Ohrenschmauch
Von Günter, 14.09.2011
GLOBAL JOURNEY/ NILS PETTER MOLVAER/ BLIND NOTE/ RICARDO TESI & BANDITALIA/ EL HIJO DE LA CUMBIA/ VICTOR DAVIES/ PURE SALINAS 4/ MOTOR CITY DRUM ENSEMBLE
Schön, dass der 3. Dienstag dieses Monats auf ein so spätes Datum fällt. Das gibt mir ein paar Zeichen mehr Raum, auf MANFRED BEHLAU und seine GLOBAL JOURNEY bei RADIO ANTENNE MÜNSTER (20.Sept. 21.00h) hinzuweisen. Denn auch dort gibt es wieder köstliches zu hören. Den HIJO DE LA CUMBIA, später im Text mehr, schon einen Titel der Neubearbeitung des 1. GOTAN PROJECT Albums, wird heißen „La Revancha en Cumbia“, mehr Worte dazu, wenn es zu kaufen ist (21.10.), plus u.a. Titel von FRED WESLEY, den LAST POETS und TCHEKA. Und natürlich etwas von ACTS neuen Nordlichter-Platten von NILS LANDGREN und IDA SAND. Da wird der Format-Radio-Brei ganz leicht aus den Gehörgängen gespült.
3. im Bund der neuen ACT CDs mit nordischen Künstlern ist VIKTORIA TOLSTOY, die ihr Album „Letters to Herbie“ nennt, weil sie es Herrn HANCOCK widmet, aus dessen Repertoire sie ihre Favoriten mit Texten versehen hat.
Und dann war da noch NILS PETTER MOLVAER. Auch Nordlicht, nicht mehr Newcomer, aber noch längst nicht alte Garde. Auf seinem neuen Werk „Baboon Moon“ türmt er wieder seine verfremdeten Trompeten-Sounds auf den düster-wuchtigen Unterbau seiner Mitstreiter. Das ist kein Hintergrund für den beschaulichen Sonntagmorgen, selbst wenn zwischendurch fast lyrische Momente durchscheinen. Da kann m/f seinen warmen, melancholischen Ton auf sich wirken lassen, bis die nächste Welle rollt.
Jetzt 3 mal World Music mit total unterschiedlichem Ansatz. BLIND NOTE nennt sich ein belgisches Projekt, das seine Musik in komplett abgedunkelten Räumen aufführt. Kein Licht, weder für Musiker, noch für die Zuhörer, damit möglichst nichts vom Klang im Raum ablenkt. Musikalisch mehr auf Harmonien des Ostens bis zum vorderen Orient gestützt, entwickeln sie ein sehr eigenständiges, wohlklingendes Modell.
Erheblich lebendiger geht es zu bei RICARDO TESI & BANDITALIA auf deren CD „Madreperla“. Beginnt, wie eine typische, aus folkloristischen Motiven komponierte, moderne Weltmusik-Mischform, ähnelt bisweilen in Tonfall und Versmaß gutem italienischem Pop (ruhig EROS als Vergleich) und zitiert dann unisono Riffs, die ich dem MAHAVISHNU ORCHESTRA unterstelle. Mit Akkordeon, Saxofon, akustischer Gitarre und Perkussion! Es macht Spaß, dem gänzlich ungekünstelten Sänger zuzuhören und die Melodien entwickeln sich zu regelrechten Ohrwürmern.
Der HIJO DE LA CUMBIA ist in Südamerika angeblich längst ein Megastar. Naja, DEMOND DEKKER war ja auch schon fast alt, als BOB MARLEY den Reggae um die Welt trug. Sei es drum, der HIJO bastelt aus der eigentlich kolumbianischen Volksmusik Cumbia mit raffinierter Sample- & Scratch-Technik und Beigabe diverser anderer Rhythmen Tanzbodenkracher, die bei intensivem Zuhören in wenigen Minuten hypnotisieren. Heißt auch „Freestyle de Ritmos“….Bitte GLOBAL JOURNEY einschalten und Probe hören!
Seit seinem „Sound oft he Samba“ hat m/f nicht mehr viel von ihm gehört. Seine faszinierende Mischung aus Samba (als synonym für brasilianische Rhythmen) und Soul tendiert auf „Stop“ deutlich in Richtung 60ies / Retro-Soul. Stimmlich genau das richtige Terrain für VICTOR DAVIES und beinahe ein dutzend einprägsame Songs hat er auch dabei. Schön konservativ instrumentiert und feine Bläser!
Schnell noch in den Club. Auch das 4. Doppel-Set „PURE SALINAS“ ist wieder von BRUNO FROM IBIZA gemixt. Das bedeutet immer, keine technoiden 4 to the Floor Rhythmusspuren mit Klangflächen darüber, sondern feinste House-Music mit Rhythmen und Harmonien, die sich eher auf Funk zurückführen lassen. Etwas sortiert, sodass auf Platte 1 die Beats noch nicht ganz so zwingend auf die Fläche locken, aber CD 2 lässt keinen Zweifel, zu welchem Zweck diese „Lounge & Deep House Edition“ geschaffen wurde.
Der „DJ-KICKS“- Reihe habe ich in den vergangenen Monaten wenig Aufmerksamkeit geschenkt. War vielleicht ein Fehler. Denn ein „goldener Wurf“, wie die Mix CD des MOTOR CITY DRUM ENSEMBLE, weckt zu Recht beste Erinnerungen an die frühen Ausgaben dieser Serie (K & D, THIEVERY CORPORATION, NIGHTMARES ON WAX). Wird erst ab der 2. Hälfte zur optimalen Tonspur für die Tanzfläche, der vordere Teil ist deutlich für die Tänzer im Kopf. M/F lese nur das Tracklisting: Von SUN RA, RHYTHM & SOUND, TONY ALLEN zu ROBERT HOOD, RECLOOSE und APHEX TWIN. Perfekt aneinander (ineinander!) gereiht, keine Atempause, Soundgeschichte wird nicht nur gemacht sondern auch ausgelebt.
Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de