Von Günter, 06.11.2024

PEACE CHANT 7/ JOEL SARAKULA/ OLICIA/ XTC/ GUY DAVIS/ BILL FRISELL, KIT DOWNES & ANDREW CYRILLE/ LES HOMMES/ THE BOOM YEH

Peace chant 7 – Un(g)erhörtes aus der Heimat

Ausnahmsweise mal nicht erst am Ende der Seite kommt hier der Hinweis auf „PEACE CHANT 7-Private Jazz from Germany 1970-87“. Wie schon bei den Vorgängern hat das Team von Tramp Records Archive durchforscht und dabei Erstaunliches aus deutschen Landen ans Tageslicht befördert. Parallel zu den ‚Krautrockern‘ gab es in Deutschland eine Entwicklung, die sich erkennbarer an Jazz orientierte, dabei moderne/modische Einflüsse der Zeit einarbeitete. Von kleinen Combos bis zu Big Bands reicht die musikalische Palette, füllt mit ‚nur‘ 11 Tracks jedoch eine Doppel LP. Hier wird nicht wild experimentiert, sondern es gibt zum Titel passend das, was zur Zeit unter ‚Spiritual Jazz‘ nicht nur jüngeren Menschen präsentiert wird. Baobab, Sounds, Vier, schon mal gehört? Oder Big Band Blechschaden? Nicht wahrscheinlich, zumindest die Titel dieser Kompilation gibt’s erstmalig auf Vinyl, CD oder digital.

Joel Sarakula – Westcoast Soul und Pop

Peaceful geht’s auch weiter. JOEL SARAKULAs „Soft Focus“ hefte ich das Etikett ‚Yacht Pop‘ an. Das heisst, entspannt ausgeführte Soul und Funk Rhythmen angereichert mit einer ordentlichen Prise Westcoast Sonnenschein Optimismus. Klasse Songs, gekonnt arrangiert und überzeugend gesungen. Erinnert mich an die besten US End 70er, klingt dabei jedoch überhaupt nicht altmodisch.

Olicia – Handmade Loopjazz &Stimmen

Und jetzt wird es ganz still. OLICIA, die beiden umtriebigen Multi-Instrumentalistinnen (Anna-Lucia Rupp, Fama M’Boup) legen mit „Out of the Blue“ ihr 2. gemeinsames Werk vor. Das lebt von deren eigenwilligem Gesangsvortrag in ein- oder mehrstimmig und minimaler Instrumentierung. Poetische Texte über elektronischen Klängen, Handclaps und Perkussion, Samples und Field Recordings. Sie bezeichnen ihre Klänge als ‚Electronic Handmade Loopjazz‘ und das ist nicht geschwindelt!!

Kleine Erinnerungslücke. Ich weiss nicht mehr, ob es das letzte gemeinsame Album von XTC war, aber „Skylarking“ kommt jetzt als 2016er Steven Wilson Mix auf CD plus hochaudiophile BluRay in (manche) Läden. Atmos, Instrumental, Surround und High Resolution Stereo. Empfindliches Ohr, was willst Du mehr. Die Verwandtschaft zu komplexeren Beatles Klängen ist nicht zu verleugnen.

Very British? Nicht sicher. Aber GUY DAVIS mischt als vielsaitiger Instrumentalist und Sänger mit BegleiterInnen Folk-Stile, Blues und selbst verfasste Songs auf „The Legend of Sugarbelly“ zu einem sehr traditionell klingenden bunten Strauss.

Gute Ausstattung: Gitarre, Kirchenorgel und Drums. BILL FRISELL, KIT DOWNES & ANDREW CYRILLE musizieren gemeinsam und frei (ohne jede vorherige Absprache) in einer Kirche. Hoch konzentriert kommunizierend und klangdienlich ergänzend, nehmen auf und entwickeln sie gegenseitige Ideen. Für ‚freien‘ Jazz ausgesprochen spannend, selbst auf Tonträger.

Ob es die gleichen sind? Von LES HOMMES habe ich aus den frühen 0er Jahren Musik. Jetzt erscheint, nach sehr langer Pause, „Si, cosi“ als aktuelles Lebenszeichen. Und, welche Überraschung, sie haben sich nicht an den Sound von heute angepasst, sondern machen ‚ihr‘ Ding. Lounge Exotica nannte sich die Mischung aus entspannten Klängen mit jazzigen Einflüssen, dezenten Bläsern, Flöten, Orgel und E-Piano, sparsamen Drums und Perkussion. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Schön! Komplett ohne Gesang.

Schon eingenickt? Hier kommt der Wecker. THE BOOM YEH nennen sich die drei an Bass, Drums und Gitarre. Für den fetten Sound kommen 3 Bläser-Gäste dazu. Alle trainiert in der britischen Funk Szene (Jamiroquai, Incognito…) wissen sie, wie der Hase läuft. Instrumentaler Jazz Fusion Funk mit maximalem Druck, und wenn m/f will, durchgängig tanzbar.

Archivtexte Ohrenschmauch

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