nie in Einzelaktionen. Gekonnte Rückgriffe auf das Eingangsthema, das immer aufs Neue dekonstruiert und wieder zusammengesetzt wird. Von fulminant dynamisch bis lyrisch und dezent.

Eine sehr eigenwillige Herangehensweise und den entsprechenden Sound zeigen KUF. Mit Sampler, Synthi, Bass und Drums basteln diese drei eine Mischung aus Jazz, Pop, ein wenig Rock und ganz viel freiem Fall. Fremdgeräusche und Live-Einspielung zu vorgefertigten ‚Bandschleifen‘ gehören genauso dazu, wie abstrahierte Stimmen, treibende Rhythmen und freundliche Harmonien. Ich denke bei den Synthi-Sounds an George Duke oder Jan Hammer in den späten 70ern.

Jetzt mal ‚richtiger‘ Jazz mit BILLY CHILDS im aktuellen Quartett mit Ambrose Akinmusire, Scott Colley und Brian Blade. 5 eigene Titel des Pianisten plus 2 geliehene in meist längerem Diskurs mit seinen Partnern vorwärts getrieben und äusserst lebendig in Szene gesetzt. „The Winds of Change“ klingt spontan, modern und zeitlos zugleich.

Cecile McLorin Salvant – Spannende Geschichte

Zu CECILE McLORIN SALVANT muss nicht mehr viel gesagt werden. Eine der interessantesten Stimmen (Figuren!) im modernen Jazz. Auf „Melusine“ intoniert sie in 5 eigenen und 9 ‚alten‘ Songs, deren Ursprung teils bis ins 12. Jahrhundert zurück reichen, die Geschichte dieser mythischen Gestalt in mindestens 3 Sprachen. Musikalisch geht es durch Chanson, Kunstlied und Jazz Arrangements mit aufflackernden karibischen Motiven. In kleiner Besetzung, Trio plus wenig Sax und Perkussion, ausgesprochen interessant umgesetzt.

Archivtexte Ohrenschmauch

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