Von Günter, 06.07.2011

NADARA/ LOUIS/ BOXCUTTER/ RICARDO VILLALOBOS-MAX LODERBAUER/ LUCY WAINWRIGHT ROCHE/ JAMES BRIGHT/ GRETCHEN PARLATO/ SULLE RIVE DEL TANGO

„LBS Pleite kostet das Land Milliarden“ titelten die WN. Locker formuliert, leicht zu lesen. Wer ist das Land? Wir alle! Unsere Steuern wurden und werden dort verbraten! Wo doch zumindest die LeserInnen dieser Seite viel lieber einen Euro mehr für z.B. die jetzt folgende feine Musik ausgeben würden..

Finden, hören, sammeln!

Aus Gründen der Aktualität beginne ich mit dem Orchester NADARA und seinem „Prince of Gipsy“. Uptempo und schwungvoll, wie die auch bei uns populären Blasorchester swingen sich die überwiegend Saiten-Instrumentalisten durch ihre Variation von Balkan Gipsy Music. Unterhaltsam, handwerklich geschickt und mit einer Prise Humor „rocken“ sie in ihrer Heimat ganz sicher jedes größere Fest.


Wunderbar chillig!

Wo ein Prinz ist, gab oder gibt es auch eine König: LOUIS „ The last King of the Balkans“. Auch wenn uns von dort schon einige Könige und -innen präsentiert wurden, dieser hat was extra. Zu Beginn der CD lässt er keinen Zweifel an seiner Herkunft, arbeitet sich dann mit ausgesprochen flexibler Band durch ein buntes Repertoire in dem auch Anleihen aus Soul oder Gesang á la AL JARREAU einen unbedingt überzeugend Platz finden. Wer sich derart echt und souverän durch sein Leben singt, darf mit Recht König genannt werden!


Feiner Gesang, perfekt umspielt

Den BOXCUTTER kennen vermutlich nur Dubstep - Fans. In diesem Genre ist er schon länger aktiv. Aber bevor das zum nächsten Hype gekürt wird, ist er mit „The Dissolve“ längst in einer anderen Spur unterwegs. Elektronisch erzeugte Grooves und Harmonien, eher im langsamen Tempo (eben Downbeat..) und sehr dezent im Sound bewegt er sich von der verschwitzten Tanzfläche zum Sofa im Backroom. Klar, ab und an geht der Rhythmus noch mit ihm durch, aber er hält die Bremse trotzdem angezogen und entschlackt unmittelbar mit wohldosierten Klängen auf überschaubarer Soundplattform ohne dabei zu „Easy Listening“ zu werden. Kann ich mich gut drin festbeißen.


Ganz sicher kein Easy Listening, jedoch genauso wenig ungenießbar sind RICARDO VILLALOBOS‘ und MAX LODERBAUER’s Bearbeitungen sphärischer Tracks aus dem ECM Katalog. Sehr überlegt und sorgfältig fügen sie den sensiblen Originalen mal nur verstreute elektronische Sounds ein, mal einen sehr fein strukturierten Rhythmus hinzu. Kein Pop, keine Beats, eher eine elektronisch ergänzte Meditation, die m/f sich nur angedeihen lassen sollte, wenn das Zeitfenster nach hinten offen ist. Macht die Ohren wieder durchlässig.

Wenn ich das mal Zukunft nenne, dann ist die nächste absolut Retro. LUCY WAINWRIGHT ROCHE, Tochter von LOUDON W. III und SUZY ROCHE, Halbschwester von RUFUS, gehört jetzt auch zum Kreis der Recording Artists. Leichte, einfache Lieder, ganz in der Singer / Songwriter Tradition, sparsam und wohlklingend instrumentiert und mit noch jung und unverbraucht klingender Stimme. Romantisch und sanft, nicht weinerlich!

Erinnert sich noch jemand, wie oft und lange ich BLISS’s „Quiet Letters“ hier abgefeiert habe? Für mich habe ich jetzt einen würdigen Nachfolger gefunden: JAMES BRIGHT mit seiner beinahe komplett selbst gespielten und produzierten Platte „Little Things“. Langsame Rhythmen, hervorragend sich in die Harmonien einfügende Stimmen und was ihm an theoretischer (akademischer) Ausbildung fehlt, durch Intuition und Disziplin ersetzend, schafft er für mich das Chillout - Album dieses Jahres (obwohl bereits 2010 in UK veröffentlicht. Wer sich die Unterstützung von PHIL MISON / CANTOMA sichern kann, hat auf jeden Fall den richtigen Weg eingeschlagen.

Kürzer: Wer die leicht säselnde Art jüngerer brasilianischer Sängerinnen mag, dazu aber nicht nur und unbedingt Bossa Nova braucht, sollte unbedingt GRETCHEN PARLATO’s neue (2.!) CD „The Lost and Found hören. Exzellent jazzig begleitet, nicht die Bar und nicht wie NORAH. Läuft bei den Kellerkindern auf dem Vorschlags-Player.
Und die dritte, beinahe „Pflicht“ - Platte. „SULLE RIVE DEL TANGO“, die dritte in der Reihe mit dem Untertitel „Sin Gravidad“. Tango im Gefühl, die eigene Herkunft in den Harmonien, von TANGO JOINTZ über BORIS KOVAC zu ELEMENT OF CRIME. Ganz richtig, diese Klänge widersetzen sich der Schwerkraft, schweben mühelos durch den Raum und infizieren jeden Menschen mit offenem Ohr. Finden, hören, sammeln!

Na Dann. Tschüß! i.m.trend@muenster.de

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