Von Günter, 10.08.2011

RADIO GRENZENLOS/ GLOBAL JOURNEY/ RED HOT & RIO 2/ JONATHAN JEREMIAH/ A TASTE OF KANDI SUMMER 2011/ ALCAZAR/ LA HABAN ERA UNA FIESTA/ AFRIQUES INDEPENDATES

In dieser Woche wieder ohne billige Polemik am Anfang. Lieber der Hinweis auf RADIO GRENZENLOS mit KARL WORTMANN, am Donnerstag, den 11.8. um 21.00h auf ANTENNE MÜNSTER, die Sendung in der m/f in 30 Minuten mehr über die spannende Musik aus aller Welt erfährt (und hört!), als in 24 Stunden Format-Radio. Mal ganz abgesehen von der nicht vergleichbaren Halbwertzeit der vorgestellten Klänge. Und schon am Dienstag, den 16., gleiche Stelle, gleiche Welle präsentiert MANFRED BEHLAU seine GLOBAL JOURNEY mit einer Musikauswahl, die mein Lieblings-Zitat bestens untermauert: Je schlechter die Zeiten, desto besser und spannender Musik (die nicht in den Verkaufshitlisten stattfindet).

Knapp vor Überdosis

Und schon bin ich mitten im Thema. Kaum habe ich mich darüber beschwert, dass mehr „altes Zeug“ neu aufgelegt wird, als neues durchgesetzt, kommt „RED HOT & RIO 2“. Diese Benefiz-Platten Serie wird bald 15 Jahre alt. Ohne Recherche kann ich nicht genau sagen, wie viele Folgen es bereits gibt. Der Händler der Wahl schlägt es aber gern nach, aber ich weiß, nicht alle sind noch lieferbar. Egal. „RED HOT & RIO 2“ kommt als Doppel CD daher. Über 30 Titel, gemeinsame Arbeiten von Brasilianern mit Künstlern / Musikern aus anderen Ländern (nicht nur) gesamt Amerikas (darf ich Kuba mal dazu rechnen?). Neue Kompositionen, Brasil-Klassiker in ungehörten Varianten, ALOE BLACC glänzt neben JOHN LEGEND, BEIRUT und OF MONTREAL lassen sich das Vergnügen nicht nehmen und CAETANO VELOSO & DAVID BYRNE’s „Dreamworld“ (das schon auf „RED HOT & LISBOA“ enthalten war), wird frech mit eingemischt. Würde m/f die Highlights der beiden CDs auf 1 zusammenfassen (danke, Karl!), wäre das die Überdosis. So viel Frisches, so viele Ideen und unglaubliche Stimmen, das muss zwischendurch von etwas leichterer oder verspielter Kost unterbrochen werden, sonst kriegt der Übertragungsweg vom Ohr zum Herzen einen Kollaps! Ganz dringend empfohlen.


Schöne Stimme, tolle Songs

Aber auch wer nicht unbedingt ein Faible für Baströckchen und Samba-Trommeln hat, kommt heute auf seine Kosten. Seit fast 3 Monaten warte ich, daß diese Platte endlich auch in Deutschland in den Läden steht: JONATHAN JEREMIAH’s „A Solitary Man“. Leichte Anleihen aus 60ies Soul, aber mindestens genauso viel BURT BACHARACH, stimmlich zwischen CAT STEVENS und NICK DRAKE und im Gesamteindruck organisch auf den Punkt produziert, dicke Streicher, wo dicke Streicher Sinn machen, akustische Gitarren, wo wenige Töne ausreichen. Wer die Ohren nicht (begründet!) auf Durchzug gestellt hat, konnte sein „HAPPINESS“ sogar gelegentlich im Format-Radio hören. Musik für die Hollywood-Schaukel zu zweit.


5 CDs aus 50 Jahren

Wer unbedingt auf der Autobahn alle anderen überholen muss, kann sich perfekt anfeuern mit „A TASTE OF KANDI SUMMER 2011“. 15 House-Kracher, zu denen Führerscheinlose auch einfach nur bis zur Ohnmacht tanzen können. Nach der fast inflationären Veröffentlichungspolitik der vergangenen Jahre beschränken sich die Macher des Labels HEDKANDI endlich mal wieder auf das Wesentliche.


Bevor es gleich richtig alt wird, noch der gleichnamige Sampler aus dem „ALCAZAR“ in Saint Germain-de-Pres. Mal ganz ohne Lounge, House oder andere modische Elektronika. Irgendwo zwischen neuem französischem Chanson, Burlesque und Club Sounds für den sehr frühen Abend. Eher noch den späten Nachmittag. Und, wenn m/f von LOUIE AUSTEN absieht, kein Act dabei, der auf jedem 2 Sampler irgendwie auch auftaucht. Charmant, sexy und auch ein wenig schräg. Gut so!

Minderheitenprogramm? Ok, aber ich glaube, das ist für Spezialisten: „LA HABANA ERA UNA FIESTA“, auf Platte 1 singen kubanische Künstler spanische Welthits (der ca. 40er Jahre..!) und auf Platte 2 singen und spielen spanisch-sprachige Künstler in Havanna. Zum größten Teil Rundfunk-Aufnahmen aus der Zeit. Faszinierend und lebensfreudig, aber für nicht trainierte nur bedingt nachzuvollziehen.

Nicht ganz so alt: „AFRIQUES INDEPENDANTES“, 5 (!) CD Set zur Erinnerung an die ersten Unabhängigkeits-Erklärungen afrikanischer Staaten. Kann ich auf dieser Seite nicht gebührend würdigen. Sehr informatives Booklet (in Englisch!) und sortiert nach: CD 1, Songs, die sich mehr oder weniger direkt mit dem Tatbestand der Unabhängigkeit befassen, die anderen 4 jeweils einem Land (Mali, Senegal, Guinea, Kongo) gewidmet. Tonqualität natürlich Überwiegend authentisch, aber Spielfreude und Einfallsreichtum, Rhythmen und Arrangements, die einem einfach den Atem verschlagen, wenn m/f ein wenig Übung hat mit afrikanischer (Pop-) Musik. Leider nur als Import zu haben, die Kellerkinder wissen aber Bescheid. Auf eine spannende Platte kann m/f auch schon mal einen Moment warten, oder?

Na Dann. Tschüß! i.m.trend@muenster.de

Red Hot & Rio – Knapp vor Überdosis
Jonathan Jeremiah – Schöne Stimme, tolle Songs
Afriques Independantes – 5 CDs aus 50 Jahren

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