Von Günter, 29.06.2011

EDDIE ROBERTS & THE FIRE EATERS/ FIVE CORNERS QUINTET/ RICARDO VILLALOBOS & MAX LODERBAUER/ DANIEL HAAKSMAN/CHILI CON CELLO/FLAMENCO STYLE/ A BEGINNER’S GUIDE TO SCANDINAVIA/ EILEEN JEWELL

In dieser Woche ausnahmsweise mal ohne üble Vorrede, die (Finanz-) Welt ist ohnehin schlecht und der guten Musik gibt es immer viel mehr, als ich schaffe zu entdecken oder gar zu beschreiben.

cover A BEGINNER’S GUIDE TO SCANDINAVIA - Einblick in die nordische Seele

Zum Start gleich ein „Burner“ für das unterirdische Nachtleben am Kanal. EDDIE ROBERTS & THE FIRE EATERS spielen auf „Burn“ ihre ausgesprochen lebendige Variante von Acid Jazz. Gedächtnisstarke erinnern ihn vielleicht als Gitarristen der NEW MASTERSOUNDS, seine vielleicht bisher bekannteste Station. Doch mit dem Feuer und Groove, mit dem EDDIE und seine FIRE EATERS 60ies Jazz-Elemente, Soul und Funk verrühren und „nach vorn“ spielen, werden sie auch ohne fremde Lorbeeren ihren Weg machen. Und BOOKER T. lässt schön grüßen.


cover EDDIE ROBERTS & THE FIRE EATERS - Acid Jazz lebt auch noch!

Regelmäßiger Gast auf dieser Seite ist das FIVE CORNERS QUINTET. Nach und nach legen sie offensichtlich ihre Downbeat und Dancefloor orientierten Gelüste ab und ziehen dafür die schmalen Krawatten an. Deutlich aus den 60ern inspiriert, was Rhythmus und Melodieführung angeht, versuchen sie aber keineswegs antiquiert oder Retro zu klingen. „Helsinki Sessions“ ist das Live Dokument des Trainings der letzten Jahre. Streckenweise sehr tanzbare Grooves, trotz langer Solo-Einlagen der Bläser, die sich auch nicht auf braves „Harmonie-Umspielen begrenzen. Zeitlos.
RICARDO VILLALOBOS und MAX LODERBAUER’s „Re: ECM“ erwähne ich heute nur kurz, deren Bearbeitungen ausgewählter Tracks aus dem umfangreichen ECM Katalog erschließen sich nicht so leicht auf Autobahn-Fahrten, das braucht noch etwas Zeit.


cover EILEEN JEWELL - Die Königin der Tonart Moll…?

Ganz anders herum ist das bei DANIEL HAAKSMAN und seinen Veröffentlichungen. Die verfangen sich entweder sofort in Kopf oder Hintern, oder gar nicht. Auch auf seiner neuen Platte „Rambazamba“ bleibt er im Grunde seinem (Rio) Baile Funk Sound treu. Allerdings hält es ihn dabei nicht am Zuckerhut. Der Balkan, Italien, die Karibik, von überall holt er seine Samples und Mitmusiker, verpasst ihnen sein zeitgemäßes Outfit und lässt sich nicht einmal davon abhalten, das wirklich legendäre 80er Jahre Model „Din Daa da“ wieder aufleben zu lassen. Party muss sein!
Eine sehr eigenwillige Variante Kaffee-haus-Musik präsentieren CHILI CON CELLO. Auf „Hot and Spicy“ intonieren 4 Cellisten plus Sängerin Adaptionen von ABBA, über LEE MARVIN zu BILLY IDOL und den BEATLES. Dabei wird gelegentlich auch schon mal ordentlich der dezente Hintergrund verlassen. Bitte acht geben, dass niemand den Kaffee verschüttet…


Auch LOLA’S WORLD ist in dieser Woche dabei. Auf dem aktuellen Sampler „FLAMENCO STYLE“ präsentiert GÜLBAHAR KÜLTÜR, deren Auswahl m/f z.B. auch regelmäßig bei FUNKHAUS EUROPA hören kann, ihre favorisierten „Flamenco trifft Downbeat oder Pop oder beides. Wie bei fast allen ihren Zusammenstellungen, musikalisch sehr interessante Varianten, die aber nie zu komplex sind, sie spätestens beim 2 Durchlauf mit summen zu können. Ebenfalls perfekter Background zu fremd gefertigten Tapas.

Für die nächste müsste ich eigentlich mehr Platz haben. Zu vielseitig ist das Repertoire auf „A BEGINNER’S GUIDE TO SCANDINAVIA“. Von exzellenten SongwriterInne (KARI BREMNES) über Dancefloor Ikonen (KOOP), von ANE BRUN zu KARL SEGLEM und LARS DANIELSSON. 3 CDs, aufgeteilt in Pop & Zeitgenössisches, Folk & Roots (auch dieser Sektor wird nicht ausgelassen!) und Jazz, Experimental und Atmosphärisches. Es braucht sicher mehr, als 3 CDs, um eine Ahnung davon zu bekommen, wie ideenreich, handwerklich austrainiert und aus Tradition heraus selbstbewusst in den Nordländern musiziert wird, aber dieses Set ist die hervorragende Grundausstattung.

Zum Schluss noch eine für (uns?) melancholische alte Säcke. EILEEN JEWELL heißt die sicher auch nicht mehr ganz junge Dame. Der Titel „Queen of the Minor Key“ gibt schon mal die Richtung vor. Americana, von alt klingenden Instrumentals über herzzerreißende Wehmut zu leicht rockenden Ausflügen, die aber auch nie richtig zu Optimismus neigen. Mit kleiner, konservativ besetzter Band, ein paar ausgesuchten Gästen und ganz viel Herzblut. Ein solcher Findling entschädigt leicht für die 80 Fehlversuche, die es brauchte, ihn zu finden.

Na Dann. Tschüß! i.m.trend@muenster.de

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