Von Günter, 19.04.2023

DOMINIC MILLER/ SUSANNE LUNDENG/ DAS KONDENSAT/ ACHIM SEIFERT PROJECT/ YUMI ITO/ FATCAT/ EMM GRYNER

Vorweg 2 Konzert Hinweise. Wer schnell genug war, hat Karten für DOMINIC MILLER und sein Quartett im Hot Jazz Club am 21.4.

Die WN sagt, dass MünsteranerInnen Auswärtsspiele lieben. Also auf nach Gelsenkirchen. In der WERKSTATT gibt es am 23.4. ein Konzert mit Sängerin/Geigerin SUSANNE LUNDENG (s.a. nadann 13/2023) und Gitarristen Nils Olav Johansen. Neue norwegische Folklore in jazzig freier Interpretation. Eine imaginäre Reise in den Norden.

Nach einigen Wochen mit vorwiegend nicht ‚so einfach‘ zu konsumierender Musik, gibt es heute nur 1 ‚anstrengenden‘ Kandidaten. Danach wird’s einfach schön!

Das Kondensat – Anstrengend aber faszinierend

Wenn Jazz Affine den Namen Gebhard Ullmann vernehmen, wissen sie schon: Aufpassen oder aussteigen. Mit seiner Combo DAS KONDENSAT beschreitet er wirklich neue Wege. Nicht die ‚übliche‘ freie Improvisation, in der innerhalb eines, wenn auch nur grob, vorgegebenen Themas musiziert wird, erfolgt die Komposition, die Konstruktion der Musik während des Spiels. Mit Sax, Keys und Bass plus 3 von vier MusikerInnen zusätzlich mit elektronischem Werkzeug entsteht auf „Andere Planeten“ eine Mischung von Klängen, Rhythmen und Ideen, wie ich sie vorher nie gehört habe. Anstrengend, manchmal schräg, aber spannend und faszinierend.

Auf „Dünyalar“ verbindet das ACHIM SEIFERT PROJECT die türkischen Wurzeln seines Bass spielenden Namensgebers mit der zeitgemässen Spielweise des modernen europäischen Jazz, ohne dabei in aufdringliche Crossover-Ästhetik zu verfallen. Im Quartett mit Piano, Drums und Bläser plus Track weise ergänzt durch Flöte oder Violine verfeinert das Project die grösstenteils traditionellen Vorlagen durch komplexe Rhythmik, lässt jedoch die fliessenden Melodielinien der Originale intakt. Verfingert sich nicht in endlosen Improvisationen, sondern gestaltet das gesamte Spiel beinahe frei nach Chopin’s ‚jeder Ton muss singen‘. Gelungen!

Yumi Ito – Songwriting in Jazz

Luxuriös verpackt (wie eine 10“ EP) kommt die neue CD der Pianistin/Sängerin YUMI ITO daher. Im Trio mit Bass und Drums, dazu nach Gelegenheit Streicher oder Gast-Instrumente; kurvt sie auf „Ysla“ in ihren Kompositionen durch die Grauzone zwischen Songwriting und Jazz. Fliessend, melodiös, im Gesangsstil manchmal an Heather Nova oder Kate Bush erinnernd, beschreibt sie ihre Gefühlswelt in Worten und Melodien. Emotional aber unaufgeregt und in exzellenter Tonqualität festgehalten.

An FreundInnen der Funk-/Disco-Musik der 80er wendet sich die Combo FATCAT mit ihrem „More Sugar“. Volle Besetzung mit 3 Bläsern plus Sänger, eröffnet sie das Album mit einem Kracher, der sowohl der Fatback Band als auch den Bros. Johnson gut zu Gesicht gestanden hätte. Im weiteren Verlauf finden sich gebremster Groove, Balladen, so pathetisch wie sie sein müssen und gegen Ende des Werks entwickeln sich die Songs gar ein wenig in Richtung Jazz. Frisch, unverbraucht und Vorurteilsfrei.

Emm Gryner – Perfekte Reminiszenz

Nachwuchstalent trifft eher nicht zu, wenn sie schon bei u.a.‚Bowie at the Beeb‘ an den Keyboards dabei war. „Business & Pleasure“ ist auch bei weitem nicht EMM GRYNER’s erste Platte. Ich kenne keines der diversen Vorgänger-Alben, auf diesem, dass es zum Glück auch als Vinyl gibt, finden sich 11 sehr gelungene Reminiszenzen an die grosse Zeit des amerikanischen Westküsten-Pop. Wie auf den viel gerühmten ‚Too slow to Disco‘ Kompilationen finden sich hier Anklänge (nicht Kopien!) an die bekannten Namen der Zeit. Von den Doobies zu Steely Dan, von den Eagles zu Fleetwood Mac. Perfekt in Szene gesetzt mit konventionellem Instrumentarium, Bläsern und dazu Emm’s austrainierte, kräftige Stimme. Schönes Wochenende!

Archivtexte Ohrenschmauch

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